Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
Vom Netzwerk:
rufe einem der Wachleute etwas zu, aber sie scheinen es gewohnt zu sein, Neugierige zu ignorieren.
    Am Ende gebe ich es auf und begebe mich zurück in mein Hotel.
     
    Abends schreibe ich per Hand einen Brief. Ich benutze das dicke Hotelbriefpapier mit dem Wasserzeichen und adressiere das Schreiben an Señor Esteban Rodriquez, Miércolespalast . Ich erzähle ein wenig von mir und meinem Auftrag und ersuche untertänigst um ein Treffen. Vielleicht sollte ich es lieber Audienz nennen.
    Ich gebe den Umschlag an der Rezeption ab und bitte darum, den Brief im Miércolespalast abgeben zu lassen. Der ansonsten so korrekte Portier zieht die Augenbraue ein paar Millimeter hoch und sagt: »Selbstverständlich, Sir, right away. «

2
     
    Am nächsten Morgen werde ich in aller Frühe von einem Klopfen an meiner Tür geweckt.
    Ich setze mir verschlafen die Brille auf die Nase. Es ist acht Uhr. Ich steige in meine Hose und öffne die Tür.
    Drei Männer erwarten mich. Ich erkenne den Portier. Hinter ihm stehen zwei Männer in den Dreißigern, tadellos gekleidet.
    » Mister Belto «, sagt der Portier mit erregter Stimme, »diese Herren sind vom Miércolespalast.«
    Die zwei deuten eine Verbeugung an. Der eine reicht mir einen Briefbogen. Zuoberst ist das in Gold gedruckte Wappenschild der Familie Rodriquez zu erkennen. Die Mitteilung ist handschriftlich.
    Sehr geehrter Herr Beltø,
     
    ich hoffe, ich überfahre Sie nicht, wenn ich Sie hiermit zu einem Frühstück im Palast einlade und zwei meiner engsten Mitarbeiter schicke, Sie abzuholen, damit Ihnen die Unannehmlichkeit erspart bleibt, sich auf eigene Faust durch den morgendlichen Berufsverkehr kämpfen zu müssen.
     
    Ihr ergebener
    Esteban Rodriquez
    Die Scheiben der schwarz glänzenden, langen Limousine, die vor dem Hotel wartet, sind getönt, die Sitze aus weißem Leder.
    Die Limousine nimmt Fahrt auf und verstößt so ziemlich gegen jede Verkehrsregel der Dominikanischen Republik. So dauert es nur eine Viertelstunde, bis wir den Miércolespalast erreichen. Die Eingangspforte gleitet auf. Wir fahren an den Wachen vorbei. Hinter mir schließt sich die schmiedeeiserne Pforte wieder und sperrt den Rest der Welt aus.
    Wir fahren auf einer breiten Kiesstraße durch die Parkanlage. Auf einem kleinen Teich zwischen den Bäumen schwimmen vier Schwäne. Im hinteren Teil des Parks erblicke ich Reiter.
    Als wir aus dem schattigen Waldpark herausfahren, sehe ich endlich den Miércolespalast aus der Nähe.
    Manche Leute behaupten, wenn man ein Schloss gesehen hat, hat man alle Schlösser gesehen. Doch der Miércolespalast raubt mir den Atem. Die Größe und die Verzierungen werfen in mir wieder einmal die Frage auf, wer diese Rodriquez-Sippschaft eigentlich war, die vor fünfhundert Jahren diesen Palast erbauen ließ.
    Fünf livrierte Bedienstete erwarten uns, als die Limousine vor der fünfzig Meter breiten Treppe vorfährt, die zu dem großen Granitplateau vor dem Haupteingang hinaufführt. Ich werde mit kurzen Verneigungen begrüßt und in das Schloss begleitet.
    Die Eingangshalle öffnet sich über drei Etagen nach oben und hat eine derart breite Treppe, dass ich mich ernsthaft frage, wo man so viel Marmor hat beschaffen können. Ich werde in die zweite Etage geführt, vorbei an großen Gemälden, Säulengängen und endlosen Korridoren. Vor einer vier Meter hohen Doppelflügeltür bleiben wir stehen, die Bediensteten geben mir mit einem Diener zu verstehen, dass ich eintreten soll.
    Sie schließen die Tür hinter mir.
    In der Mitte des Raums steht ein gedeckter Frühstückstisch. Er sieht in dem riesigen Saal ein wenig deplatziert und unproportioniert aus.
    Die Decke ist mit religiösen Motiven dekoriert, die von goldenen Ornamentringen eingerahmt sind. An den Wänden hängen Spiegel in vergoldeten Rahmen. Hinter den riesigen Bogenfenstern am Ende des Saals liegt eine großzügige Terrasse.
    Ich humpele langsam durch den Saal. Eine Tür geht auf. Ich höre es nicht, spüre es nur an dem leisen Windhauch auf meiner Wange.

3
     
    Er steht auf einem roten Läufer und sieht mich an. Lächelnd. Ich starre ihn mit offenem Mund an.
    Wir sind uns schon einmal begegnet.
    In Luigis Herrenclub in Rom.
    Esteban Rodriquez ist der langhaarige, distinguierte Herr, der meine Hand so lange gedrückt hat.
    »Sie?«, sage ich nur.
    Sein Lächeln ist wie eine Narbe in seinem Gesicht.
    »Ich habe Sie in Rom getroffen«, sage ich, vorrangig, um das Schweigen zu überbrücken, als er auf mich zukommt.

Weitere Kostenlose Bücher