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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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schon immer ein bißchen irre gewesen war, als er noch dem einen oder anderen Kaiser diente. Bei ihm hatte sich der Eindruck verfestigt, daß der ganze Kurs falsch war, den sie eingeschlagen hatten, daß Taizu derselben Ansicht gewesen war, sich auf die Zunge gebissen und zugeschaut hatte, daß sie darauf
gewartet
hatte, daß er ein Wunder vollbrächte oder zur Vernunft käme, ohne genau zu wissen, worauf sie eigentlich wartete.

    Ich habe sie gelehrt, schlau zu sein. Ich habe sie einen Narren gescholten und ihr gezeigt, wie man einen ungleichen Kampf gewinnt. Sie hat es gesehen, verdammt noch mal, während ich Reidi und Kegi meinen Kurs bestimmen ließ; natürlich ist Kegi ein Narr, aber Reidi...
    Reidi wirkt so verflucht tüchtig, viel glaubhafter, er packt die Dinge an und bestimmt den Kurs...
    Aber von Anfang an war das Unterfangen mit Fehlern behaftet gewesen, alles beruhte auf einer falschen Beurteilung der Lage, auf der irrigen Annahme, verängstigte Menschen würden ihnen genügend Unterstützung zuteil werden lassen...
    Das ist nicht die Zeit für jemanden wie Kegi. Rechtschaffenheit ist ein verdammt schlechter Ersatz für fehlende Bataillone...
    »Wer weiß?« sagte er. »Die Taube kommt vielleicht durch.«
    Vertraut Ghita nicht
, hatte er dem Kaiser geschrieben.
Rettet Euer Leben.
    Und hatte die Nachricht ohne Schnörkel und Titel unterschrieben:
    Saukendar.

18
    Shoka setzte die Dolchspitze auf seinen Handrücken, und als das Blut hervorspritzte, verteilte er es auf dem Verband, der Taizus Wangen und Kiefer verhüllte.
    »Ah«, machte sie, als das Blut durchsickerte. Sie verdrehte die Augen. Der Mund war verdeckt. Und der Verband nahm ein überzeugend abstoßendes blutdurchtränktes Aussehen an.
    »Du hast einen Pfeil durchs Gesicht abbekommen«, sagte er. »Er hat dir ein paar Zähne ausgeschlagen und dir den Mund aufgerissen, du kannst nicht sprechen, bloß grunzen. Wir werden den Verband einmal täglich anfeuchten. Nach ein paar Tagen wird er richtig gut aussehen.« Er wickelte sich einen Lappen um seine linke Hand und ließ ihn von einem von Reidis Männern festbinden. Auch durch diesen Lappen sikkerte Blut.
    Die Männer, die Reidi ihnen mitgegeben hatte, waren Gefolgsleute eines Fürsten, steif und korrekt – in Gegenwart eines Herrn. Er unterwies sie in schlampiger Dienstauffassung und Zügellosigkeit, er brachte ihnen bei, wie man im Grenzdialekt
ja
und
nein
sagte, in der ländlichen Mundart von Hoishi, die ebenso weit am westlichen Rand beheimatet war wie Taizus im Osten und die in ihrer stärksten Ausprägung für einen Einwohner Chiyas unverständlich war, und erst recht für einen Fremden:
Sprecht Dialekt
, hatte er ihnen eingeschärft, so
breit wie ihr könnt. Die Fittha werden glauben, ihr wärt aus Oghin, und die Leute aus Oghin werden euch für Fittha halten –
Letzteres in passabel fremdländischem, nordwestlichem Dialekt, der ihm einen Blick von Taizu einbrachte.
Verwirrt sie.
    Sie hatten einige wertvolle Dinge dabei – darunter das, was sie von den Söldnern am Ygotai und weiter nördlich erbeutet hatten. Das eine war eine elfenbeinerne Spange, das Abzeichen eines Kuriers. Einer aus Aghis Truppe, bedeutete es.
    Und sie verfügten über Namen. Taizu kannte sie: Die haben uns oft genug überfallen, hatte sie gesagt. Wir mußten schließlich wissen, mit wem wir es bei Gitus Leuten zu tun hatten. Ich weiß nicht, wer jetzt noch lebt und wer nicht, aber es sind echte Namen.
    Taizu saß auf einem Stein, das halbe Gesicht von einem blutigen Verband bedeckt, und trank etwas Tee, der auf den Verband Flecken hinterließ – um so besser.
    »Hier«, sagte sie durch den Verband hindurch und bot ihm den Becher an, und er nahm ihn, dankbar für die Wärme nach dem Blutverlust. Seine Hand zitterte. Er hätte eines der Pferde nehmen sollen, dachte er. Aber sie brauchten all ihre Kraft: er hingegen konnte sitzen, zumindest den nächsten Tag über; und mit einer menschlichen Hand war es am einfachsten, das Blut an die gewünschte Stelle zu plazieren und einen Verband mit einem glaubhaften Muster zu tränken. Eine häßliche Verletzung. Eine ausreichend glaubhafte Erklärung für das Schweigen des wild blickenden Jungen im Schafsfell – und sein verhülltes, allzu glattes Kinn.
    Es war inzwischen vollständig hell geworden, und bis jetzt war ihnen auf den Nebenstraßen niemand begegnet. Eine kleine Pause, um heißen Tee zu trinken und den kalten Reis von gestern zu essen, dann hieß es wieder

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