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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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mochten es auch nicht viele sein, hoben sich vom blassen Grau des Wassers ab.
    Ein Mädchen aus Hua mußte bei einem solchen Anblick einfach stehenbleiben und staunen. Ein Junge aus Yiungei hatte dasselbe getan, als er versonnen über die weitgespannte Brücke geritten war.
    Später war ihm das Wunderbare dieses Bauwerks bewußt geworden, hatte er erfahren, wie viele Arbeiter umgekommen, von der Strömung weggespült worden waren, wie viele Versuche gescheitert waren, wie oft die Fundamente nachgegeben hatten und alle Arbeit umsonst gewesen war, wie die kaiserlichen Baumeister unter der Leitung des damaligen Prinzen die tückischen Fluten erst mit einer Pontonbrücke überspannt hatten, dann mit von Kähnen getragenen Steinen bis zu dem einzigen Entgegenkommen der Natur, der unter Wasser gelegenen Insel in der Mitte, und darüber hinaus, indem sie die einzelnen Abschnitte aus Stein bauten und sie mit Geröll auffüllten – bis der gewaltige Hisei fügsam zwischen den steinernen Bögen hindurchfloß, während ganze Boote darunter hindurchpaßten.
    »Der alte Kaiser wollte über sämtliche Flüsse Brükken bauen«, sagte Shoka, »aber heutzutage – weiß der Himmel, ob das klug wäre.«
    »Zwei Wagen passen gleichzeitig aneinander vorbei!«
    »Das tun sie. Und dazwischen bleibt noch Platz.«
    »Was werden wir tun?« In ihrer Stimme schwang ein Anflug von Panik mit.
    »Mach dir wegen der Brücke jetzt noch keine Sorgen. Das ist nicht der springende Punkt. Noch nicht. Bleib ganz ruhig.« Er führte sie weiter, dorthin, wo die Brückenstraße auf den alten Markt mündete, der für ein Bauernmädchen eigentlich eine vertraute Umgebung darstellten sollte. Das Lager lag zu ihrer Linken und überragte die Wände aus braunem Stein, welche die Promenade bis zum Flußufer hin abschlossen. Dorthin noch nicht, dacht er, als er die fernen Zeltgassen entlangblickte, welche die gepflasterte Uferpromenade füllten, die zu Friedenszeiten ein Volksfest von Jongleuren, Schmuckverkäufern und Artisten gewesen war, inmitten einer Unmenge von Getränkeverkäufern und Kuchenbäckern. Jetzt nicht mehr. Der ganze Basar war verlagert worden. Am besten wanderte man ein wenig umher und ließ die Stimmung auf sich wirken.
    Wenn dieser Tage jemand völlig verzweifelt war, so waren es sicherlich die Händler, zwischen deren Auslagen gelangweilte, dienstfreie Söldner wandelten. Er und Taizu zogen Blicke auf sich – so mitgenommen, wie sie wirkten, auch wenn sie sich den Staub abgewaschen hatten, als sie die Zimmer inspiziert hatten, doch die Spalten zwischen den Platten und den gewebten Teilen seiner Rüstung hatten der Säuberung standgehalten; und die Panzerkleidung hatte eine Art von trüber Patina aus Schmutz und Fett angenommen.
    »Wir sollten uns ein bißchen saubermachen» hatte er zu seinen Leuten gesagt. »Den Staub von unterwegs abwaschen.«
    Was seine Schar richtig verstanden hatte. Nur Taizus Verband war der Säuberung entgangen – und Taizu mit ihrem schmutzigen Schafsfellmantel, dem Haarknoten und dem Verband, der inzwischen von Essen, Staub und einer erschreckenden Menge altem Blut und einem kleinen Flecken neuen Blutes verschmutzt war, war gewiß die Schmutzigste gewesen – Eidi hatte das Blut am Morgen beigesteuert, als sie aufgebrochen waren, damit die Wunde frisch wirkte und niemand auf falsche Gedanken kam.
    Die Blicke jedoch, die sie auf sich zog, stimmten ihn nachdenklich – eine häßliche Verletzung, ein Soldat von der Front. Die Leute schreckten davor zurück und starrten sie aus anderen Gründen als Angst vor Diebstahl an, und zweifellos tuschelten sie miteinander, wenn sie vorbei waren.
    Kriegsängste auch hier, genau wie in der Gerbergasse. Und eine
Menge
Soldaten, die den Zugang zur Brücke bewachten.
    Was werden wir tun?
fragte er sich an Taizus Stelle. Mittlerweile fühlte sie sich sicherer, so als hätte sie wieder Tritt gefaßt. Während sie am Kai entlanggingen, umgab sie von allen Seiten Lärm und Durcheinander. Jemand in ihrer Nähe stritt sich mit einem Mädchen, und Taizu sah zu ihnen hin – doch das hätte auch jeder andere Soldat getan. Im nächsten Gang bedrängte sie eine Hure.
    »Nein«, fauchte Shoka, und die Hure schrie ihnen irgend etwas Obszönes nach, als er Taizu mit sich fortzog.
    Ein Bonbon an einer Bude in der Mitte des Markts, ein Becher Wein an einer Stelle, wo der Geruch nach Fisch und Geflügel schwächer war. Taizu nippte durch ihren Verband hindurch am Becher, brachte ihn dem

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