Der Palast
diesen Feinden gehört. Wegen unserer Freundschaft bin ich persönlich gekommen, damit Sano -san Euch nicht verhört und Euch nicht die Verantwortung für die Entführung zuschreibt.«
Doch Yanagisawa hatte andere Beweggründe, als Fürst Kii vor Sano zu beschützen. Der Kammerherr wollte sein Gefühl bestätigt sehen, dass Fürst Kii unschuldig war, und sich der Treue dieses Mannes versichern. Er wollte vermeiden, dass Sano bei Fürst Kii für Unruhe sorgte und das Gleichgewicht der Kräfte gefährdete. Selbst wenn Yanagisawa einen Verdächtigen von der Liste streichen musste und sich dadurch die Chancen verschlechterten, Fürstin Keisho-in zu retten und Hoshinas Hinrichtung zu verhindern, könnte das Gespräch ihm dennoch Nutzen bringen.
Fürst Kii kniff die Augen zusammen – wie immer, wenn er seinen beschränkten Verstand bemühte. Sein Blick wanderte über das Schlachtfeld. Die Truppe mit den roten Fahnen galoppierte in die gegnerischen Reihen mit den blauen Fahnen hinein und umzingelte die Männer. Als sie die imaginären Feinde aus den Satteln warfen, ertönte das laute Klappern der Holzschwerter.
»Aber ich habe die Mutter des Shōgun nicht entführt«, sagte Fürst Kii. »Warum sollte jemand glauben, ich würde Fürstin Keisho-in Schaden zufügen, um Hoshina -san zu vernichten?«
»Weil er am Tod Eures Sohnes nicht ganz unschuldig ist«, erwiderte Yanagisawa.
Erinnerungen und Schmerzen warfen einen Schatten auf Fürst Kiis heiteres Gesicht. »Die Verantwortung für den Tod Mataemons trifft ihn allein«, sagte er. »Mataemon wollte es nicht billigen, dass mein Klan sich mit Euch verbündet hat. Sein Zorn führte dazu, dass er mit Hoshina -san in Streit geriet. Das Schwert gegen Hoshina- san zu erheben, war die Dummheit eines jungen Mannes – und die hat ihn das Leben gekostet.«
Das war die offizielle Version der Geschichte, die Yanagisawa bereits kannte. Doch er kannte auch die Wahrheit: Mataemon hatte Fürst Kii gedrängt, Yanagisawas Partei zu verlassen und sich stattdessen mit Fürst Matsudaira zu verbünden. Da Yanagisawa und Hoshina befürchtet hatten, der junge Mann könne seinen Vater am Ende überzeugen, ergriffen sie Vorsichtsmaßnahmen. Hoshina provozierte absichtlich einen Streit mit Mataemon, indem er den empfindsamen jungen Mann beleidigte und ihn dazu trieb, innerhalb des Palasts sein Schwert zu ziehen – ein todeswürdiges Verbrechen. Mataemon hatte seinen Tod selbst verschuldet und Yanagisawa von der Bedrohung befreit, Fürst Kii könne die Seiten wechseln.
»Ich trage Hoshina -san nichts nach«, sagte Fürst Kii nun. »Denn ich sehe ein, dass mein Sohn Opfer der politischen Machtkämpfe wurde.«
Dieser Mann glaubte tatsächlich die Version, die Yanagisawa ihm nach Mataemons fatalem Fehler eingeredet hatte. Fürst Kii war zwar kein Narr, zog es aber stets vor, den einfacheren Weg zu gehen – zum Glück. Denn wäre er zu der Einsicht gelangt, dass Hoshina seinen Sohn vernichtet hatte, hätte er Rache üben müssen. Und Yanagisawa glaubte nicht, dass Kii hinterlistig und rücksichtslos genug war, Rache zu üben, indem er die Mutter des Shōgun entführte und Hoshinas Hinrichtung forderte.
»Eure Haltung beweist Eure Klugheit«, sagte Yanagisawa. Er sah, dass Fürst Kii das Kompliment mit einem demütigen Lächeln quittierte. »Aber Leute, die Euch nicht so gut kennen wie ich, könnten zu der Ansicht gelangen, dass Ihr einen Groll gegen Hoshina -san hegt und ihn insgeheim bestrafen wollt. Der sōsakan-sama wird sich fragen, wie und wann Ihr von Fürstin Keisho-ins Reise erfahren habt.«
Fürst Kii runzelte irritiert die Stirn. »Nun, ich habe es von Euch erfahren, bei Eurem Festmahl, und zwar an dem Abend, bevor Fürstin Keisho-in zu der Reise aufbrach. Erinnert Ihr Euch denn nicht mehr, dass Ihr es mir erzählt habt?«
»Natürlich erinnere ich mich.« Yanagisawa war sich ganz sicher, dass seine beiläufige Bemerkung Fürstin Keisho-in nicht in die Hände der Entführer getrieben hatte. »Und ich werde dem sōsakan-sama sagen, dass die Information bei Euch gut aufgehoben war, selbst wenn Ihr im Voraus von der Reise wusstet. Ihr würdet der Mutter Eures Herrn niemals Schaden zufügen. Doch es gibt da eine Kleinigkeit, die den Verdacht des sōsakan-sama auf Euch lenken könnte.«
»Um was geht es?«, fragte Fürst Kii, der nun doch beunruhigt war.
»Der metsuke hat berichtet, dass ein Trupp Eurer Gefolgsleute Edo wenige Stunden vor Fürstin Keisho-in verlassen hat«, sagte
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