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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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Zeitpunkt gekommen ist«, sagte Fürstin Yanagisawa.
    Ja, das werde ich, dachte Reiko.
     

23.
    E
    he Sano zu dem Gasthof aufbrach, in dem Mariko und der Mann gesehen worden waren, kehrte er nach Hause zurück und stellte einen Trupp von zwanzig Ermittlern zusammen, weil er eine Ahnung hatte, was er in dem Gasthof vorfinden würde, und vermutete, dass er militärische Unterstützung brauchte.
    Nachdem eine weitere schwüle Nacht vergangen war, erreichte Sano mit seinen Männern das Stadtviertel Ginza, das nach der Silbermünzstätte benannt war, die der erste Tokugawa-Shōgun vor über achtzig Jahren dort hatte errichten lassen.
    Ginza war ein tristes, armseliges Viertel im Süden des Palasts zu Edo. Im Norden breiteten sich die riesigen Anwesen der daimyo aus; im Süden, auf dem Land, das der Bucht von Edo entrissen worden war, besaßen die verschiedenen Klans der Tokugawa Anlegestellen und Lagerhäuser für Reis, der in ihren Provinzen wuchs. Im Westen führte die Tōkaidō durch die Randbezirke Edos, während sich im Osten ein Netz aus Kanälen befand, über die Holz transportiert wurde.
    Sano ritt mit seiner Truppe die Hauptstraße von Ginza hinauf, an der Münzstätte und den befestigten Anwesen vorbei, in denen die reichen Händler und Kaufleute des Viertels wohnten. Anschließend ging es durch eine karge Gegend mit kleinen Läden, tristen Wohnhäusern und Feuerwachtürmen. In den Fenstern und an den Toren in den Seitenstraßen brannten Lichter; Stimmen hallten von Balkonen und aus offenen Türen, doch die Straßen waren menschenleer.
    Am achten Häuserblock stiegen Sano und seine Ermittler aus den Sätteln, ließen die Pferde mit einem Wachposten zurück und schlichen zu Fuß die Gasse hinauf, die nach links führte und sich durch die Dunkelheit schlängelte. Nur der bleiche, ovale Mond, der tief über den fernen Bergen hing, spendete trübes Licht. Leise zogen Sano und seine Männer im Gänsemarsch an Lagerhallen vorbei, die in der Nacht geschlossen waren, bis ans südliche Ende von Ginza. Hier schloss ein Waldgebiet mit schlichten Landhäusern an das Händlerviertel an. Die Straße endete vor einem hohen Bretterzaun, hinter dem inmitten von Bäumen mehrere strohgedeckte Häuser standen. Ein Schild am Tor war mit der schlichten Zeichnung eines Karpfens und der Aufschrift »Gasthof« versehen.
    Schwaches Licht drang auf die Straße. Als Sano und seine Männer sich leise versammelten, hörten sie nur das Zirpen und Summen von Insekten und das Kläffen von Hunden in der Ferne. Sano und Ermittler Inoue spähten durch die Spalten im Zaun. Sano sah einen Garten und einen kurzen Kiesweg, der zu dem Gasthof führte. Eine leuchtende Laterne hing über dem Eingang am Dachvorsprung. Zwei Samurai standen auf der Veranda, regungslos, aber wachsam, und schützten den Gasthof vor unerwünschten Gästen. Ihre Anwesenheit ließ Sano erkennen, dass dieser Gasthof genau das war, was er dem seltsamen Bericht über Mariko entnommen hatte. Vor Erregung schlug sein Herz schneller, als er und seine Ermittler sich ein Stück zurückzogen.
    »Ihr klettert über den Zaun. Überwältigt die Wachen vor dem Haus und alle anderen, die ihr findet«, sagte Sano zu Inoue und vier weiteren Ermittler. »Anschließend öffnet ihr uns das Tor.«
    Die Ermittler schlichen davon. Sano schien die Wartezeit auf der dunklen Straße eine Ewigkeit zu dauern, doch schließlich wurde das Tor geöffnet. Inoue gab Sano ein Handzeichen, worauf der sōsakan-sama mit den anderen Ermittlern zu ihm eilte.
    »Wir haben acht Wachen gefunden«, flüsterte Inoue, als Sano seine Männer durchs Tor führte. »Sie sind jetzt alle bewusstlos. Ansonsten scheint dieser Ort verlassen zu sein.«
    Sano und seine Männer zogen ihre Schwerter und schritten leise den Weg hinauf, auf die Gebäude zwischen den Bäumen zu, die durch geschlossene Gänge miteinander verbunden waren. Die Fensterläden waren verschlossen, und nichts wies auf Bewohner oder Gäste hin, doch ein eigentümliches rhythmisches Pochen drang durch den Boden.
    »Hört ihr das?«, fragte Sano.
    Seine Männer nickten mit grimmigen Mienen, denn sie kannten das Geräusch von ähnlichen Missionen, die sie früher durchgeführt hatten. Sie schlichen über das Grundstück und versuchten, die Quelle des Geräuschs aufzuspüren. Sano zeigte auf ein kleines Lagerhaus mit Ziegeldach und dicken, verputzten Wänden. Inoue drückte gegen die eisenbeschlagene Holztür. Als er sie öffnete, wurde der Lärm lauter. Sano

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