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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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und dünn, und sie hatte die Augen weit aufgerissen. »Es hat sich nicht mehr bewegt, seit ich wach geworden bin.«
    Einen Augenblick saßen die beiden Freundinnen in stummem Entsetzen da. Vielleicht hatte das Opium – oder der Schock, den Midori erlitten hatte – das ungeborene Kind getötet. Midori brach in Tränen aus.
    »Bitte, nein«, jammerte sie, »oh, nein …«
    »Es wird alles gut«, sagte Reiko und hoffte, Recht zu behalten. »Dein Kind schläft bloß. Leg dich hin und ruhe dich aus. Und mach dir keine Sorgen mehr.«
    Nachdem sie Midori behutsam auf den Fußboden gebettet hatte, eilte Reiko zu Fürstin Yanagisawa. Still und regungslos lag sie auf dem Rücken, die Beine ausgestreckt, die Hände schlaff an den Seiten. Als Reiko ihr die Kapuze vom Kopf zog und ihr den Knebel aus dem Mund nahm, blickte die Fürstin blinzelnd zu ihr auf. Langsam befeuchtete sie sich mit der Zunge die Lippen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Reiko.
    »Ja, danke«, murmelte Fürstin Yanagisawa.
    Ihr Gesicht war seltsam ausdruckslos, ihre Stimme leise und höflich, als wäre es eine ganz alltägliche Begegnung zwischen ihr und Reiko. Fürstin Yanagisawa machte den schwachen Versuch, sich aufzusetzen. Nachdem Reiko ihr geholfen hatte, sagte die Fürstin: »Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet, ich muss nach Hause …«
    Eine schreckliche Vorahnung überkam Reiko.
    »Ihr könnt nicht nach Hause«, sagte Keisho-in. »Wir wurden entführt.« Fragend blickte sie in Fürstin Yanagisawas Gesicht. »Erinnert Ihr Euch denn nicht mehr?«
    Die Fürstin runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Ich bitte um Verzeihung, aber … ich weiß nicht, wovon Ihr redet.« Sie schien ihre Umgebung gar nicht wahrzunehmen. Als Reiko und Keisho-in die Fürstin in sprachloser Verwirrung musterten, wiederholte diese: »Ich muss jetzt nach Hause. Kikuko -chan braucht mich.«
    »Es tut mir Leid, aber das geht nicht«, sagte Reiko behutsam und berichtete, was vorgefallen war. Doch die Worte schienen gar nicht bis zur Fürstin vorzudringen. Schwerfällig erhob sie sich und stand einen Moment schwankend da. Dann ging sie mit unsicheren Schritten ziellos durch den Raum, wobei sie sich an den Wänden abstützte. »Kikuko -chan «, rief sie. »Wo bist du?«
    »Der Schock hat ihr den Verstand geraubt«, flüsterte Keisho-in.
    Reiko befürchtete, dass Keisho-in Recht hatte. Es konnte zwar sein, dass Fürstin Yanagisawa noch unter den Nachwirkungen des Opiums litt; wahrscheinlicher aber war, dass ihr bereits verwirrter Verstand leugnete, was geschehen war, und die Weigerung, den Tatsachen ins Auge zu sehen, hatte sie in den Wahnsinn getrieben.
    »Wo bist du, Kikuko -chan ?« Besorgnis schlich sich in die Stimme Fürstin Yanagisawas. »Komm zu deiner Mutter!«
    Reiko eilte zu der Frau und legte die Arme um sie. »Zu Hause ist Kikuko sicherer. Setzt Euch, Ihr müsst Euch erst einmal beruhigen. Das alles war zu viel für Euch.«
    Doch die Fürstin machte sich von Reiko los und nahm ihre hoffnungslose Suche wieder auf. »Kikuko -chan !«, rief sie mit wachsender Furcht.
    »Wir brauchen Hilfe«, sagte Keisho-in. Mit entschlossenen Schritten ging sie zur Tür, schlug mit den Fäusten dagegen und rief: »He! Hier sind Kranke, die versorgt werden müssen! Holt einen Arzt! Das ist ein Befehl!«
    Das Geräusch der Faustschläge hallte durch den tiefen Treppenschacht, ohne dass eine Antwort kam.
    Midoris Schluchzen wurde immer verzweifelter. »Wäre ich doch nie auf diese Reise gegangen!«, jammerte sie. »Wäre ich doch zu Hause!«
    »Diese Hurensöhne!«, stieß Keisho-in hervor, deren Furcht von Zorn verdrängt wurde. »Meine Kopfschmerzen bringen mich um! Und ich brauche meine Tabakpfeife! Und es ist kalt hier drin! Und der Staub reizt meine Lungen!« Sie hustete und keuchte. »Dass ich, die Mutter des Shōgun, so schändlich behandelt werde, ist eine Ungeheuerlichkeit!« Sie trat gegen die Tür. »Wer ihr auch seid«, rief sie, »lasst uns sofort heraus!«
    »Ich will zu Hirata -san «, schluchzte Midori. »Und ich habe Angst um mein Kind.«
    Die Verantwortung für ihre Gefährtinnen lastete schwer wie eine Lawine auf Reiko. Obwohl sie selbst geschwächt und verängstigt war, sagte sie: »Wir müssen Ruhe bewahren. Wenn wir uns fürchten, machen wir alles nur noch schlimmer.«
    Fürstin Keisho-in bedachte Reiko mit einem hoffnungsvollen Blick. »Ihr versteht Euch doch sehr gut darauf, mit solchen Schwierigkeiten fertig zu werden. Sucht uns einen Weg hier

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