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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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nicht.
    Ein einziger brauchbarer Hinweis würde ihm einen Vorsprung vor allen anderen sichern, die auf der Suche nach Fürstin Keisho-in waren.

10.

    F
    ürstin Yanagisawa! Wenn Ihr mich hören könnt, dann hört mir zu«, flehte Reiko.
    Sie kniete fast schon den ganzen Tag neben der Fürstin. Die Sonne schien nicht mehr so grell und wanderte nach Westen, doch Fürstin Yanagisawa lag noch immer regungslos wie eine Tote da. Ihr leerer Blick war an die Decke gerichtet, deren Ritzen und Löcher Ausschnitte des Himmels zeigten, den das Licht der nahenden Dämmerung golden färbte.
    Kaum ein Lüftchen wehte, und im Wald herrschte Stille. Das leise Plätschern der Wellen in der Tiefe wurde vom Gesang der Vögel und den Schreien der Möwen übertönt.
    Reiko ergriff Fürstin Yanagisawas erschlaffte Hand. Trotz der Hitze in dem Gefängnis war ihre Haut kalt. Über Reikos Gesicht kullerten Schweißperlen, und sie wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Nach den zahllosen gescheiterten Versuchen, mit Fürstin Yanagisawa zu sprechen, stieg Angst in ihr auf.
    »Wir sind gefangen«, sagte Reiko. »Wir wissen noch immer nicht, warum diese Männer uns entführt haben und wer sie sind. Zwei von ihnen sind heute Nachmittag hierher gekommen, aber sie haben uns nur angestarrt und sind wieder verschwunden.«
    Reiko hatte die Männer während des Tages oft draußen gehört, aber sie waren nicht noch einmal in das Verlies zurückgekehrt. Ein Schwarm Fliegen umkreiste summend die leeren Esskübel und die vollen Abfalleimer. Die Hitze verschlimmerte den Gestank. Moskitos schwirrten durch den Raum und stachen die Frauen, deren Haut von roten, juckenden Stichen übersät war. Doch der Hunger und die Unbequemlichkeit sorgten Reiko am wenigsten.
    »Die Entführer werden kaum die Absicht haben, uns einfach gehen zu lassen«, sagte sie zu Fürstin Yanagisawa. »Sie werden uns Schaden zufügen. Ich weiß es. Ich habe Angst, dass Fürstin Keisho-in sie noch einmal provoziert, auch wenn ich alles versucht habe, sie daran zu hindern.«
    Reiko blickte durch den Raum zu Keisho-in hinüber. Die Mutter des Shōgun lag schlafend auf der Erde und schnarchte leise, nachdem sie fast den ganzen Tag vor Wut getobt und gegen die Tür gehämmert hatte. Als die beiden Männer zurückgekehrt waren, hatte Keisho-in so laut geschrien und geschimpft, als hätte sie vergessen, wie brutal die Entführer sie am Morgen geschlagen hatten. Zum Glück hatten die Männer bei ihrem kurzen Erscheinen Keisho-ins wütenden Beschimpfungen keine Beachtung geschenkt. Doch Reiko wusste nicht, wann ihnen der Geduldsfaden reißen würde.
    »Wir müssen fliehen.« Reiko beugte sich über Fürstin Yanagisawas Ohr. »Ich habe eine Idee, aber alleine kann ich sie nicht in die Tat umsetzen. Fürstin Keisho-in traue ich nicht zu, mir zu helfen. Und Midori kann es nicht. Ihr Baby kann jederzeit zur Welt kommen.«
    Midori stöhnte im Schlaf. Ihr Körper verkrampfte sich. Sie presste beide Hände auf den Leib und entspannte sich dann seufzend. Im Laufe des Tages hatte die Anzahl der Krämpfe zugenommen, und Reiko befürchtete das Einsetzen der Wehen.
    »Ich brauche Euch«, sagte Reiko zu Fürstin Yanagisawa. Die Dringlichkeit verlieh ihrer Stimme Kraft. »Ich weiß nicht, in was für einen Zustand Ihr Euch geflüchtet habt, aber bitte, erwacht aus dieser Trance. Helft mir, uns alle zu retten!«
    Fürstin Yanagisawa antwortete nicht. In ihren blinden, leblosen Augen spiegelte sich nicht das geringste Verständnis. Reikos Geduld erlahmte.
    »Vielleicht ist es schwer für Euch, alles zu ertragen, was geschehen ist«, fuhr Reiko fort. »Vielleicht zieht Ihr Euch lieber in Euch selbst zurück, als den Tatsachen ins Auge zu sehen. Aber bitte denkt an Eure Tochter! Kikuko -chan ist zu Hause und wartet auf Euch. Was soll aus ihr werden, wenn Ihr nicht zurückkehrt? Sie wird furchtbar traurig sein. Sie wird nicht verstehen, warum ihre Mutter sie verlassen hat. Und wer wird sich dann um sie kümmern?«
    Fürstin Yanagisawas Hand ruhte schlaff in Reikos Umklammerung. Nur ihr schwacher Atem bewies, dass sie noch lebte.
    »Ich weiß, dass Eure Tochter Euch alles bedeutet. Ihr dürft sie nicht im Stich lassen«, sagte Reiko, die vor Wut zitterte. »Kikuko -chan zuliebe müsst Ihr endlich wieder zu Sinnen kommen und etwas unternehmen, anstatt hier untätig zu liegen!«
    Reiko erhielt keine Antwort. Sie war der Verzweiflung nahe. »Denkt an Euren Gatten! Ihr habt mir gesagt, wie sehr Ihr ihn liebt und

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