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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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Wirbelsäule entfernt lag. Es handelte sich bei dieser Stelle um das »Meer der Vitalität«. Reiko wiederholte den Wechsel von Druck und Entspannung so oft, bis sie das Zählen aufgab. Ihre Hände begannen zu schmerzen; sie keuchte vor Anstrengung. Doch endlich spürte sie, dass die Lebensenergie durch Fürstin Yanagisawas Adern und das Gewebe strömte. Plötzlich stieß die Fürstin ein tiefes, heulendes Stöhnen aus. Sie warf ihre Arme hin und her und zuckte zusammen.
    Ängstlich zuckte Reiko zurück und fragte sich, ob sie die Fürstin zu stark stimuliert hatte, weil diese nun Krämpfe bekam. Fürstin Yanagisawa drehte sich auf den Rücken. Sie zitterte am ganzen Leib. Dann richtete sie sich auf, presste die Hände auf den Boden und starrte Reiko mit aufgerissenen Augen an.
    »Wo bin ich?«, stieß sie mit lauter, heiserer Stimme hervor. »Was ist geschehen?«
    Reiko lächelte erleichtert. Endlich kehrte die Fürstin ins Leben zurück. Keisho-in und Midori, die vom Lärm aufgewacht waren, blinzelten verwirrt. Fürstin Yanagisawa ließ den Blick durch den Raum schweifen. Als sie ihre Umgebung erkannte, legte sich ein Ausdruck des Entsetzens auf ihre Züge.
    »O nein!«, jammerte sie und verzog das Gesicht. »Ich habe geträumt, dass ich mit Kikuko -chan zu Hause bin. Es war so friedlich. Warum musste ich aufwachen?« Sie legte sich hin, zog die Knie an die Brust und schlang die Arme um den Kopf. Schluchzer ließen ihren Körper erbeben. »Ich will wieder schlafen!«
    »Dann tut es endlich!«, rief Keisho-in mürrisch. »Euer Gejammer geht mir auf die Nerven!«
    Reiko beugte sich über Fürstin Yanagisawa und drückte deren Arme zur Seite, sodass ihr von Angst gezeichnetes Gesicht zum Vorschein kam. »Ihr könnt Euch nicht einfach verkriechen!«, rief sie. »Das lasse ich nicht zu!«
    »Bitte, nein! Lasst mich allein.« Fürstin Yanagisawa kniff die Augen zu, um den Anblick Reikos und die Erkenntnis der Gefangenschaft auszusperren. »Ich möchte weiter träumen. Ich will zu Kikuko -chan .«
    Es machte Reiko wütend, dass die Fürstin die Bewusstlosigkeit dem Handeln vorzog, auch wenn der Kummer dieser Frau ihr Mitleid erregte. »Wenn Ihr zu Kikuko- chan zurückwollt«, fuhr Reiko sie an, »dann hört sofort mit dem Unsinn auf!«
    Sie verpasste der Fürstin eine Ohrfeige. Die Frau stieß einen Schmerzensschrei aus, in den sich Erstaunen mischte. Sie riss die Augen auf und starrte Reiko ungläubig an; ihr Schluchzen verstummte.
    »Es ist Eure Pflicht, Euch den Weg zurück zu Eurer Tochter zu erkämpfen«, sagte Reiko. Sie war froh, endlich Fürstin Yanagisawas Aufmerksamkeit zu haben, wenngleich sie sich schämte, die Frau geschlagen zu haben. »Es ist Eure Pflicht, mir zu helfen und Keisho-in und Midori zu retten. Versteht Ihr? Reißt Ihr Euch jetzt zusammen? Oder muss ich Euch noch eine Ohrfeige verpassen?«
    Fürstin Yanagisawa gab ihren Widerstand auf. Sie streckte die Beine und richtete sich mühsam auf. Ihre langsamen Bewegungen und ihre betrübte Miene bewiesen jedoch, wie ungern sie in die Wirklichkeit zurückkehrte.
    »Werdet Ihr mir helfen?«, fragte Reiko, verhaltene Hoffnung in der Stimme.
    Fürstin Yanagisawa neigte den Kopf und nickte.
    Die Freude über ihren kleinen Sieg ermutigte Reiko, auch wenn Fürstin Yanagisawa sich keineswegs begeistert zeigte. Reiko winkte Keisho-in und Midori herbei. Die beiden Frauen setzten sich zu ihr und der Fürstin.
    »Also gut, hört mir zu. Wir werden Folgendes tun …« Leise erklärte Reiko ihren Plan.

11.
    D er Shōgun hat Befehl erteilt, keine Störungen zu erlauben«, sagte der Wachposten vor der Tür zu den Privatgemächern von Tokugawa Tsunayoshi.
    Sano, Kammerherr Yanagisawa und Polizeikommandeur Hoshina waren gekommen, um dem Shōgun über die Fortschritte ihrer Ermittlungen Bericht zu erstatten. Sano wechselte mit den anderen Männern erstaunte Blicke. Sie alle hatten damit gerechnet, dass der Shōgun ungeduldig auf Nachrichten wartete, und nicht damit, dass er ihnen den Eintritt verwehrte.
    »Was geht in dem Gemach vor sich?« Das Gesicht Yanagisawas verdunkelte sich vor Zorn, weil sein Herr, zu dem er in der Regel freien Zutritt hatte, ihm die Tür versperrte.
    »Der Shōgun führt ein Gespräch unter vier Augen«, erklärte der Wachmann.
    »Mit wem?«, fragte Yanagisawa.
    In diesem Augenblick ertönte die quäkende Stimme des Shōgun. »Kommt herein.«
    Der Wachmann öffnete die Tür, und Yanagisawa betrat das Gemach, gefolgt von Hoshina und Sano. In dem

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