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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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typisch für Yanagisawa, Sano als Erstem das Wort zu erteilen und ihn so dem lodernden Zorn des Shōgun auszuliefern. Als würde man Wasser auf ein brennendes Haus schütten, dachte Sano und berichtete: »Heute Morgen habe ich zwei Mitglieder der verbotenen Sekte der Schwarzen Lotosblüte verhört. Sie haben mir von einem Priester namens Höchste Weisheit erzählt, der eine führende Stellung unter den Sektenführern innehat. Von ihm erfuhr ich, dass ein Großangriff der Schwarzen Lotosblüte auf das Tokugawa-Regime geplant ist. Möglicherweise ist die Entführung besagter Angriff, und Höchste Weisheit trägt die Verantwortung dafür. Er hat seinen geheimen Tempel verlassen, doch meine Männer und ich haben die Stadt durchsucht und heute achtundvierzig Mitglieder der Schwarzen Lotosblüte verhaftet. Ich werde sie im Gefängnis von Edo verhören. Wenigstens einer von ihnen müsste mir sagen können, wo dieser Priester sich aufhält.«
    Der Shōgun nickte beschwichtigt. Kammerherr Yanagisawa verhielt sich abwartend. Hoshina entspannte sich. Priester Ryuko sagte: »Habt Ihr einen triftigen Grund zu glauben, dass die Schwarze Lotosblüte die Frauen entführt hat?«
    »Die Priester der Schwarzen Lotosblüte und ihre Anhänger sind Verrückte, die dreist genug wären, ein solches Verbrechen zu begehen«, entgegnete Sano.
    Der Priester grinste ihn spöttisch an. »Ihr habt aber keinerlei Beweise, dass die Sekte in das Verbrechen verwickelt ist, oder?«
    »Beweise habe ich nicht, doch meine jahrelangen Erfahrungen als Polizist und Ermittler sagen mir, dass es so sein könnte.« Sano wusste jetzt, was Ryuko im Schilde führte, und die Ränke des Priesters erregten seinen Zorn.
    »Es scheint, als hätte der sōsakan-sama den Tag damit verbracht, Menschen zu jagen, gegen die es keine Beweise gibt«, spottete Ryuko, in dessen Stimme sowohl Trübsinn als auch Schadenfreude mitschwangen. »So langsam glaube ich, er verfolgt lieber alte Feinde, als die wahren Schuldigen zu suchen.«
    »Das ist nicht wahr«, verteidigte Sano sich, den die ungerechte Beschuldigung erzürnte.
    Doch der Shōgun beachtete Sanos Verteidigung gar nicht und musterte ihn stattdessen mit wütenden Blicken. »Wie könnt Ihr mein Vertrauen verraten!«, rief er. »Nach allem, was ich Euch … äh, gegeben habe!«
    Ehe Sano sich verteidigen konnte, meldete Ryuko sich zu Wort: »Das Verhalten des sōsakan-sama ist beklagenswert, aber mich verwirrt ein noch ernsteres Problem. Ich fürchte, Herr, dass sämtliche Ermittlungen in die falsche Richtung führen.«
    Sein kritischer Blick wanderte zu Yanagisawa und Hoshina. Sano sah, dass sie ihre Bestürzung zu verbergen suchten: Auch sie durchschauten Ryukos Motive. Der Priester wollte, dass Fürstin Keisho-in unversehrt zurückkehrte, weil sie die Quelle seiner Macht war, und er wollte, dass alle ihr Bestes gaben, Keisho-in zu retten. Für den Fall, dass sie nicht zurückkehrte, musste Ryuko sich selbst vor Leuten schützen, die ihn vernichten könnten. Daher beabsichtigte er, Sano, Yanagisawa und Hoshina beim Shōgun in ein schlechtes Licht zu rücken.
    Während seiner Jahre als sōsakan-sama hatte Sano es bei ähnlichen Besprechungen oft mit Menschen zu tun gehabt, die versuchten, ihn zu verunglimpfen. Doch diese zweifelhafte Ehre hatte er bisher noch nie mit Yanagisawa und Hoshina geteilt.
    »Vielleicht seid Ihr es und nicht unsere Ermittlungen, die sich in die falsche Richtung bewegen«, sagte Yanagisawa. Er warf Ryuko einen giftigen Blick zu, unterließ es jedoch, den Priester offen anzugreifen.
    »Wir verfolgen nicht nur die Fährte der Schwarzen Lotosblüte, sondern auch andere Spuren«, erklärte Hoshina. Sein kampflustiger Blick untersagte es Ryuko, ihm zu widersprechen. »Ich habe Suiren gesehen, die Leibdienerin der Fürstin Keisho-in, die das Massaker überlebt hat. Ihr närrischer Arzt hat mir verboten, mit ihr zu sprechen; deshalb habe ich die Frauen im Palast über Suiren befragt. Wenn sie eine Komplizin der Entführer war, werde ich die Schuldigen bald schon unter ihren Verbündeten finden.«
    » Wenn sie eine Komplizin war«, sagte Ryuko verächtlich. »Offenbar habt Ihr nicht mehr Beweise für Suirens Schuld, als der sōsakan-sama für die Schuld der Schwarzen Lotosblüte vorbringen kann.«
    »Habt Ihr eine bessere Idee?« Hoshina ballte die Hände zu Fäusten und funkelte Ryuko wütend an. »Eine Viehbremse kann Männer der Tat nicht aufhalten.«
    Der Priester quittierte diese Bemerkung mit einem

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