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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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den Verstand. Stumm und mit verwirrter Miene wartete Hoshina, als wüsste er nicht, ob er dicht vor der Rettung oder auf der Schwelle des Todes stand.
    »Da wir nun wissen, warum die Entführer die ehrenwerte Fürstin Keisho-in entführt haben, stehen uns neue Ermittlungswege offen«, stieß Sano hervor. »Jetzt weiß ich, wo ich sie suchen kann.« All seine Hoffnungen auf Reikos Rettung stützten sich auf diese Überzeugung. »Diesmal werden wir sie finden.« Die Zuversicht verlieh seiner Stimme Kraft. »Ich schwöre es bei meiner Ehre.«
    Der Shōgun ließ sich aufs Podium sinken. »Also gut«, sagte er schließlich mit der zweifelnden und zugleich hoffnungsvollen Miene eines Mannes, der gern glauben wollte, was er hörte. »Ich räume Euch das Recht ein, Eure Ermittlungen fortzusetzen.« Er winkte die Wachen zurück, die Sano und Yanagisawa festhielten. »Nehmt Eure Plätze wieder ein.«
    »Ich danke Euch vielmals, Herr«, sagte Yanagisawa in unterwürfigem Tonfall.
    Sano atmete erleichtert auf. Er und Yanagisawa begaben sich an ihre Plätze, knieten nieder und verneigten sich vor dem Shōgun. Tokugawa Tsunayoshi sagte: »Aber wie … äh, sollen wir mit dem Brief der Erpresser verfahren? Es sieht so aus, als wäre ich verdammt, ob ich die Forderungen nun erfülle oder nicht.«
    Kammerherr Yanagisawa schaute zu Sano hinüber, als wollte er fragen: Ja, was sollen wir tun?
    »Hoshina -san ist unsere Versicherung für das Überleben Eurer ehrenwerten Mutter«, sagte Sano zum Shōgun. »Daher rate ich Euch, seine Hinrichtung aufzuschieben. Die Entführer werden Fürstin Keisho-in am Leben lassen, weil das Versprechen auf ihre Rückkehr ihr einziges Druckmittel ist, Euch zu zwingen, ihre Forderungen zu erfüllen.«
    Sano äußerte seine Angst nicht, dass die Frau bereits tot sein und alles, was der Shōgun tat, ihr nicht mehr helfen könnte. »Die Entführer haben schweres Geschütz aufgefahren, um Hoshina -san zu vernichten«, fuhr er fort. »Doch die Tatsache, dass sie ihn um jeden Preis tot sehen wollen, könnten wir zu unserem Vorteil nutzen. Die Entführer werden darauf warten, dass Ihr Hoshina hinrichten lasst. Wenn wir sie hinhalten, habe ich Zeit, sie zu jagen.«
    »Das hört sich nach einem guten Plan an«, stimmte der Shōgun besänftigt zu.
    Hoshina räusperte sich. »Bin … bin ich nun frei, Herr?«, stammelte er. Sein Gesicht war leichenblass.
    Der Shōgun nickte, doch Sano mischte sich hastig ein. »Nein, Ihr müsst ihn einsperren und öffentlich verkünden, dass er zum Tode verurteilt wurde. Die Entführer werden die Nachricht vernehmen und glauben, dass Ihr ihren Forderungen nachgebt. Je länger sie in diesem Glauben sind, desto mehr Zeit haben wir, Fürstin Keisho-in zu retten.«
    Sano durfte nicht zulassen, dass Hoshina die Freiheit geschenkt wurde, denn es bestand die Gefahr, dass er in Panik geriet und floh. Überdies war der Polizeikommandeur die Versicherung für Reikos Überleben; deshalb wollte Sano, dass Hoshina unter Bewachung gehalten wurde.
    »Also gut«, sagte der Shōgun und wandte sich an die Wachen. »Stellt Hoshina -san unter … äh, Hausarrest.«
    Als die Wachen den Polizeikommandeur aus dem Saal führten, warf er Sano einen zornigen Blick zu. Vermutlich glaubte er, der sōsakan-sama hätte mehr für ihn tun können. Er zollte Sano weder Dankbarkeit, dass dieser ihm das Leben gerettet hatte, noch zeigte er sich erleichtert darüber, vom Shōgun verschont worden zu sein.
    Der Shōgun wandte sich an Sano und Yanagisawa. »Ich werde verkünden lassen, dass Hoshina -san in … äh, sagen wir, sieben Tagen hingerichtet wird.« Die Krise spornte den Herrscher offenbar an, Entscheidungen zu treffen, was sonst nicht seine Stärke war. »Diese Zeit bleibt Euch, um meine Mutter zu retten.«
    »Ja, Herr«, erwiderten Sano und Yanagisawa im Chor.
    Obwohl die größte Gefahr gebannt war, wusste Sano um die Risiken seines Plans, zu dem er dem Shōgun geraten hatte. Seine Haut war von einem Schweißfilm überzogen, und seine Hände und Füße waren eiskalt. In seinem Magen breitete sich Übelkeit aus.
    »Wenn Ihr bis dahin keinen Erfolg hattet, muss Hoshina -san sterben«, erklärte der Shōgun, und sein Blick verdüsterte sich bedrohlich. »Und wenn Ihr mich schlecht beraten habt und meine Mutter stirbt, werde ich Euch beide hinrichten.«
    »Ja, Herr«, sagte Yanagisawa.
    Sano nickte bloß. Hätte er versucht, auch nur ein Wort zu sagen, hätte er sich vor Angst übergeben, denn ihm war klar, dass

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