Der Papstkäufer
entsetzt. Das war eine sagenhafte Summe. Er hatte immer schon ein phänomenales Zahlengedächtnis besessen – für seinen Erfolg als Kaufmann unerlässlich – und wusste daher noch genau, dass elf Jahre zuvor die Papstkrone für Julius II., oder Guilano della Rovere, für läppische viereinhalbtausend Gulden zu haben gewesen war. Und nun mehr als das Zehnfache für einen Bischofssitz!
War die ganze Welt verrückt geworden?
Wie konnte das angehen?
Was hatten sie sich da angetan?
Und vor allem: Wie sollten sie diese Riesensumme Geld jemals zurückbekommen?
Das war ein Ding der Unmöglichkeit.
28
In Mainz versuchte Albrecht von Anfang an, die Kritik an seiner Ernennung durch eifrige Tätigkeit und Präsenz vor Ort zu widerlegen.
Zuerst ließ er für seinen Vorgänger, den sehr beliebten Uriel von Gemmingen, ein eindrucksvolles Grabdenkmal errichten. Albrecht verstand aber nicht, dass Uriels Beliebtheit im Volk daher gekommen war, weil er nur wenig prunksüchtig, dafür fleißig, gewissenhaft und pflichtbewusst gewesen war. Genau das, was den meisten Klerikern dieser Zeit fehlte, auch ihm selber. Diese Unkenntnis und seine dazu passende, prunkvolle Lebensweise sollten ihm später in seinem Leben noch große Schwierigkeiten bereiten.
Er ließ Uriel im Kreuzgang des Mainzer Doms beisetzen. Sein Grabdenkmal ist heute noch im Mittelschiff des Doms, am ersten nördlichen Pfeiler vor dem Stiftschor, zu besichtigen.
Aber sogar Albrechts Sorge um Uriels Grabstätte wurde ihm von seinen Kritikern zum Nachteil ausgelegt. Uriel war nämlich recht jung – mit sechsundvierzig Jahren – und ziemlich unerwartet gestorben. Nun schossen die Gerüchte ins Kraut.
Gerüchte, die für beide Bischöfe, den toten wie auch seinen Nachfolger, wenig schmeichelhaft waren.
Angeblich habe Uriel seinen Kellermeister auf dem Familiensitz in Gemmingen eines Nachts beim Weindiebstahl ertappt und ihn im Zorn erschlagen. Von Reue geplagt, habe er sich einige Tage danach auf den Weg nach Mainz gemacht, sei in der kalten Nacht im dichten Nebel alleine über den Rhein gerudert. Kurz darauf sei er krank geworden, wenig später gestorben.
Eine andere Version lautete, Uriel habe seinen Tod nur vorgetäuscht und sei heimlich nach Italien abgereist, wo er sich versteckt halte.
Und der erschlagene Kellermeister sei an seiner Stelle mit bischöflichen und fürstlichen Ehren und Pomp von Albrecht beigesetzt worden.
Wieder andere Stimmen behaupteten, Albrecht habe von der Sache vorher Wind bekommen, Uriel erpresst, um schneller Bischof von Mainz zu werden, und ihm sowohl bei der Flucht wie auch der Vertuschung des Mordes an dem Kellermeister geholfen.
Um sich bei seinen Schäfchen wieder lieb Kind zu machen und die bösen Gerüchte zu zerstreuen, begann er mit etwas, was beim Volk immer gut ankam: Er startete die Vertreibung der Juden aus Mainz. Der Versuch misslang jedoch gründlich.
Derweil saß Johannes Zink in Rom und überlegte, mit Auftrag Jakob Fuggers, welche Vorschläge er dem Papst unterbreiten könne, um dem frischgebackenen Mainzer und Magdeburger Bischof die Rückzahlung seiner enormen Schulden zu ermöglichen. Denn das Geld, so viel war klar, musste Bischof Albrecht ja von den Gläubigen eintreiben.
In Form eines Ablasses, so weit hatte er schon vorab mit Papst Leo geschachert.
Nur: Wo, wie und wie lange?
Fast fünfzigtausend Gulden waren eine unglaubliche Summe, für die hätte mancher nicht nur gemordet, sondern sogar einen Krieg angezettelt.
So gingen, kurze Zeit nach Albrechts Krönung, die unappetitlichen Verhandlungen zwischen Zink und Papst Leo X. weiter.
Zinks erste Forderungen wurden von Leo X. empört zurückgewiesen.
»Ein Ablass fürs ganze Reich! Seid Ihr jetzt komplett närrisch geworden?«
»Euer Heiligkeit, Ihr habt selbst dem hohen Preis für die drei Bistümer zugestimmt. Dazu gehört jedoch auch die Möglichkeit für die Hohenzollern, das Geld wieder hereinzubekommen.«
»Ihr übertreibt aber, mein lieber Zink.«
»Mitnichten übertreibe ich. Euch hat das Ganze nur eine läppische Unterschrift auf einem Stück Pergament gekostet. Und wir, das heißt, die Hohenzollern wie auch die Fugger, werden Euch überdies fürstlich am neuen Ablass beteiligen.«
Er sandte einen stechend-blauen Blick über den Verhandlungstisch. Jedoch, obwohl eigentlich alle Parteien von dem geplanten gigantischen Ablassgeschäft profitieren sollten, gestalteten sich die Verhandlungen zäh und langwierig. Papst Leo X.
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