Der Papstkäufer
die Fuggers Unterstützung ihm bot, Mitte Juni auf zur ersten großen, internationalen Disputation seines Lebens. Nach mehrtägigen Aufenthalten in Innsbruck wie Brixen, wo er beide Male von den ortsansässigen Fugger-Mitarbeitern betreut wurde, erreichte er in der ersten Juliwoche Oberitalien. Sein Reiseziel war nahe …
Seit Papst Julius II. neun Jahre zuvor Bologna zuerst belagert und dann ein wenig geplündert hatte, gehörte es zum Kirchenstaat und wurde de facto von Rom aus regiert. Wenn der Papst seinen Segen dazu erteilt hatte, konnten hier, in der Stadt mit der ältesten Universität der Welt, Disputationen zu jedem erdenklichen Thema stattfinden. Kein Einspruch war mehr möglich; kein noch so mächtiger Herr, sei er Bischof, Kardinal, König oder Kaiser, konnte ein Verbot darüber aussprechen. Zinks Interventionen bei Leo X. waren von Erfolg gekrönt gewesen. Dazu kam, er reiste gerne nach Bologna. Er mochte die Stadt, das fette Essen, den erstaunlichen Ausblick auf die gut hundertachtzig Geschlechtertürme – darunter mit dem ›Torre degli Asinelli‹ einen Turm, der erst mit Fertigstellung des Südturms des Wiener Stephansdomes seinen Rang als höchstes Gebäude Europas verloren hatte –, und letzten Endes liefen auch die Geschäfte in Bologna nicht schlecht.
Am 12. Juli 1515 platzte das Auditorium der weltberühmten Universität in der Hauptstadt der Emilia-Romagna aus allen Nähten. Nicht nur die Studenten drängten sich, um möglichst nahe an das Podium zu gelangen, auf dem neben Johannes Eck sieben weitere Männer saßen, um die Frage des kirchlichen Zinsverbotes zu debattieren. Auch Kaufleute und Juristen aus ganz Europa, Männer der Kurie aus Rom sowie sämtliches Lehrpersonal der Universität waren anwesend. Die Luft war geschwängert mit Gerüchten, an jeder Stelle wurde erregt diskutiert, bevor noch die eigentliche Veranstaltung eröffnet war.
Zink hatte sich einen günstigen Platz reserviert; einen Platz am Rand des Podiums, von dem er sowohl jedes Wort verstehen sollte wie auch einen guten Ausblick auf alle Disputanten hatte. Schließlich hatte er allen, immer unter vier Augen, ein üppiges Handgeld gegeben oder sie sonstwie gefügig gemacht, damit sie Johannes Ecks Ausführungen nicht zu schwer bekämpften; sein rhetorischer Sieg also umso triumphaler ausfallen sollte. Daher wollte er im Auge behalten, ob sich auch alle an seine Direktiven hielten. Es war im Grunde ein Leichtes gewesen, Ecks Opponenten für diesen einzunehmen.
Dort, auf dem Podium, saß, neben Eck, unter anderem der Augsburger Dominikanerprior Johann Faber, der Jakob Fugger durch einen besonderen Ablass zu Dank verpflichtet war, also gar keine Handsalbe benötigte. Weiterhin gab sich ein Herr Johann Dobeneck-Cochleus als Sekundant Fabers die Ehre, der, welch ein Zufall, ein Vetter von Zinks Adlatus Engelhard Schauer war. Ursprünglich hatte Johann Speiser, ein Stipendiat der Fugger-Gesellschaft, Eck opponieren sollen. Dieser Plan war aber als zu durchsichtig fallen gelassen worden. Neue ›Gegner‹ hatten her gemusst. Diese Juristen und Kaufleute als neue Opponenten für Eck waren jedoch sowieso, von Berufs wegen, pro Zins eingestellt, und überdies teilweise Kunden bei Zink und Fugger. Da waren von vorneherein nur Scheingefechte zu erwarten. Das wusste jedoch kaum jemand, außer dem kleinen Kreis der Eingeweihten um Johannes Zink und Jakob Fugger.
Die Universität war als Austragungsort für eine solch publikumswirksame Diskussion perfekt geeignet. Zum einen rühmte sie sich des ältesten Lehrstuhls der Rechtswissenschaft, zum anderen wurde Theologie dort nicht gelehrt, lediglich gewisse Aspekte des Kirchenrechts. Man hatte also viel zu gewinnen und so gut wie nichts zu verlieren.
Ecks Auftritt in Bologna geriet zum Spektakel. Zu einem Ereignis, das europaweit riesiges Aufsehen erregte. Er argumentierte geschickt, redete seine Gegner an die Wand, blamierte und düpierte die Theologen und plädierte in der wichtigsten, grundsätzlichsten aller Fragen für einen Zins von fünf Prozent. Der tosende Applaus kam von fast allen Seiten. Zink rieb sich die Hände. Diese nicht unbeträchtliche Investition dürfte sich rasend schnell auszahlen. Auch Jakob Fugger wäre sicher mehr als zufrieden. Der Sieg Ecks in dieser Disputation war offensichtlich, triumphal und öffentlichkeitswirksam.
Mit einem Mal standen Eck die Tore der wichtigsten Universitäten Deutschlands offen. In Tübingen und andernorts wurde er mit
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