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Der Papstkäufer

Der Papstkäufer

Titel: Der Papstkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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gegenüberzustehen. Zink hatte sich zuerst ein seidenes Einstecktuch besorgt, mit dem er sich fein säuberlich vor jeder Besprechung die Nase putzte. Sonst hatten sie den Rotz immer im Ärmel verrieben und die Tropfen, die wie Eiszapfen an der Nase herunterhingen, einfach zu Boden geblasen. Eine Woche später besaß auch Jakob Fugger sein erstes Taschentuch. Sie lernten den Umgang mit Zahnstochern, um ihre Zähne nach dem Essen dezent zu reinigen, anstatt auf schwäbische Art an der Tafel mit beiden Händen im offenen Mund herumzufingern. Auch hörten sie zur Gänze auf, sich das Ungeziefer von Kopf und Kleidung zu kratzen, stattdessen wuschen sie sich regelmäßiger als je zuvor. Die Frauen der Stadt dankten es ihnen mit erhöhter Aufmerksamkeit.
     
    Der venezianische Winter war kalt, ungewöhnlich kalt. Mit schöner Regelmäßigkeit fror alle zwölf Jahre die Lagune zu. So auch in diesem Winter. Was taten die Venezianer, als die Gondeln im Eis feststeckten und die Schiffe weit draußen vor Anker gehen mussten? Sie ließen sich nicht verdrießen. Es wurde gefeiert und gut gelebt wie sonst auch. Ein regelrechter Winterkarneval brach aus. Maskierte Reiter ritten über das Eis, Kutschen mit verkleideten Damen durchquerten die Kanäle auf dem Weg zu den Lustbarkeiten. Auf dem Eis neben dem Markusplatz fanden Ritterspiele statt. Die ganze Stadt war auf den Beinen, niemand verkroch sich frierend hinter dem Ofen.
    Fast wollten sie nicht weiterreisen nach Rom.
    Der Überfluss Venedigs blendete sie beide. Wein, gutes Essen – Wild, Geflügel und Gewürze, schöne Frauen – alles, was das Leben für vornehme, junge Männer lebenswert machte, hier war die Schatzkammer voll – und offen. Sie mussten nur zugreifen. Sogar der spröde Jakob ließ sich ab und an zu einer kleinen Extravaganz oder einer Schlemmerei hinreißen.
    »Lass uns hierbleiben und reich werden«, bat Zink seinen Juniorchef mehrmals eindringlich.
    »Das geht auch außerhalb von Venedig«, antwortete dieser.
    »In Rom liegt das Geld ebenso auf der Straße. Wir müssen es nur aufheben.«
    Zudem fürchtete der Fugger sich vor der Pest, die die Lagunenstadt mit schöner Regelmäßigkeit heimsuchte.
     
    Murrend reiste Zink mit Jakob schließlich weiter in die Ewige Stadt. Wenn Rom auch im Mittelalter Jahrhundert für Jahrhundert an Glanz verloren hatte und längst nicht mehr die ruhmreiche Millionenstadt der Antike darstellte, reich war es allemal noch. Wenngleich auf dem Forum Romanum die Kühe und Ziegen grasten, von den übrig gebliebenen sechzigtausend Einwohnern lebten viele im Umfeld des Vatikans in Saus und Braus. Sie stiegen ab im Gasthaus ›Zum Goldenen Kopf‹, dessen Besitzer ein Bekannter aus Augsburg war.
    Die beiden jungen Männer waren auch von dieser Stadt fasziniert, ganz gleich, wie sehr sie von erfahrenen Reisenden vorher gewarnt worden waren. Die Gerüche nahmen sie zuerst wahr, weil sie so ganz anders waren als im heimatlichen Augsburg. Diese Mischung aus Gewürzen und Kräutern – Pfeffer, Kardamom, Basilikum –, dem fischigen Aroma des Tibers, dem Blut der Schlachter, die ihre Ware, an Haken hängend, auf der Straße präsentierten, den Kloaken, deren Gestank je nach Wetterlage um die Häuser zog, dem Schweiß unzähliger Menschen, vermischt mit dem Duft erlesener Hölzer, den Rosenwässerchen der zahlreichen Prostituierten und Lustknaben, dem Essengeruch der vielen einfachen Garküchen, es war ganz einfach unwiderstehlich.
    Rom hatte mehr und tiefere Abgründe als andere, weitaus größere Städte. Viertel mit düsteren Gassen, voller Lasterhöhlen, denen keine menschlichen Begierden fremd waren. Johannes Zink sollte in seinem späteren Leben noch reichlich Gelegenheit erhalten, Bekanntschaft mit den dunklen Seiten der Ewigen Stadt zu machen.
    Vorerst kamen die beiden Fremdlinge mit einer Mischung aus Vorsicht und Frechheit über die Runden. Sich nichts gefallen zu lassen, gleichzeitig sich so bald wie möglich in Rom gut auskennen zu müssen, das war überaus wichtig. Sie lernten schnell.
     
    Die römische Filiale der Firma Fugger wurde geleitet von einem Mann namens Jakobus de Doffis, einem Kleriker aus Florenz.
    »Hier, im Herzen des Christentums, lässt du deine Interessen am besten von einem Mann des Glaubens vertreten«, erklärte Jakob mit aller religiösen Ernsthaftigkeit, zu der er fähig war. Währenddessen hatte der eher nüchtern denkende Zink sogleich die Vorteile dieses Arrangements erkannt. Er scherte sich nicht um

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