Der Partner
Spaß macht, ist die Planung, pflegte er immer zu sagen.
Cutter bestellte eine Diet Coke und einen Doughnut mit Schokoladenglasur. Er war nicht im Dienst und trug deshalb anstelle des üblichen dunklen Anzugs Jeans und ein NoFear-T-Shirt mit dem Aufdruck LOSING is not an Option. Ein herablassendes Grinsen fiel ihm von Natur aus leicht, aber jetzt, wo sie die Frau gefunden und in ihrem Gewahrsam hatten, war er besonders überheblich.
Sandy verzehrte ein Schinkensandwich mit vier großen Bissen. Es war fast neun Uhr abends. Er hatte mit Patrick im Krankenhaus zu Mittag gegessen, und das war sehr lange her. »Wir sollten uns einmal ernsthaft unterhalten«, sagte er. Der Laden war überfüllt, er sprach sehr leise.
»Ich höre«, sagte Cutter.
Sandy schluckte, wischte sich den Mund ab, beugte sich noch weiter vor und sagte: »Fassen Sie das nicht falsch auf, aber wir müssen in die Sache eine Nummer größer einsteigen.«
»Das bedeutet was genau?«
»Wir müssen Ihre Vorgesetzten in Washington mit einbeziehen.«
Cutter dachte einen Augenblick darüber nach und beobachtete dabei den Verkehr auf dem Highway 90. Der Golf war ungefähr hundert Meter entfernt.
»Okay«, sagte er. »Überraschen Sie mich.«
Sandy blickte sich flüchtig um. Kein Mensch schaute auch nur beiläufig in ihre Richtung. »Was ist, wenn ich beweisen kann, dass Aricias Anspruch in Sachen Platt & Rockland betrügerisch war; dass er mit der Kanzlei Bogan konspiriert hat, um die Regierung zu betrügen, und dass Bogans Cousin, der Senator, an dieser Konspiration beteiligt war und diskret mit etlichen Millionen Dollar hätte bedacht werden sollen?«
»Das ist nicht ihr Ernst.«
»Ich kann es beweisen.«
»Eine wundervolle Story. Und wenn wir sie kaufen, dann sollen wir vermutlich Mr. Lanigan eine Art Wiedergutmachung zukommen lassen. Und überhaupt, wie wäre es wenn wir ihn einfach laufen ließen.«
»Durchaus eine Möglichkeit.«
»Nicht so hastig. Da ist immer noch die Sache mit dem Toten.«
Cutter biss ein Stück von seinem Doughnut ab und kaute gedankenverloren darauf herum. »Was für Beweise haben Sie?«
»Dokumente, Aufzeichnungen von Telefongesprächen, alles mögliche.«
»Vor Gericht zulässig?«
»Das meiste davon.«
»Genug für eine Verurteilung?«
»Einen ganzen Karton voll.«
»Wo ist der Karton?«
»Im Kofferraum meines Wagens.«
Cutter warf unwillkürlich einen Blick über die Schulter in Richtung des Parkplatzes. Dann schaute er wieder Sandy an. »Ist das das Material, das Patrick gesammelt hat, bevor er es vorzog, für die Welt zu sterben?«
»So ist es. Er bekam Wind von der Aricia-Sache. Die Kanzlei hatte vor, ihn hinauszuwerfen, also fing er an, sehr geduldig, Belastungsmaterial zusammenzutragen.«
»Kaputte Ehe etc. etc., also nahm er das Geld und haute ab.«
»Nein. Erst haute er ab, dann nahm er das Geld.«
»Auch gut. Und jetzt verspürt er das dringende Bedürfnis einen Handel mit uns abzuschließen, stimmt’s?«
»Würden Sie an seiner Stelle nicht dasselbe tun?«
»Und was ist mit dem Mord?«
»Das ist Sache des Staates Mississippi und betrifft Sie nicht. Darum werden wir uns später kümmern.«
»Wir könnten es zu unserer Sache machen.«
»Wohl kaum. Sie haben die Anklage wegen des Diebstahls der neunzig Millionen. Der Staat Mississippi hat die Anklage wegen vorsätzlichen Mordes. Pech für Sie, aber das FBI kann sich jetzt nicht einmischen und eine Mordanklage erheben.«
Aus genau diesem Grund hasste Cutter Anwälte. Sie ließen sich nicht leicht bluffen.
Sandy fuhr fort: »Hören Sie, dieses Gespräch hat lediglich halboffiziellen Charakter für mich. Ich sondiere nur die Lage und will hier nicht zu weit gehen. Aber ich bin durchaus gewillt, gleich morgen früh ein paar Leute in Washington anzurufen. Ich dachte eigentlich, wir sollten vorher miteinander reden, und hatte gehofft, Sie überzeugen zu können, dass mein Mandant und ich zu einem Handel bereit sind. Es liegt alles bei Ihnen.«
»Wen wollen Sie haben?«
»Jemanden, der über die nötigen Kompetenzen verfügt. FBI und Justizministerium. Wir treffen uns irgendwo in einem großen Raum, und ich lege die Karten auf den Tisch.«
»Lassen Sie mich mit Washington reden. Aber gnade Ihnen Gott, wenn das nicht hält, was es verspricht.«
Sie wechselten einen kurzen Händedruck, und Sandy ging.
EINUNDDREISSIG
Mrs. Stephano konnte wieder schlafen. Diese lästigen jungen Männer in den dunklen Anzügen hatten ihre Straße verlassen,
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