Der Partner
Eröffnung eines Konkursverfahrens. Nach seinem Tod stand sein Name, wie es sich gehörte, auf dem Briefbogen: Patrick S. Lanigan, 1954-1992. Er war in der rechten oberen Ecke aufgeführt, direkt über den Anwaltsgehilfen. Dann kamen die Gerüchte auf und nahmen kein Ende. Es dauerte nicht lange, bis jedermann überzeugt war, dass er das Geld genommen hatte und verschwunden war. Nach drei Monaten glaubte an der Golfküste niemand mehr, dass er tot war. Sein Name verschwand aus dem Briefkopf, während die Schulden der Kanzlei wuchsen.
Die übrigen vier Partner waren noch immer zusammen, durch die Zwänge des Konkursverfahrens aneinander gekettet. Sie hatten die Hypotheken und die Bankverpflichtungen gemeinsam unterschrieben, damals, als sie erfolgreich waren und beträchtlicher Reichtum in greifbare Nähe rückte. Sie waren Beklagte in mehreren aussichtslosen Gerichtsverfahren gewesen; daher der Antrag auf Konkurs. Seit Patricks Verschwinden hatten sie auf jede nur erdenkliche Art versucht, voneinander loszukommen, ohne Erfolg. Zwei von ihnen waren schwere Alkoholiker, die in der Kanzlei hinter verschlossenen Türen heimlich tranken, aber nie gemeinsam. Die anderen beiden hatten je einen Entzug hinter sich, drohten aber immer noch rückfällig zu werden.
Er hatte ihnen ihr Geld weggenommen. Ihre Millionen. Geld, das sie schon lange, bevor es eingegangen war, ausgegeben hatten, wie nur Anwälte es können. Geld für ihr kostspielig renoviertes Bürogebäude in der Innenstadt von Biloxi. Geld für neue Häuser, Jachten, Eigentumswohnungen in der Karibik. Das Geld war unterwegs, zuerkannt, die Papiere unterschrieben, Aufträge erteilt; sie konnten es sehen, es riechen, es fast anfassen, als ihr toter Partner es ihnen in der letztmöglichen Sekunde wegschnappte.
Er war tot. Sie beerdigten ihn am 11. Februar 1992. Sie hatten die Witwe getröstet und seinen niederträchtigen Namen auf ihren beeindruckenden Briefbogen gesetzt. Trotzdem hatte er sechs Wochen später ihr Geld gestohlen.
Sie waren sich darüber in die Haare geraten, wer Schuld hatte. Charles Bogan, der Seniorpartner und die eiserne Hand der Kanzlei, war derjenige gewesen, der darauf bestanden hatte, dass das Geld von seinem Ursprungsort auf ein neues Konto außerhalb der Vereinigten Staaten überwiesen wurde. Das erschien nach einiger Diskussion auch den anderen vernünftig. Es waren immerhin neunzig Millionen Dollar, von denen die Kanzlei ein Drittel behalten würde, und es wäre unmöglich gewesen, diese Menge Geld in Biloxi zu verstecken, einer Stadt mit fünfzigtausend Einwohnern. Irgend jemand in der Bank hätte ganz sicher geredet. Bald würde jedermann es wissen. Alle vier gelobten Verschwiegenheit, selbst dann noch, als sie bereits Pläne schmiedeten, soviel von ihrem neuen Reichtum wie möglich zur Schau zu stellen. Es war sogar von einem Firmenjet die Rede gewesen, einem mit sechs Sitzen.
Also musste Bogan seinen Teil der Schuld auf sich nehmen. Mit neunundvierzig war er der älteste der vier und, im Augenblick, der stabilste. Er war vor neun Jahren auch für die Einstellung von Patrick verantwortlich gewesen, was ihm ebenfalls eine Menge Vorwürfe der anderen Partner eingetragen hatte.
Doug Vitrano, der auf Prozessführung spezialisierte Anwalt, hatte den verhängnisvollen Vorschlag gemacht, Patrick als fünften Partner aufzunehmen. Die anderen drei hatten zugestimmt, und als Lanigans Name in den Firmennamen eingegangen war, hatte dieser Zugang zu praktisch jeder Akte im Büro. Bogan, Rapley, Vitrano, Havarac und Lanigan, Rechtsanwälte. Eine große Anzeige im Branchenbuch erklärte sie zu »Spezialisten für heikle Fälle in Übersee«. Spezialisten hin oder her, wie die meisten Kanzleien übernahmen sie fast alles, wenn das Honorar nur lukrativ genug war.
Massenhaft Sekretärinnen und Anwaltsgehilfen. Hohe Betriebskosten und die besten politischen Verbindungen an der Golfküste. Eine der ersten Adressen also.
Sie waren alle Mitte bis Ende Vierzig.
Havarac war von seinem Vater auf einem Fischkutter großgezogen worden. Seine Hände waren immer noch schwielig, worauf er stolz war, und er träumte davon, Patrick zu würgen, bis dessen Genick brach.
Rapley litt unter schweren Depressionen und verließ sein Haus nur noch selten, wo er in einem düsteren Büro auf dem Dachboden Schriftsätze verfasste.
Bogan und Vitrano saßen an ihren Schreibtischen, als Agent Cutter kurz nach neun das Gebäude am Vieux Marche in der Altstadt von Biloxi
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