Der Partner
Natürlich meine ich das ernst.«
»Es könnte riskant sein. Der Anwalt ist nicht dumm. Und sein Mandant ist ein sehr vorsichtiger Mensch.«
»Keine Ausflüchte, Jack. Angeblich sind Sie doch der Beste. Der Teuerste sind Sie ja auf jeden Fall.«
»Wir werden erst einmal ein bisschen Vorarbeit leisten - den Anwalt ein paar Tage beschatten, seine Umgebung in Augenschein nehmen. Es besteht kein Grund zur Eile. Sein Mandant bleibt fürs erste, wo er ist. Im Augenblick geht es mir vor allem darum, mir das FBI vom Hals zu schaffen. Ich muss nämlich ein paar ganz triviale Dinge tun, mein Büro wieder aufmachen und die Wanzen in meinen Telefonen loswerden.«
Aricia schwenkte wegwerfend die Hand. »Wieviel wird es mich kosten?«
»Das weiß ich nicht. Darüber reden wir später. Es ist Zeit. Die Anwälte warten.«
Stephano ging als erster, zu Fuß, und winkte den beiden Agenten, die in der Nähe des Hotels, in der I Street, im Parkverbot standen, höflich zu. Er beeilte sich, zur sieben Blocks entfernten Kanzlei seines Anwalts zu kommen. Benny wartete zehn Minuten und bestieg dann ein Taxi.
Stephano verbrachte den Nachmittag in einem mit Anwälten und Anwaltsgehilfen überfüllten Konferenzzimmer. Die Vereinbarungen wurden zwischen den Anwälten - denen von Stephano und denen des FBI - hin- und hergefaxt. Schließlich bekamen beide Seiten, was sie wollten. Die Anklagen gegen Stephano wurden fallengelassen, und es würden auch keine gegen seine Klienten erhoben werden. Das FBI erhielt im Gegenzug sein schriftliches Versprechen, alles zu offenbaren, was er über die Suche nach Patrick Lanigan und dessen Gefangennahme wusste.
Stephano hatte die Absicht, das meiste von dem, was er wusste, zu erzählen. Die Suche war vorüber; deshalb hat er nichts mehr zu verbergen. Das Verhör hatte wenig zu tage gefördert, lediglich den Namen einer brasilianischen Anwältin, die das Geld hatte. Jetzt war sie verschwunden und er bezweifelte stark, dass das FBI die Zeit und den Willen hatte, sie aufzuspüren. Weshalb sollten sie auch? Schließlich ging es nicht um ihr Geld. Und obwohl er sich alle Mühe gab, es sich nicht anmerken zu lassen, lag ihm sehr viel daran, das FBI wieder loszuwerden. Mrs. Stephano hatte das Ganze sehr mitgenommen, und der Druck zu Hause war enorm. Zudem war ihm schmerzhaft klar, dass er aus dem Geschäft sein würde, wenn er sein Büro nicht schnell wieder aufmachen konnte.
Also nahm er sich vor, ihnen alles zu sagen, was sie hören wollten, jedenfalls das meiste davon. Er würde Bennys Geld nehmen, das, was davon noch übrig war, und noch eine Weile nach der Frau suchen. Vielleicht hatte er ja Glück. Und er würde ein paar Männer zur Überwachung von Lanigans Anwalt nach New Orleans schicken. Von diesen kleinen Details brauchte das FBI nichts zu wissen.
Da es im Bundesgebäude in Biloxi keinen Quadratzentimeter freien Raum gab, bat Cutter Sheriff Sweeney, ihm ein Zimmer im County- Gefängnis zur Verfügung zu stellen. Sweeney erklärte sich widerstrebend dazu bereit, obwohl ihm der Gedanke, dass das FBI geraume Zeit in seinen Amtsräumen zubringen würde, nicht sonderlich behagte. Er ließ einen Archivraum ausräumen und einen Tisch und ein paar Stühle hineinstellen. Das Lanigan- Zimmer war geboren.
Es gab nur wenig darin unterzubringen. Niemand hatte einen Mordverdacht gehegt, als Patrick starb, und deshalb hatte auch niemand versucht, irgendwelche Beweise sicherzustellen, zumindest nicht während der ersten sechs Wochen. Als dann das Geld verschwand, kam zwar ein Verdacht auf, aber inzwischen gab es kaum noch verwertbare Spuren.
Cutter und Ted Grimshaw, der Chefermittler von Harrison County, sichteten und katalogisierten ihr mageres Beweismaterial. Da waren zehn große Farbfotos von dem ausgebrannten Chevy Blazer.
Grimshaw hatte sie aufgenommen. Sie hefteten sie an eine Wand.
Das Feuer war extrem heiß gewesen; jetzt wussten sie, weshalb. Patrick hatte zweifellos Plastikkanister mit Benzin in den Innenraum gepackt. Das würde das geschmolzene Aluminium der Sitzrahmen erklären, die herausgeflogenen Scheiben, das völlig zerstörte Armaturenbrett und die spärlichen Überreste des Toten. Es gab sechs Fotos von der Leiche, falls man sie überhaupt als solche bezeichnen konnte - ein kleiner Haufen verkohlter Materie, aus der ein halber Beckenknochen herausragte. Er hatte auf dem Boden der Beifahrerseite gelegen. Der Blazer hatte sich mehrmals überschlagen, nachdem er vom Highway abgekommen war, war
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