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Der Partner

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Titel: Der Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hatten ihm alles Gute gewünscht und über das viele Geld philosophiert. Die Zeit verging und mit ihr das Spektakuläre seines Verschwindens. Nachdem sie sein Leben in allen Einzelheiten ausführlichst besprochen hatten, fanden die Zusammenkünfte seltener und dann schließlich überhaupt nicht mehr statt. Monate wurden zu Jahren. Patrick würde wohl für immer verschwunden bleiben. Karl fiel es immer noch schwer, das Gegenteil zu glauben. Er trat in den Fahrstuhl und fuhr allein in den zweiten Stock des Krankenhauses hinauf.
    Er fragte sich insgeheim, ob er Patrick jemals aufgegeben hatte. Die beinahe sagenumwobenen Ereignisse waren einfach zu faszinierend, als dass man ihnen und ihrem Bann hätte entrinnen können.
    Ein schlechter Tag am Richtertisch, und er stellte sich sofort Patrick an irgendeinem sonnigen Strand vor, einen Roman lesend, einen Drink genießend, den Mädchen nachschauend. Ein weiteres Jahr ohne Gehaltserhöhung, und er fragte sich, was wohl aus den neunzig Millionen geworden war. Das neueste Gerücht über den Untergang der Bogan-Kanzlei, und er machte Patrick für das Elend dort verantwortlich. Nein, die Wahrheit war, dass Karl aus dem einen oder anderen Grunde mindestens einmal am Tag an Patrick gedacht hatte, und dies jeden Tag, seitdem dieser verschwunden war.
    Es waren keine Schwestern oder andere Patienten auf dem Flur. Die beiden Deputies erhoben sich, als sie ihn sahen. Einer sagte: »Guten Abend, Richter.« Er erwiderte den Gruß und betrat das abgedunkelte Zimmer.

    DREIUNDZWANZIG
    Patrick saß mit freiem Oberkörper auf dem Bett und schaute sich bei heruntergelassenen Jalousien
    »Jeopardy« an. Eine Stehlampe erleuchtete nur spärlich den Raum »Setzen Sie sich dorthin«, sagte er zu Karl und deutete auf das Fußende seines Bettes. Er wartete ab, bis Karl die Brandwunden auf seiner Brust gesehen hatte, dann streifte er rasch ein T-Shirt über. Das Laken reichte ihm bis zur Taille.
    »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte er. Er schaltete den Fernseher aus, und im Zimmer wurde es noch dunkler.
    »Ziemlich üble Brandwunden«, sagte Karl, während er sich, so weit weg von Patrick wie möglich, auf der Bettkante niederließ. Dieser zog die Knie an. Unter dem Laken wirkte er noch immer erbärmlich mager.
    »Es war schlimm«, sagte er mit um die Knie geschlungenen Händen. »Der Doktor sagt, die Heilung mache gute Fortschritte. Aber ich muss noch eine Weile hierbleiben.«
    »Damit habe ich kein Problem, Patrick. Niemand schreit danach, Sie ins Gefängnis zu überführen.«
    »Noch nicht. Aber ich wette, die Presse wird bald damit anfangen.«
    »Keine Sorge, Patrick. Diese Entscheidung wird von mir getroffen werden.«
    Er wirkte erleichtert. »Danke, Karl. Sie wissen, das Gefängnis würde ich nicht überleben. Sie kennen es.«
    »Und was ist mit Parchman? Dort ist es noch hundertmal schlimmer.«
    Es folgte eine lange Pause, in der Karl sich wünschte, diese Worte zurücknehmen zu können. Sie waren spontan gewesen - und grausam. »Tut mir leid«, sagte er. »Das war unangebracht.«
    »Ich würde mich eher umbringen, als dass ich nach Parchman gehe.«
    Daraus kann ich Ihnen keinen Vorwurf machen. Lassen Sie uns von etwas Erfreulicherem reden.«
    »Sie können diesen Fall nicht behalten, stimmt’s, Karl?«

    »Nein. Selbstverständlich nicht. Ich muss ihn aus Gründen der Befangenheit abgeben.«
    »Wann?«
    »Sehr bald.«
    »Wer wird ihn bekommen?«
    »Entweder Trussel oder Lanks, vermutlich Trussel.« Karl musterte ihn eindringlich. Patrick wich seinem Blick aus. Karl erwartete ein vielsagendes Flackern der Augen, ein Grinsen, einen Lachanfall, erwartete, dass Patrick seinen Gefühlen endlich freien Lauf ließ und sich mit seinen Eskapaden brüstete. »Nun komm schon, Patrick«, hätte Karl gern gesagt. »Heraus mit der Sprache. Erzähl mir die ganze Geschichte.«
    Aber dessen Augen waren in weite Ferne gerichtet. Das war nicht der Patrick, den er von früher her kannte.
    Karl fühlte sich zu einem Versuch gedrängt. »Wo haben Sie dieses Kinn her?«
    »Ich habe es in Rio gekauft.«
    »Und die Nase?«
    »Gleicher Ort, gleiche Zeit. Gefällt sie Ihnen?«
    »Sie steht Ihnen.«
    »In Rio gibt es an jeder Straßenecke einen Drive-thru für plastische Chirurgie.«
    »Ich habe gehört, dort gibt es auch Strände.«
    »Phantastische Strande.«
    »Haben Sie dort Frauen kennengelernt?«
    »Ein paar.«
    Das Thema Sex hatte bei Patrick nie eine große Rolle gespielt. Es machte ihm Spaß, einer

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