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Der Partner

Der Partner

Titel: Der Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Hause. So war er bereits drei Jahre nach seinem Eintritt in die Firma Partner geworden, aber das wussten außerhalb der Kanzlei nur wenige. Patrick hatte es Karl eines Tages nach einer Gerichtssitzung ohne viel Aufhebens zugeflüstert.
    Er war stets erschöpft und stand unter enormem Stress, aber das galt für die meisten Anwälte, die Karls Gerichtssaal betraten. Die merkwürdigsten Veränderungen an Patrick betrafen seinen Körper. Er war ein Meter achtzig groß, und er sagte, er wäre nie schlank gewesen. Er behauptete, während des Studiums viel gejoggt zu haben, zeitweise vierzig Meilen pro Woche. Doch als vielbeschäftigter Anwalt - wo sollte er da die Zeit hernehmen? Er nahm anfangs nur langsam zu. Aber in seinem letzten Jahr in Biloxi explodierte er förmlich. Die Witze und Kommentare der Leute, mit denen er bei Gericht zu tun hatte, schienen ihm nichts auszumachen. Karl hatte ihm mehr als nur einmal wegen seiner Eßgewohnheiten Vorwürfe gemacht, aber Patrick aß weiter. Er schien wie besessen. Einen Monat vor seinem Verschwinden erzählte er Karl beim Lunch, dass er hundertfünfzehn Kilo wiege und Trudy ihm deswegen die Hölle heiß machen würde. Sie hatte ihren täglichen Workout mit Jane Fonda und war selbstverständlich schlank wie ein Model.
    Er sagte, er hätte einen viel zu hohen Blutdruck, und versprach, Diät zu halten. Karl riet ihm zu.
    Später fand er heraus, dass Patricks Blutdruck die ganze Zeit über normal gewesen war.
    Jetzt, wo sie darüber nachdachten, bedurften Gewichtszunahme und -verlust keiner weiteren Erklärung.
    Und dann der Bart. Er hatte um den November 1990 herum damit begonnen, ihn sich wachsen zu lassen, und behauptet, es sei sein Jägerbart. Ein derartiger Gesichtsschmuck war bei den Liberalen und den Anwälten in Mississippi nichts Ungewöhnliches. Die Luft war kühl. Der Testosteronspiegel war hoch. Es war eindeutig eine Männersache. Er weigerte sich standhaft, ihn abzunehmen, was Trudy in den schieren Wahnsinn trieb. Je länger er ihn trug, desto grauer wurde der Bart. Seine Freunde gewöhnten sich daran. Sie nicht.
    Er ließ auch sein Haar wachsen. Karl nannte es spöttisch den Jimmy-Carter-Look von 1976. Patrick gab vor, ihm sei sein Friseur abhanden gekommen und er habe bisher noch keinen vertrauenswürdigen Ersatz gefunden.
    Er kleidete sich korrekt und konnte mit seinem Gewicht gut umgehen, aber er war ganz einfach zu jung, um sich derart gehen zu lassen.
    Drei Monate vor seinem Checkout aus Biloxi gelang es Patrick, seine Partner davon zu überzeugen, dass eine Kanzlei ihrer Größenordnung eine eigene Werbebroschüre brauchte. Es war kein spektakuläres Projekt, aber eines, das er mit sehr viel Elan in die Tat umsetzte. Ohne dass Patrick eigentlich etwas davon wissen konnte, näherte sich der Aricia-Vergleich seinem Abschluss. Das Geld war schon fast in Reichweite. Aus diesem Grund blähten sich die Egos dort von Tag zu Tag mehr auf.
    In den Augen der anderen Partner war eine sehr seriöse Kanzlei auf dem besten Wege eine sehr reiche zu werden, also weshalb dann nicht eine professionell gestaltete Selbstdarstellung, die Eindruck machen würde? Außerdem war es eine Methode, Patrick bei Laune zu halten. Alle fünf saßen einem Berufsfotografen einzeln Modell und verbrachten eine Stunde mit Aufnahmen für ein Gruppenbild.
    Patrick ließ fünftausend Exemplare drucken und kassierte für das Ergebnis hohes Lob von den Partnern. Da war er nun, auf Seite zwei, sehr beleibt, bärtig und mit buschigem Haar; er hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem Patrick, den sie später in Brasilien aufspüren sollten.
    Als sein Tod gemeldet wurde, verwendete die Presse besagtes Foto aus der Broschüre. Es war aktuell, und ganz zufällig hatte Patrick, für den Fall, dass die Kanzlei inserieren sollte, ein Exemplar der Broschüre an die Lokalzeitung geschickt. Sie hatten bei ihren nachmittäglichen Zusammenkünften in Mary Mahoney’s Restaurant herzlich darüber gelacht. Sie konnten sich nur zu gut vorstellen, wie Patrick die Fotosession im Konferenzzimmer der Kanzlei organisiert hatte. Sie sahen es direkt vor sich, sahen, wie Bogan und Vitrano, Rapley und Havarac in ihren dunklen marineblauen Anzügen und mit ihrem seriösesten Lächeln in die Kamera blickten, während Patrick die ganze Zeit über nur seinen Abgang im Auge hatte.
    In den Monaten danach hatte die Gruppe in Mary Mahoney’s Restaurant viele Male auf Patrick angestoßen und das Spiel »Wo-könnte-er-sein?« gespielt. Sie

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