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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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über die Klugheit seines adligen Freundes nicht wunderte.
    »Ich habe gewusst, dass du schnell dahinterkommen würdest. Somit ist dir auch klar, dass hier in Staufen nur der Totengräber derart viel Geld und Schmuck in seinem Beutel haben kann«, folgerte er, bevor er die nächsten Dinge ansprach. »Gut, diese Rosenkränze mögen auch kein richtiger Beweis dafür sein, dass der Lederbeutel dem Totengräber gehört, da ja gerade in der heutigen Zeit jeder eine Gebetskette bei sich trägt. Aber wer schleppt schon so viele mit sich herum?«
    »Genau neun Stück … und offensichtlich verschiedenster Machart und Herkunft. Dies ist genauso auffällig, wie die eindeutig getragenen Ringe und Ketten, die Verstorbenen abgenommen worden sein könnten«, ergänzte der Kastellan.
    »Etwa Pesttoten?«
    »Wer weiß … « Nepomuk wollte die Sache immer noch spannend machen, bevor er die Materialsichtung beendete, um zur endgültigen Beweisführung zu kommen und zum Finale furioso anzusetzen, indem er geheimnisvoll flüsterte: »So, jetzt haben wir noch diesen Schlüssel.«
    »Weißt du auch, wohin der gehört?«
    Der Mönch grinste. »Selbstverständlich: Zum Türchen der St. Martins-Kapelle im Friedhof!«
    Jetzt erst erkannte der Kastellan den Schlüssel wieder, den er Ruland Berging bei dessen Amtsantritt persönlich übergeben hatte.
    »Wo du den Beutel gefunden hast, brauche ich dich jetzt sicher nicht mehr zu fragen«, warf er in den Raum.
    Nepomuk nickte betroffen. »Unweit der Stelle, an der dein Sohn in den Tod gestürzt ist … oder besser gesagt: gestürzt wurde.«
    Obwohl der trauernde Vater dies bereits ahnte, blickte er seinen Freund ungläubig an. »Was sagst du da?«
    »Es tut mir leid, Ulrich, aber ich kann es beweisen. Nachdem ich den Lederbeutel geöffnet habe, bin ich nochmals zur Südmauer, um dort alles genauestens zu untersuchen.«
    »Und? »
    Nepomuk legte stumm ein kleines Behältnis auf den Tisch und bekundete gesenkten Hauptes nochmals sein Bedauern.
    Der Kastellan öffnete das Schächtelchen und sah darin ein paar blutverklebte Haare. Diederichs Haare.
    »Obwohl die Mauer vermutlich abgewischt wurde, habe ich daran noch … «
    An dieser Stelle musste der Hüne eine kurze Pause einlegen, bevor er das Unglaubliche zu Ende sprach: »…Blutreste gefunden, an denen diese Haare geklebt sind. Dabei kann es sich nur um das Blut deines Sohnes handeln.«
    Der Kastellan nahm das verklebte Büschel vorsichtig heraus und legte es sanft in eine seiner Hände, bevor er nickte. »Ja, das sind Diederichs Haare.« Er ballte die Faust, in der er sie hielt, und schrie: »Ich töte dieses Schwein!«
    Selbst erschrocken über den heiligen Zorn, der ihn überkommen hatte, dachte er jetzt an Konstanze. Er stand auf und ging zur Schlafkammer, um nach ihr zu sehen. Als er merkte, dass die Tür einen Spalt weit geöffnet war, schwante ihm Schreckliches. Er streckte seinen Kopf vorsichtig hinein und sah sie – aufrecht sitzend, ein Kissen mit den Armen gleichzeitig so fest und doch so zart umschlingend, dass er wusste, wen sie da in ihren Armen zu halten glaubte. Als er etwas sagen wollte, kam sie ihm mit unerwartet scharfem Ton zuvor: »Du musst Lodewig finden, … und wenn er tot ist, such seinen Mörder und bring ihn von mir aus um!«
    Ulrich erschrak über das, was er gerade von seiner in solchen Dingen sonst so besonnen denkenden Frau gehört hatte. Er ging zu ihr, setzte sich auf die Kante ihres Lagers, nahm sie zärtlich in den Arm und wiegte sich mit ihr, wie sie es stets mit ihren Kindern getan hatte, wenn sie nicht einschlafen konnten oder krank gewesen waren.
    »Entschuldigung«, hörte er sie leise sagen.
    »Ist schon gut, meine Liebe. Es ist einfach zu viel für dich. Ich verspreche dir, Lodewig zu finden. Und sollte ihm tatsächlich ein Leid geschehen sein, werde ich seinen Mörder mit aller mir zur Verfügung stehenden Macht suchen, finden und der Gerechtigkeit zuführen. Ich werde mich aber nicht mit ihm gleichstellen und mich ebenfalls zum Todesengel aufschwingen.«
    Konstanze war über das, was sie vorher geäußert hatte, selbst entsetzt und wusste, dass sie von ihrem Mann etwas unglaublich Schreckliches verlangt hatte. Sie begann, haltlos zu weinen.
    »Versprichst du mir das, Ulrich?«, schluchzte sie. »Ich meine, Lodewig gesund nach Hause zu bringen.«
    »Schhht … Ganz ruhig, mein Schatz. Ihm wird schon nichts geschehen sein. Und jetzt versuch zu schlafen.«
    »Ja«, hauchte die besorgte Mutter, während

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