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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Lodewigs Leiche doch irgendwo sein. Wir haben sogar das Ufer der Weißach abgesucht und nichts gefunden«, versuchte Nepomuk, seinen Freund zu beruhigen.
    »Aber wo ist dieser vermaledeite Totengräber? Wir müssen ihn schnellstens finden, bevor er … «
     
    Nicht nur der Kastellan drohte aus Sorge um seinen Sohn verrückt zu werden. Auch Ruland Berging, der sich im Innern des Stadels leise an die südliche Wandseite geschlichen hatte, vor der die beiden saßen, wurde schier wahnsinnig vor Angst. Sein Ohr wurde nur durch die von Astlöchern übersäten Schwertlinge der Stadelwand von den Hinterköpfen der beiden getrennt. So verstand er jetzt jedes Wort. Er malte sich aus, was geschehen würde, wenn man ihn jetzt entdeckte: Der Riese würde mich wohl mit einem Arm hochhalten und in der Luft verhungern lassen … oder noch an Ort und Stelle erwürgen.
    Trotz seines völlig sinnlosen, aber unbezähmbaren Hasses auf alle Dreylings von Wagrain hatte der Totengräber im Moment andere Sorgen, als an das zu denken, was er mit Lodewig vorhatte. Seine Gedanken drehten sich jetzt nur noch darum, das eigene Leben zu sichern. Dies gedachte er zu tun, indem er sich – nachdem er mit seinem Opfer fertig sein würde – schleunigst aus Staufen in Richtung des Moosmannhofes schleichen würde, um heimlich sein dort abgestelltes Pferd zu holen. Da er trotz seiner längst schon aufgekommenen, jetzt aber gewaltig verstärkten Angst keinesfalls ohne sein beträchtliches Vermögen, das er im vergangenen halben Jahr angehäuft hatte, abhauen wollte, musste er dies zuvor aus seinem sicher gewähnten Versteck holen. Klugerweise hatte er sein ergaunertes Geld und den Schmuck außerhalb des Dorfes, auf halbem Weg zum Unterstand seines wertvollen Pferdes, vergraben. Also dürfte er mit etwas Glück ungesehen an seinen Schatz gelangen. Was seinen Geldbeutel anbelangte, so hatte er sich offensichtlich nicht so klug verhalten. Jedenfalls war ihm dieser irgendwie abhanden gekommen. Da er aber nicht wusste, wo er ihn verloren hatte oder ob er ihm gar gestohlen worden war, hatte er längst aufgegeben, dem nachzusinnen … auch wenn ihm dies immer noch stank. Ihm war klar, dass er ihn niemals wiederbekommen würde, selbst wenn ihn jemand gefunden hätte – so viel Ehrlichkeit konnten sich die Leute in diesen hungrigen Zeiten nicht leisten. Sein Entschluss stand fest: Ich muss aus Staufen weg, so schnell es nur geht, … falls ich hier ungeschoren davonkommen sollte.

Kapitel 47
     
    Inzwischen hatte sich Lodewigs Verschwinden in Staufen herumgesprochen. Grund genug für die Dörfler, sich zusammenzurotten, um darüber zu orakeln, wo er denn sein könne und weshalb er gerade jetzt – nachdem er frisch vermählt war und einen strammen Sohn bekommen hatte – seine Familie im Stich gelassen haben sollte. Und dass seine Mutter aufgrund von Diederichs Tod immer noch Trost und Zuspruch all ihrer Familienmitglieder – also auch Lodewigs – benötigte, war ebenfalls allgemein bekannt.
    »Wahrscheinlich ist ihm alles zu viel geworden?«, krächzte das alte Weib, das sich vor Kurzem über den Brand des Bomberg’schen Anwesens derart gefreut hatte, dass sie dies dem Schlossverwalter unbedingt persönlich hatte mitteilen wollen. Deren Mann musste ihr bösartiges Verhalten wohl auf den Sack gegangen sein, denn er hatte, als sie vor Jahrzehnten das vierte Kind geboren hatte, sofort die Gelegenheit genutzt, um Fersengeld zu geben. »In der Hölle soll er schmoren, genau wie mein Mann«, maulte sie in schlechter Erinnerung an beide Ereignisse.
    »Er wird deiner Hässlichkeit überdrüssig gewesen sein, und da dir auch dein vierter Balg ähnlich sieht, hat es ihm seinerzeit wohl endgültig gereicht«, rief ihr ein älterer Mann entgegen und brachte dadurch die Umstehenden kurz zum Lachen, bevor sie sich wieder auf ihr eigentliches Gesprächsthema besannen.
    »Vielleicht ist der hochnäsige Sohn des Schlossverwalters irgendwo außerhalb des Dorfes verunglückt«, mutmaßte einer, der – wie die meisten Männer des Dorfes – den Kastellan erfolglos um eine gut bezahlte Arbeit ersucht hatte.
    »Ja! Er hat sich schon immer lieber in den Wäldern herumgetrieben, als sich mit unseresgleichen abzugeben«, ergänzte einer diese Vermutung und spuckte zur Unterstreichung seiner Abneigung gegen Höhergestellte verächtlich auf den Boden.
    »Er könnte von einem Baum gestürzt sein und sich das Genick gebrochen haben«, stellte wieder ein anderer in den Raum, während

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