Der Pfad des Kriegers (German Edition)
Ganze!“
Ulf sah den Schlag im letzten Augenblick. So schnell er konnte, brachte seinen Schild nach oben. Der Hieb traf es mit voller Wucht und sein eigener Schild schlug ihm ins Gesicht. Benommen taumelte er rückwärts. Er konnte kaum noch etwas erkennen. Blut lief in sein rechtes Auge. Mühsam brachte er seine Axt nach oben, gerade noch rechtzeitig, um den nächsten Hieb seines Gegners abzuwehren. Immer noch erkannte er nur Umrisse.
„Ulf!“
Doch diese Stimme war unverkennbar. Alva musste gesehen haben, in was für einer schwierigen Lage er war.
Der Llaevin holte gerade zum nächsten Schlag aus, als ihre Axt in seinen Kopf eindrang.
„Alles in Ordnung?“
Er nickte und stolperte vorwärts, während der Schleier um seine Augen sich langsam lüftete. Als er wieder bei Ingjaldr ankam, war dieser tot. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag er auf dem Boden, den Pfeil mit der rechten Hand umklammernd. Gilla lag nur zwei Schritte weiter. Auch sie hatte ein Pfeil getroffen. Zwei Llaevin griffen Ulf fast gleichzeitig an.
Arvid konnte bei dem Rauch kaum etwas erkennen. Selbst von dem Hüttendach aus sah er nur wenige Meter weit. Die Kämpfenden waren nur schemenhaft auszumachen und Thomas war nirgends so entdecken. Was sollte er jetzt bloß tun? Auf den Platz laufen? Von hier aus konnte er sowieso niemanden auf sich aufmerksam machen. Nicht, dass er irgendeine Idee hätte, wie er eine Horde kämpfender Männer auf sich aufmerksam machen konnte oder ob er das überhaupt wollte. Vermutlich war er tot, bevor die ersten Maegrin ihn erreichten. Wenn diese ihn nicht für einen Llaevin hielten und umbrachten, bevor er eine Chance hatte, diese Ansicht zu korrigieren. Er war immer stolz darauf gewesen eine realistischere Einstellung zum Krieg zu haben als die anderen Jungen, aber was er hier sah, beziehungsweise eher hörte, war schlimmer als alles, was er sich jemals vorgestellt hatte. Der ganze Platz war erfüllt vom Schreien und Wimmern der Verwundeten, von gebrüllten Befehlen, dem Klirren von Waffen und Rüstungen und anderen Geräuschen, über deren genaue Ursache er lieber nicht nachdenken wollte.
Ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als sich ebenfalls auf den Platz zu begeben. Oder die Gelegenheit zu nutzen und zu verschwinden.
Thomas rannte weiter. Der Befehlshaber der nächsten Kompanie war deutlich zu erkennen. Der großgewachsene Llaevin stand umgeben von mehreren Kriegern am Rande des Platzes und betrachtete aufmerksam das Geschehen. Was sollte er ihm sagen?
Seine Idee erschien ihm immer unrealistischer. Niemand würde ihm glauben. Würden sie anfangen zu lachen und ihn dann gefangen nehmen? Ihn zu Sion schleifen? Oder ihn einfach töten? Nicht, dass das Endergebnis sich unterscheiden würde.
„Die Burg, sie wird angegriffen! Der König ist schon auf dem Weg dorthin! Die ganze Stadt, überall Maegrin!“
„Was?“
Panik zeigte sich auf dem Gesicht des Offiziers.
„Was, was soll ich tun? Ich …?“
Der Offizier wirkte, als ob er sich gleich umdrehen und wegrennen würde.
„Ihr müsst zur Burg! Wir müssen die Burg halten! Es geht um das Leben des Königs!“
Wie hatte er diese Worte nur ohne zu Stottern hervorbringen können. War er so ein großer Lügner geworden?
„Natürlich, natürlich! Äh,..., ich,...“
Einer der älteren Krieger neben ihm machte einen Schritt nach vorne.
„Zweite Kompanie sammeln! Zu mir! Zweite Kompanie zu mir!“
Sein Vater hatte ihm immer wieder gesagt, dass die meisten Männer im Krieg nicht klar denken können, schon gar nicht, wenn sie Angst um ihr Leben haben. Krieg ist der Höhepunkt menschlicher Grausamkeit und Blödheit waren seine Worte gewesen. Nicht, dass Thomas Großvater von diesen Worten wirklich begeistert gewesen wäre, aber Thomas hatte diese Worte seines Vaters nie vergessen. Nach der großen Schlacht hatte er sie als wahr akzeptiert.
Immer mehr Männern lösten sich aus dem Kampf. Auch die, die blieben um zu kämpfen, wirkten nicht mehr so stürmisch, wie noch vor wenigen Augenblicken. Zwar kamen immer noch zwei Llaevin auf jeden Maegrin und bald würden die ersten zurückkommen, aber wenn sie jetzt schnell handelten, dann konnte vielleicht alles gut gehen. Aber das war jetzt nicht mehr seine Aufgabe. Er musste zum Hafen.
Ulf konnte nicht fassen, was er sah. Ein Krieger, der ihn gerade eben noch hart bedrängt hatte, zog sich jetzt langsam aus dem Kampf zurück. Zwar nahm sofort ein anderer seine Stelle ein, dennoch ließ der
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