Der Pfad des Kriegers (German Edition)
auf die Wache zu und versuchte dabei möglichst gelassen auszusehen, was ihm nach eigener Einschätzung nicht sonderlich gut gelang. Die Wache, ein nach allem Anschein junger Krieger, nicht viel älter als Thomas, rief ihn an, als er noch fast zwanzig Meter entfernt war: „Halt, wer da?“
„Äh, ich soll dir etwas mitteilen!“
Thomas hätte sich ohrfeigen können. Etwas Besseres war ihm nicht eingefallen?
„Gut, dann mach das!“
Die Wache ließ sich in ihrem Auftrag nicht beirren. Wenn sie das Gespräch noch eine Weile in dieser Lautstärke fortsetzten würden bald die anderen Wächter aufmerksam werden.
„Ähem, es ist eher privat!“
„Privat?“
„Naja, es geht um ein Mädchen.“
Immerhin war ihm diese Idee noch gekommen, jetzt konnte er nur hoffen, dass der junge Krieger nicht glücklich verheiratet war.
„Gut, dann kaum näher. Aber langsam und ich will deine Hände sehen können!“
Langsam trat Thomas näher heran.
„Du trägst ja ein Schwert und siehst aus wie ein Adeliger!“
Verdammt, das hatte er ja ganz vergessen. Wo blieb nur Arvid?
„Das ist alles geliehen, also, ich, ich hatte heute Abend selbst eine Verabredung und da habe ich halt rumgefragt. Willst du die Nachricht nicht hören?“
Thomas machte einen weiteren Schritt auf die Wache zu, jetzt war er nur noch wenige Meter entfernt, aber immer noch zu weit um ihn in einem Satz zu erreichen.
„Nun, wie lautet sie denn?“
„Du sollst sie morgen Abend am Brunnen treffen, nach Sonnenuntergang!“
„Um wen geht es überhaupt?“
„Äh, Teafa.“
„Teafa, ich kenne keine Teafa. Wer bist du überhaupt, ich hab dich noch nie ….“
Arvids Schlag beendete diesen Satz und der Krieger fiel zu Boden.
„Wo warst du denn so lange?“
„Ist gar nicht so einfach einen passenden Balken zu finden, glaub mir. Mach' dich bereit wegzulaufen!“
Arvid riss die Tür zum Kornspeicher auf und warf die Fackel der Wache hinein.
„Lauf!“
Thomas rannte los. Sie waren keine zehn Meter weit gekommen, als die Druckwelle der Explosion sie auf den Boden warf. Der Kornspeicher brannte lichterloh. Mühsam richteten sie sich auf.
„Weiter! Weiter! Wenn man uns findet, sind wir tot!“
Thomas musste lachen, selten hatte er an einem Tag so viele Gelegenheiten gehabt zu sterben. Arvid schaute ihn an, als ob verrückt geworden wäre und rannte dann los.
Sions Pferd scheute, als es den Knall der Explosion hörte. Mit Mühe brachte der König es wieder unter Kontrolle. Als er sich umwandte, konnte er den brennenden Kornspeicher klar erkennen. Wie eine übergroße Fackel erleuchtete er die Umgebung.
„Brendan, was ist da los?“
„Ich weiß es nicht, Sion!“, erwiderte der. Der Stress hatte ihn den aus Kindertagen vertrauten Vornamen statt der formellen Anrede nehmen lassen.
„Nimm dir fünfzig Mann und sieh nach! Der Rest bleibt hier!“
Bei den letzten Worten hatte Sions so laut wie er nur konnte gebrüllt. Trotzdem machten sich einige der Soldaten auf eigene Faust zum Brandherd auf. Genau in diesem Moment ging die Tür auf. Sion fluchte innerlich.
Viele der Männer und Frauen hatten die letzten Minuten genutzt, um zumindest noch einen Teil ihrer Rüstung anzulegen. Auch Ulf hatte seine Rüstung zum tausendsten Mal überprüft, aber immer noch fühlte er sich wie nackt im Angesicht des Pfeilhagels, der sie erwarten würde, sobald sie aus der Tür traten. Arne und seine Frau Gilla standen hinter ihm, genauso wie Arnes jüngerer Bruder Egil. Ingjaldr stand zu seine Rechten, Alva zu seiner Linken. Die Luft war unerträglich. Es war heiß und vor Rauch konnte man kaum noch drei Schritte weit sehen. Ulf musste immer wieder husten und seine Lunge brannte fürchterlich. Der Gedanke an die kühle Nachtluft ließ ihn den Augenblick des Ausbruchs fast herbeisehnen. Alva und den Anderen ging es nicht besser. Auf einmal schrie Arne auf. Brennendes Stroh war vom Dach auf ihn herunter gefallen. Jetzt stand sogar das Dach direkt über ihnen in Flammen. Sie mussten hier raus. Wieso unternahm Sigurd nichts? Wenn nicht bald etwas geschah, würden sie hier drinnen elendig verrecken, ohne auch nur einen dieser Verräter mitgenommen zu haben. Ulf überlegte gerade, ob nicht er vielleicht er das Kommando übernehmen sollte, da hörte er einen lauten Knall. Dumpf drang er durch die Wände der Halle zu ihnen herein. Er wollte sich gerade Alva zuwenden, als Sigurd das Signal gab:
„Jetzt!“
„Blut! Blut!“, erschall es aus hunderten
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