Der Pfad des Kriegers (German Edition)
zumindest langsamer.
„Irgendwas zu sehen, Arvan?“
„Nichts in Sicht. Alles ruhig.“
„Ist Hakon wieder auf die Jagd gegangen?“, wandte er sich wieder an Bui.
„Ja, und er hat den Jungen mitgenommen. Vielleicht gibt es heute ja doch noch mehr als diese Suppe hier.“
„Wir werden sehen. Lieber nicht darauf hoffen.“
Obwohl der Wald riesig war und seit Jahrzehnten, ja vielleicht Jahrhunderten unberührt war von Menschenhand, schienen kaum Tiere in ihm zu leben.
„Hoffnung ist alles, was einem jetzt noch bleibt, Chef. Alles, was noch bleibt.“
Balin nickte. Im Grunde war es kein schlechter Tag. Die Sonne schien und langsam wurde ihm sogar warm, sie waren alle noch am Leben, mehr oder weniger und vielleicht gab es sogar etwas Fleisch, wenn Hakon Erfolg hatte. Er reckte und streckte sich.
„Und was machen wir heute, Chef?“, Raef war von hinten heran getreten.
„Ich denke, wir werden nachher doch noch mal bei der alten Fernstraße vorbeischauen. Wollen die Taisin ja nicht völlig zur Ruhe kommen lassen.“
Raef nickte grimmig und holte, nachdem er sich auf der Holzblöcke gesetzt hatte, sein Schwert hervor, wie um seine Worte zu unterstreichen. Nur, dass diese Geste bei Raef nicht kindisch wirkte wie bei so vielen jungen Kriegern, sondern eine durchaus einschüchternde Wirkung hatte. Zehn Jahre älter als Balin hatte er vermutlich doppelt so viele Schlachten wie er gesehen und Balin hielt sich nicht gerade für einen friedfertigen Menschen. Wobei die letzten drei Jahre aus jedem, der sie überlebt hatte, einen harten Krieger gemacht hatten. Zumindest aus denen, die hier geblieben waren. Die Feiglinge waren jetzt auf der anderen Seite des Meeres. Was wieder einmal einen der Sätze seines Vaters betätigte:
„Nicht die Mutigen, nicht die Helden überleben den Krieg, nur die Feiglinge und die wenigen Glücklichen.“
Seinen Worten folgend war sein Vater mit seinen über sechzig Jahren einer der Ersten gewesen, die gefallen waren.
„Er hatte gar nicht ausgesehen wie tot“, dachte Balin, während er sich zu etwas Suppe verhalf. Nur die beiden Pfeile in seiner Brust hatten deutlich gemacht, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilte.
„Schönes Wetter heute!“
Gearn. Nur der konnte über das Wetter reden, während sie alle fast tot waren vor Hunger und Kälte.
„Kann sein. Wird die nächste Nacht aber kaum wärmer machen!“
Eine Bewegung auf dem Wall erregte seine Aufmerksamkeit. Arvan drehte sich langsam zu ihnen herum.
Balin hatte schon eine spöttische Bemerkung auf den Lippen über das Alter des Kriegers, da erst sah er die zwei Pfeile, die ihm aus Hals und Brust ragten.
Wie gelähmt schaute er zu, als Arvan langsam vornüber fiel.
„Zu den Waffen!“
Raefs Ruf riss auch ihn aus seinem stummen Entsetzen und er sprang auf. Mit einem Ruck zog er sein Schwert. Überall taten es ihm seine Krieger gleich. Dann hörte er ein lautes Rauschen.
Er sah noch, wie Raef einen Satz in Richtung des Erdwalls machte, dann fasste er sich fassungslos an den Hals. Warmes Blut lief über seine linke Hand, während die rechte immer noch das Schwert umklammerte. Seine Knie gaben unter ihm nach, während das Blut aus der Wunde an seinem Hals strömte.
Vielleicht würde Hakon Sälvor erreichen, bevor sie alle tot waren. Bevor die Taisin, waren es überhaupt Taisin? Das Schwert fiel aus seiner Hand, dann kippte er nach vorne um. Sein Kopf schlug auf den harten, kalten Boden.
XXX
Ein dumpfer Schlag ließ Ulf herumfahren. Irritiert ließ er seinen Blick über das Schiff schweifen. Dann entdeckte er einen kleinen, hageren Mann, der mit seiner Streitaxt die Ankertaue durchhieb. Daran hätte er denken sollen. Nun gut, es war kein Schaden entstanden. Sein Ansehen bei seinen Männern hatte es aber wohl kaum gesteigert. Ihm war klar, dass sie ihm letztendlich nur gehorcht, weil Sigurd es ihnen befohlen hatte. Lange würde das nicht halten.
Aber wer an Bord in einigen Stunden das Kommando führte, war nun wirklich die geringste seiner Sorgen. Im nächsten Moment wurde ihr Anteil an der Vielzahl seiner Sorgen noch etwas kleiner. Etwa dreihundert Meter flussaufwärts kam eine kleine Gruppe von Booten in Sicht, die sich zügig näherte. Ihre Anzahl war bei dem schlechten Licht nur schwer zu bestimmen, aber er zählte mindestens vier Boote, jedes mit Sicherheit mit sechs Mann oder mehr.
„Beeilt euch!“, rief er und versuchte sich seine Unruhe nicht anmerken zu lassen. Als ob es nötig gewesen wäre,
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