Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
Vom Netzwerk:
wusstest es gar nicht?«, jubilierte Azdeki. »Du hattest tatsächlich keine Ahnung?«
    »Neffe, wir sollten …«
    »Ich entscheide hier!«, donnerte Azdeki und warf seinem Onkel einen abschätzigen Blick zu.
    Niemand protestierte. Und zum ersten Mal veränderte sich Etiennes Gesicht. Er wirkte plötzlich so wütend, dass er Furcht einflößte. Er blickte Laerte an und fuhr mit der Hand über seinen Schwertgriff.
    »Der erste Kaiser aus der Familie Reyes, jener, der Kaiser Adismas deo Cagliere ablöste, hat das Heilige Buch deiner Familie anvertraut. Jahrhundertelang haben die Usters das Geheimnis bewahrt. Bis zu deinem Vater.«
    »Ihr habt sie getötet! Ihr habt sie alle getötet!«
    BAM. BAM.
    Das süße Gesicht von Naïs tauchte in seiner Erinnerung auf. Naïs mit ihren weichen, blonden Locken. Er erinnerte sich der festen Hand seines Vaters mit dem Siegelring am Ringfinger. Der dunkelblauen Augen seines Bruders. Des Dufts seiner Mutter, der ihn sogar den Pulvergeruch vergessen ließ, der zum Palast hinaufzog.
    »Weißt du überhaupt, wer dein Vater war?«, fragte Azdeki.
    Ein guter Mensch. Ein Mensch, der geliebt wurde. Er war sehr gebildet und ein ausgezeichneter Degenfechter. Oratio Montague, Graf von Uster, Herr der Salinen. Laerte vergaß sein Fieber, seine schmerzende Schulter und das Pochen in den Schläfen. Seine Wut bewirkte mehr als die Ruhe, die sein Meister ihm immer abverlangt hatte. Es bedurfte nur eines Seufzers. Sofort nahm er den Herzschlag der Soldaten wahr, die ihn umzingelten. Seine Nase begann zu bluten. Sein Schädel und die Brust schmerzten, doch er wusste, dass er den Odem kontrollieren konnte.
    »Wir mussten es tun«, verteidigte sich Azdeki. »Wir mussten es an uns bringen. Das Liaber Dest ist viel zu gefährlich, als dass …«
    Laerte warf sich auf den nächststehenden Soldaten, schwang sein Schwert und hieb ihm eine tiefe Wunde in den Hals. Völlig überrascht zögerten die Männer kurz, ehe sie sich auf ihn warfen. Laerte konnte hören, wie Azdeki sein Schwert zog, aber auch, wie sich sein Onkel diskret ein paar Schritte zurückzog.
    Die Hitze, die Laertes Lungen versengte, hielt ihn nicht von seinem Vorhaben ab. Ihm blieb keine andere Wahl, als den Odem zu meistern und das Leben um sich herum zu spüren, um es nehmen zu können. Er kniete sich auf den Boden und parierte einen Lanzenangriff mit erhobenem Schwert, ehe er einem zweiten Soldaten mit einem Hieb die Beine abtrennte.
    Trotz der quälenden Anstrengung erschien ihm jede Bewegung selbstverständlich und natürlich. Er versetzte Fausthiebe, kugelte Gelenke aus und durchbohrte Rüstungen mit seinem Schwert. Seine Muskeln schienen umso heftiger zu brennen, je mehr Herzen zu schlagen aufhörten. Der Odem würde ihn zermalmen.
    »Azdeki«, schrie Bernevin.
    »Himmeldonnerwetter!«, fluchte Negus.
    »Alle zu mir!«, kommandierte Etienne, während sein Onkel und der alte Mann bestürzt aus dem Saal flohen.
    Schwankend stand Laerte inmitten von zehn Leichen. Sein Atem ging pfeifend, und sein Blick war trüb geworden, doch er war immer noch zu allem entschlossen. Der Kanonendonner kam näher. Die roten Vorhänge vor dem Balkon bauschten sich. Die Bäume unterhalb standen in hellen Flammen. Laerte spürte die Ohnmacht nahen. Sein gesamter Körper fühlte sich an wie eine offene Wunde. Nur der Anblick der vier Generäle half ihm durchzuhalten, denn er nährte seine Wut. Er beobachtete, wie auch sie ihre Hände erhoben – gegen ihn. Sie, die seinen Vater getötet hatten.
    Der Odem fegte mit brutaler Gewalt über den Marmorboden. Die Leiche des Kaisers wurde herumgeworfen. Laerte hatte gerade noch Zeit, die Arme vor das Gesicht zu reißen und leicht in die Knie zu gehen. Es war wie ein Sturm, der ihn in Richtung des Balkons presste, so heftig, dass die Marmorfliesen unter seinen Füßen zersprangen.
    »Er ist ganz schön zäh«, brüllte Rhunstag.
    »Wie macht er das?«, staunte Negus.
    Das Bild seiner kleinen Schwester schien vor Laertes Augen vorüberzuhuschen. Es verlieh ihm genügend Kraft, einen Schritt vorwärts zu gehen, ehe er sich auf die Knie fallen ließ und den Boden mit den bloßen Fäusten bearbeitete.
    Rings um ihn zersprang der Marmor, überall flogen messerscharfe Splitter herum. Negus wurde gegen die Tür katapultiert und stieß sich heftig den Kopf am Holz. Die drei anderen fielen auf den Rücken und rutschten schreiend einige Meter weit.
    Laerte stand auf, ließ einen Augenblick locker und suchte hastig nach einem

Weitere Kostenlose Bücher