Der Pilot
sich über ihr oder irgendwo zu ihren Füßen austobte.
Hier und da unterbrachen ungesicherte Luftschächte die Permabeton-Fläche des Daches, und in einer Entfernung von ungefähr hundert Metern erkannte Bria die schroffe Begrenzung am Ende der begehbaren Fläche. Offensichtlich verlief dort eine Durchgangsstraße zu den tiefsten Ebenen.
Sie machte ein paar Schritte, um in einen der Luftschächte zu schauen, doch schon ein kurzer Blick genügte, und sie taumelte zurück. In ihrem Kopf drehte es sich, und die Handflächen kribbelten in einem Anflug von Höhenangst. Sie sah sich um, entdeckte niemanden in ihrer Nähe, ließ sich auf Hände und Knie fallen und kroch zurück, um einen zweiten Blick zu riskieren. Das Schwindelgefühl würde nicht so schlimm sein, solange sie nicht stand, dachte sie. Sie näherte sich dem Rand des Schachtes, klammerte sich mit beiden Händen fest und schaute nach unten.
Der Luftschacht gähnte. tiefer. und tiefer. und tiefer. Es war unglaublich, und die Vorstellung, ihr Körper könnte in diese scheinbar bodenlose Tiefe stürzen und hilflos durch die Leere wirbeln, jagte ihr Angst ein.
Bria starrte zitternd nach unten. Wenn sie sich weiter vorbeugte, nur ein ganz kleines bißchen, würde sie in den Schacht fallen. Es wäre ganz einfach. Sie würde nicht springen müssen, nein, nur. nach vorne beugen. und wenn sie es wagte, würde sie niemals wieder die quälende Sehnsucht nach der Erhöhung verspüren. Sie wäre befreit von dem Schmerz, dem Verlangen. Sie wäre frei.
Gleichermaßen angezogen und abgestoßen, schwankte Bria, beugte sich weiter nach vorne, dem Abgrund entgegen. weiter.
»Was tust du da?«
Eine Hand packte ihre Schulter und riß sie zurück, weg von dem gähnenden Abgrund ins Nichts. Bria blickte benommen auf und erkannte Han, der sie mit vor Sorge verzerrten Gesichtszügen entgeistert anstarrte. »Bria, Süße! Was hattest du vor?«
Sie hob eine Hand an die Stirn und schüttelte benommen den Kopf. »Ich. ich. weiß es nicht, Han. Ich habe mich. so eigenartig gefühlt.« Sie schluckte würgend, und während sie noch schwarze Punkte vor den Augen sah, kämpfte sie gegen Ohnmacht und Übelkeit an.
Han drückte ihr den Kopf zwischen die Knie und kniete sich neben sie, als sie erbebte. Er fuhr ihr über das Haar, nahm sie in den Arm, als sie immer heftiger erschauerte. Sie zitterte am ganzen Leib. »Ruhig. ganz ruhig. beruhige dich erst mal.«
Schließlich, als Bria spürte, daß das Zittern ein wenig abflaute, blickte sie auf. »Han, ich weiß nicht, was mit mir geschehen ist.
Ich habe mich einen Moment lang so. seltsam gefühlt. Ich glaube, ich wäre um ein Haar abgestürzt.«
»Allerdings«, nickte er düster. »Das nennt man Höhenangst, Liebling. Das habe ich schon bei anderen erlebt, draußen im Weltraum, wenn sie nach >unten< gesehen und die Orientierung verloren haben. Komm. Ich weiß jetzt, welchen Weg wir nehmen müssen. Wir fahren ein Stück mit einer horizontalen Rohrbahn.«
In der Rohrbahn schmiegte Bria sich an Han, und er legte sanft den Arm um sie. Das Zittern ließ allmählich nach. »Macht dir das nichts aus?« wollte sie wissen. »Diese Welt, meine ich. Ich finde sie bedrückend. Faszinierend, ja, aber auch bedrückend.«
»Vergiß nicht, daß ich im Weltraum aufgewachsen bin«, rief Han ihr ins Gedächtnis. »Das ist nicht der richtige Ort für Höhenangst oder Klaustrophobie. Ich muß mich schon vor langer Zeit darauf eingestellt haben, denn dieser Planet macht mir nichts aus. Aber du. du bist auf Corellia aufgewachsen, wo du jederzeit den Himmel über dir gesehen hast. Kein Wunder, daß du ausgeflippt bist.«
»Ich werde mir Mühe geben, nicht noch einmal nach unten zu schauen«, sagte Bria.
»Gute Idee.«
Nach einigen weiteren Turboliftfahrten gelangten sie endlich zu der kleinen Herberge, wo Han ein Zimmer reserviert hatte. Sie bezahlten bar aus ihren schwindenden Reserven. »Wann wirst du unser Geld von der Imperialen Bank holen gehen?« erkundigte Bria sich und warf sich auf das Bett, wo sie sich mit einem erschöpften Seufzen ausstreckte.
»Als erstes morgen früh«, erwiderte Han. »Hör mal, Süße, du siehst völlig erschlagen aus. Ich hole uns etwas zu essen hierher, und wir gehen früh schlafen.«
»Möchtest du dir denn nicht die Sehenswürdigkeiten anschauen?« fragte sie.
»Dafür haben wir noch genug Zeit. Ich will bloß was essen und dann schlafen gehen. Vielleicht schalte ich noch die Vid-Einheit ein, mal sehen, welche
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