Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
Geschrei mehr kam. Er sah sich suchend um. Malpomena stand in den Türrahmen gelehnt da, tippte mit dem Telefon gegen ihre Nasenspitze und sah ihn durchdringend an. Wahrscheinlich schon eine ganze Weile.
«Es sieht so aus, als wäre Spartaco Mori der Täter», sagte Roberto.
Malpomena tippte weiter gegen ihre Nasenspitze.
«Und dieser Sergio Bonasera hat wegen Drogenhandel zwei Jahre im Knast gesessen», fuhr Roberto fort, beunruhigt, weil Malpomena ihn weiterhin so anstarrte.
«Es war ein einmaliger Ausrutscher. War es so, Roberto?»
Roberto zuckte mit den Schultern. «Ich mag ihn nicht. Der Kerl ist mir unsympathisch, keine Ahnung, was –»
«Sag mir, dass es ein einmaliger Ausrutscher war, das mit dem Haschisch.»
«Nicht mal das. Ich hatte ja keine Ahnung, was in diesen verdammten Keksen –»
«Rein rechnerisch müsste ich heute einen Eisprung haben», unterbrach sie ihn.
Roberto zuckte zusammen. Der Del-Vecchio-Erbe. Malpomena war es also tatsächlich ernst. Ihr Blick blieb starr, aber hinter ihrem maskenhaften Gesichtsausdruck erspürte Roberto die äußerst verletzliche Malpomena, die er nur zu gut kannte. Sie wollte von ihm eine eindeutige Antwort. Er konnte nein sagen. Oder er musste ja sagen. Dazwischen gab es nichts. Er atmete tief durch.
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22.
Spartaco riss seine Augen weit auf. Wie die Neger in alten US-amerikanischen Filmen, dachte Roberto und versuchte sich zu erinnern, welches Wort man heutzutage für ‹Neger› verwenden sollte. Es fiel ihm nicht ein, aber auf keinen Fall Neger, da war er sicher.
«Ich war’s nicht, ehrlich!»
«Du hast kein Alibi, und du hast ein Motiv», sagte Roberto und ließ die Handschellen einrasten, die er noch schnell zusammen mit seiner Pistole und der salsiccia piccante aus seinem Schreibtisch in der Wache geholt hatte, bevor er mit seinem Topolino und natürlich mit Franco auf dem Rücksitz die elend lange Strecke hinauf zu Spartacos Albergo getuckert war. Zum Glück war es ihm in der Wache gelungen, sowohl unbemerkt am immer noch wartenden Sergio Bonasera vorbeizuschleichen als auch Cottelli aus dem Weg zu gehen, der sich die Festnahme garantiert nicht hätte entgehen lassen. Mit Sicherheit hätte er seinen Journalisten-Spezi Massimo Rocco vom Il Resto di Carlino herbeordert, damit der heldenhafte Fotos von ihm machte, wie er einen potenziellen Mörder verhaftete.
«Motiv? Ich? Dass ich Ruggero bei der di Finanza angeschwärzt habe, das gebe ich ja zu, va bene , aber wieso sollte ich ihn denn ermorden?»
Wenigstens sagte er nicht ‹okay›. «Wenn du Glück hast, wird es als Totschlag gewertet. Verstehst du den Unterschied?»
Spartaco sah ihn fragend an.
«Totschlag ist besser.» Was den Unterschied betraf, hatte Roberto zu Beginn seiner früh wieder abgebrochenen Ausbildung zum commissario vor zehn Jahren etwas Grundlegendes gelernt, was auch heute noch Gültigkeit hatte. So wie die Abseitsregel im Fußball.
«Ich habe ihn nicht totgemacht, ehrlich.»
«Totmachen gibt es juristisch betrachtet nicht.» Der bullige Spartaco überragte den Cinquecento um einiges. «Franco, halt mal die Tür auf.»
Franco, der die Festnahme misstrauisch beobachtet hatte, schüttelte den Kopf.
«Was ist? Erkennst du ihn wieder?», fragte Roberto. «Keine Angst, ich bin ja da.»
«Der war es nicht.»
«Hast du gehört, Poliziotto?», ereiferte sich Spartaco. «Er muss es doch wissen. Er war dabei!»
«Sein Körper war dabei. Sein Gehirn und was man sonst noch braucht, um ein Zeuge zu sein, war anderswo.»
«Da hat Roberto recht», sagte Franco mit einem Blick wie ein Cockerspaniel. «Ich stand nämlich unter dem Einfluss von Ayahuasca.»
«Hä?»
«Einer halluzinogenen Droge.»
«Da hörst du es! Nimm ihn fest, der nimmt Drogen!», brüllte Spartaco. «Das weiß doch jeder, diese Drogentypen nieten reihenweise andere um, nur um an ihr Zeug zu kommen.»
«Jetzt bleib mal auf dem Teppich, Spartaco. Du hast Ruggero totgeschlagen. Er hier war zufällig in der Nähe, das ist alles.»
«Das stinkt doch zum Himmel!»
«Jetzt reicht’s, Mori. Besprich das mit dem Haftrichter. Du steigst jetzt ein, hai capito? »
«Mach ich nicht», erwiderte Spartaco und spannte seine Muskeln an. Keine Chance, ihn durch die winzige Cinquecento-Tür zu drücken.
«Rein da!»
«Nein.»
Roberto sah Franco auffordernd an. Zu zweit würden sie doch wohl diesen widerspenstigen Kerl ins Auto hineinbekommen. Franco hob fast panisch seine Hände und schüttelte
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