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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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ist vielleicht ein Rechtsstaat«, meldete sich Nöjd.
    »Sicher«, antwortete Kollberg müde. Rechtsstaat.
    Dieses Wort war so abgenutzt und zur Phrase geworden, daß viele Schweden es nicht mehr in den Mund nahmen und andere in schallendes Gelächter ausbrachen, wenn jemand es in ernsthaftem Zusammenhang nannte. Natürlich gab es das Gesetz, aber die Entwicklung in den letzten Jahren hatte bewiesen, daß dieses Recht von den Behörden und der Regierung völlig nach Belieben angewendet wurde. Und der einzelne Bürger mußte die Folgen aus baden.
    »Morgen müssen wir jedenfalls Folke Bengtsson vernehmen.« Sagte Martin Beck und kam damit wieder zur Tagesordung.
    »Ja«, bestätigte Nöjd, »das wird nun wohl Zeit.«
    »Ich meine, wir müßten nun auch bald eine Art Pressekonferenz abhalten«, sagte Kollberg. ›Auch wenn es keinem von uns Spaß macht.« Martin Beck nickte düster.
    »Und was machen wir mit Folke? Sollen wir ihn hierher bitten?« fragte Nöjd.
    »Ich will lieber in seinen eigenen vier Wänden mit ihm reden«, entgegnete Martin Beck.
    »Dann folgt uns ein Rattenschwanz von Journalisten«, warnte Kollberg.
    »Das wird sich nicht vermeiden lassen.«
    »Halten wir die Pressekonferenz vorher oder nachher ab?«
    »Danach, schlage ich vor.«
    »Und wie erfahren wir, wann Bengtsson empfangsbereit ist?« fragte Kollberg.
    »Das weiß ich«, antwortete Nöjd. »Er fährt morgens um sechs von zu Hause los und kommt mittags wieder. Dann geht er abends hinaus und legt seine Netze. Er ist ein Gewohnheitsmensch.«
    »Okay, dann fahren wir um Viertel nach eins hin«, entschied Kollberg.
    »Und um drei sprechen wir mit den Presseleuten.«
    Nöjd sah aus, als ob er sich auf einen interessanten und vielleicht sogar spannenden nächsten Tag freute.
    Martin Beck und Kollberg waren ziemlich sicher, daß sie es nicht taten.
    »Meinst du, daß man jetzt riskieren kann, sich hinaufzuschleichen und sich hinzulegen?« fragte Kollberg gähnend.
    »Die Gastwirtschaft ist seit mehreren Stunden geschlossen«, antwortete Martin Beck zuversichtlich. »Die, die jetzt noch auf sind, sitzen irgendwo und spielen Karten.«
    Das Ganze wurde zu einer richtig schneidigen Prozession. Um Punkt ein Uhr, am 7. November 1973, traten sie aus der Polizeistation Anderslöv, an der Spitze ein uniformierter Polizeiassistent. Kollberg fühlte sich wie Abbot und Gostello in einer Person, als er hinter Martin Beck und dicht gefolgt von dem hechelnden Timmy das Haus verließ. Den Schluß bildete Nöjd, wie gewöhnlich in grünen Gummistiefeln, mit dem Safarihut im Nacken und dem sich sträubenden Hund an der Leine. Dann dachte er daran, daß sie eigentlich Fähnchen in den Händen halten müßten, denn es war auf den Tag genau dreihunderteinundvierzig Jahre her, daß Gustav II. Adolf bei Lützen gefallen war.
    »Am besten lassen wir uns Zeit, damit auch niemand zurückbleibt«, schlug Nöjd lächelnd vor.
    Kollberg und Martin Beck nahmen den Streifenwagen, während Nöjd den Hund in den tomatenroten Ascona schob und sich dann selbst hinters Lenkrad setzte, um die Expedition anzuführen.
    Aber wenn Lennart Kollberg sich auch lächerlich vorkam, so gab es doch einige andere, die dazu sehr viel mehr Veranlassung hatten.
    Niemand hatte daran gedacht, daß zu dem festgesetzten Zeitpunkt für die meisten Reporter so etwas wie ein Ritual ablief.
    Nämlich das Mittagessen.
    Trotzdem hatten offenbar einige Wache gehalten, denn die Neuigkeit verbreitete sich in Windeseile.
    Aus dem Speisesaal des Gasthofes stürzten Männer und Frauen, den Mund voll mit Kartoffeln, Eisbein oder Steckrübenpüree. Einer hatte sogar noch sein Schnapsglas in der Hand und die Kameratasche in der anderen. Ihnen folgten verblüffte Kellnerinnen, die sich diese echte Massenflucht vor der Bezahlung nicht erklären konnten, und andere Gäste, die wahrscheinlich glaubten, im Gasthaus sei Feuer ausgebrochen. Die Verwirrung wurde noch größer, da einige ihre Autos auf dem Marktplatz, andere sie auf dem langen Parkplatz hinter dem Garten des Gasthofs abgestellt hatten.
    Aber Nöjd wartete geduldig und ließ ihnen Zeit, und als Kollberg sich kurz hinter der Kirche umdrehte, sah er nicht weniger als zehn Autos in einer Schlange hinter dem Streifenwagen herfahren. Von allen konnte man annehmen, daß sie das enthielten, was man früher einmal die dritte Macht im Staate genannt hatte.
    Nur ein Fahrzeug glänzte durch Abwesenheit, und das war Ake Bomans grüner Singer. Dafür gab es eine ganz

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