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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Monitor. Eine Probe war auch vorgesehen, man nahm Platz und bekam einen fruchtigen, aber äußerst dünnen Ruby angeboten,
     als rubinrot konnte man ihn durchaus bezeichnen, doch Nicolas ließ ihn nach einem kurzen Nippen stehen. Die Tawny Reserva
     sollte acht Jahre gereift sein, doch sie schmeckte unangenehm alkoholisch, stieg in die Nase wie Schnaps, Nicolas merkte nichts
     von reifen Früchten.
    Ob der Portwein in den Portweinhäusern besser war? Nicolas entfernte sich durch schmale Gassen weiter vom Fluss, vielleicht
     würde, wo nicht viele Touristen hinkamen, mehr geboten. Er trottete im Schatten der Hauswände bergan, um der Sonne zu entgehen,
     aber sie hatte das Kopfsteinpflaster aufgeheizt. Müde blieb er in einer Toreinfahrt stehen.
    »
Please, come in and join the wonderful world of port wine
.« Ein junger Mann winkte ihn in den kühlen Empfangsraum »der wunderbaren Welt des Portweins«. Links der Tresen, gegenüber
     die Bar zum Verkosten, Fässer dienten als Tische, und drum herum auf Hockern warteten die Gäste. Man hatte anscheinend auf
     Nicolas gewartet, um mit der Führung zu beginnen. Hier war der Vortrag über Wein ein wenig ausführlicher, zumindest wurden
     einige Rebsorten genannt: Touriga Francesa, Touriga Nacional, Tinta Barroca und Tinta Cão. Die Einführung in die Weinbereitung
     war so oberflächlich wie zuvor. Bedeutender schien das Datum der Firmengründung durch die Herren Phayre und Bradley im Jahre
     1678, das war ein Jahrhundert, bevor die Region von jenem Marquês mit dem Stein, der auch das von einem Erdbeben zerstörte
     Lissabon hatte aufbauen lassen, als Ursprungsgebiet abgesteckt worden war. Kies lag hier unter den
pipas
, »damit bei Trockenheit gegossen und so die Luftfeuchtigkeit erhalten werden |59| kann«, erläuterte ihr Reiseleiter. »Und die Wände dieser Hallen sind aus Granit, um Temperaturschwankungen auszugleichen.
     Weine, die oben am Rio Douro gelagert werden, verlieren in der Hitze ihre Lebendigkeit.« Was sie zum Abschluss der Führung
     vorgesetzt bekamen, war ein wenig besser als zuvor, ein fünf Jahre alter Ruby aus dem großen Fass, dem
cubo
. Bei gutem Willen war Kirsche zu riechen und Erdbeermarmelade. Das sollte der berühmte Portwein sein?
    Der junge Mann zog Nicolas in eine Nische. »Geh wieder bis zum Fluss und da nach links. Nach 500 Metern führt eine Straße
     bergauf. Der folgst du bis zu einem großen Tor, rechts ist eine Rampe. Drinnen ist eine Bar, dem Barmann sagst du, Ramón schickt
     dich, dann weiß er Bescheid ... und er spricht Englisch.«
    Nicolas irrte durch die Hitze und fand zwischen weiß getünchten Mauern kein Portweinhaus mehr. Als er umkehren wollte, fuhr
     ein Kleinbus an ihm vorbei und bog weiter vorn in eine Einfahrt. Er folgte ihm und mischte sich unauffällig unter die Reisegruppe.
     Unschlüssig verharrte er zwischen den Skandinaviern, betrat mit ihnen die Halle und setzte sich dann in Richtung Bar ab. Eine
     Glaswand dahinter gab den Blick in die Tiefe der Halle mit den Portweinfässern frei. Er setzte sich auf einen Barhocker und
     bat um ein Glas Wasser.
    Der Barmann war jung, hatte ein geschäftsmäßiges Grinsen im Gesicht, das kurze schwarze Haar hing ihm in die Stirn, und die
     Augen darunter taxierten Nicolas ungeniert. Grinsend beugte er sich vor, zog die Schürze zurecht und goss Wasser in ein Glas.
    »
Do you speak English?
... Schprekken Sie Deutsch? ...
Parlez-vous français?
Nein? Dann schickt dich Ramón!«, sagte er zwinkernd, und Nicolas nickte. »Er schickt mir immer die schwierigen Fälle. Wie
     viel willst du probieren? Zehn? Zwanzig? Du entscheidest.« Er blickte sich um, ob |60| jemand zuhörte. »Eigentlich kostet jede Probe drei Euro, aber wenn Ramón dich schickt . . .«
    Nicolas war es sehr recht. »Am besten beginnen wir mit dem Einfachsten«, sagte er unschlüssig. »Ich habe nicht die geringste
     Ahnung, ich weiß nur, dass ich so schnell und so viel lernen muss wie möglich.«
    »Große Ziele adeln den, der sie formuliert. Aber wozu?« Es sah aus, als hätte der Barmann Gefallen an dem Satz gefunden, und
     die beiden Männer waren sich auf Anhieb sympathisch.
    Wozu? Weil er sich dann sicherer fühlte, Friedrichs Mannschaft auf der Quinta entgegenzutreten. Aber das behielt er lieber
     für sich. Er sah zu, wie Carlos Lacerda, so hatte der Barmann sich vorgestellt, eine Reihe von kleineren tulpenförmigen Gläsern
     aufbaute und zuletzt einen Spucknapf danebenstellte.
    »Unterschätze den

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