Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
Vom Netzwerk:
dreimal übergangen worden war. Tatsächlich würde er niemals die nächste Sprosse der Karriereleiter erklimmen. Er war intelligent und arbeitete hart; jede Firma konnte sich glücklich schätzen, einen Anwalt wie ihn in den Reihen zu haben. Doch seine Redegewandtheit und damit die Fähigkeit, Kunden zu werben, war gleich Null. Pro Jahr verdiente Alvis hundertvierzigtausend Dollar, und er arbeitete hart genug, um weitere fünfzehntausend jährlich an Prämien zu kassieren. Seine Frau war nicht berufstätig, die Kinder besuchten Privatschulen, er fuhr einen einigermaßen neuen BMW; er hatte somit wenig, worüber er sich beklagen konnte.
    Alvis war ein überaus erfahrener Anwalt, der auf zehn Jahre intensiver und hochkarätiger Vertragsarbeit zurückblickte, und er hatte allen Grund, Jack seine Position übel zu nehmen. Was er auch tat.
    Jack winkte ihn herein. Er wusste, dass Alvis ihn nicht mochte, wusste warum und ließ es dabei bewenden. Er konnte genauso viel einstecken wie alle anderen auch, wenngleich mit dem Bewusstsein, dass er sich zur Wehr setzen könnte, wenn es nicht mehr anders ginge.
    »Jack, wir müssen die Bishop-Fusion ankurbeln.« Verblüfft sah Jack ihn an. Diese Transaktion, eine äußerst lästige Angelegenheit, war abgeblasen worden. Zumindest hatte er das angenommen. Mit zitternden Händen zog er einen Notizblock hervor.
    »Ich dachte, Raymond Bishop wollte sich nicht mit TCC einlassen.«
    Alvis nahm Platz, legte die fast vierzig Zentimeter dicke Akte, die er bei sich trug, auf den Tisch und lehnte sich zurück.
    »Manche Geschäfte sterben und stehen dann aus dem Grab wieder auf. Wir brauchen Ihre Stellungnahme über die Unterlagen zur Sekundärfinanzierung bis morgen Nachmittag.«
    Jack ließ beinahe den Kugelschreiber fallen. »Das sind vierzehn Verträge und über fünfhundert Seiten, Barry. Wann haben Sie das erfahren?«
    Alvis stand auf. Jack glaubte, ein verstohlenes Lächeln auf dem Gesicht des Mannes zu erkennen.
    »Fünfzehn Verträge, die offizielle Seitenzahl beträgt sechshundertdreizehn, einzeilig geschrieben. Anlagen nicht mitgezählt. Danke, Jack, PS&L weiß es zu schätzen.« Er drehte sich um. »Oh, viel Spaß beim Präsidenten heute Abend. Und grüßen Sie Ms. Baldwin.«
    Alvis ging hinaus.
    Jack betrachtete den Stapel und rieb sich die Schläfen. Er fragte sich, wann der kleine Mistkerl tatsächlich erfahren hatte, dass die Bishop-Fusion wieder zum Leben erweckt worden war. Irgendetwas sagte ihm, dass es nicht erst heute Morgen geschehen sei.
    Er sah auf die Uhr. Über das Sprechgerät wies er seine Sekretärin an, alle Termine für den Rest des Tages abzusagen; dann packte er die vier Kilo schwere Akte und machte sich auf den Weg zu Konferenzraum Nummer neun. Es war der kleinste und abgelegenste Konferenzraum der Firma, ideal, um sich zurückzuziehen. Wenn er sich dort sechs Stunden in die Arbeit hineinkniete, zu dem Empfang ging, danach das Weite suchte, die Nacht durchrackerte, sich im Dampfbad duschte und rasierte und dann seine Stellungnahme abfasste, würde er es gerade noch schaffen, sie bis drei, spätestens vier Uhr auf Alvis’ Schreibtisch zu packen. Der kleine Dreckskerl!
    Nach vier Verträgen aß Jack die letzten Chips, trank die Cola aus, zog die Jacke an und rannte die zehn Stockwerke zur Lobby hinunter.
    Vor seiner Wohnung sprang er aus dem Taxi. Er blieb abrupt stehen, als er sah, was auf der Straße parkte.
    Es war ein Jaguar. Das Wunschkennzeichen »SUCCESS« bestätigte, dass seine künftige Angetraute oben auf ihn wartete. Wahrscheinlich war sie wütend auf ihn. Jennifer Baldwin ließ sich niemals dazu herab, in seine Wohnung zu kommen, wenn sie nicht über irgendetwas verärgert war und ihn das wissen lassen wollte.
    Die Uhr verriet ihm, dass er zwar ein wenig spät dran war, es aber immer noch leicht schaffen konnte. Während Jack die Eingangstür aufsperrte, rieb er sich das Kinn; vielleicht konnte er sich eine Rasur sparen, um so zusätzlich Zeit zu gewinnen.
    Jennifer saß auf der Couch, über die sie vorsorglich eine Decke gebreitet hatte. Er musste zugeben, dass sie umwerfend aussah; ein echtes Blaublut, was auch immer das heutzutage heißen mochte. Sie stand auf und musterte ihn mit unbewegter Miene.
    »Du bist spät dran.«
    »Ich weiß. Aber ich bin nun mal nicht mein eigener Herr.«
    »Das ist keine Entschuldigung. Schließlich arbeite ich auch.«
    »Sicher, der Unterschied ist nur, dass dein Boss denselben Nachnamen hat und sich von seiner

Weitere Kostenlose Bücher