Der Präsident
Besitz von ihr; sie klammerte sich an den Bettpfosten.
Burton trat aus dem Tresorraum. »Hey, er hat ein Verbrechen begangen. Er kann ziemlichen Ärger bekommen, wenn er zu den Bullen geht.« Dieser Gedanke war Burton gekommen, als er sich im Tresorraum umsah.
Er hätte besser zweimal darüber nachdenken sollen.
Russell unterdrückte den starken Drang, sich zu übergeben. »Er muss sich nicht unbedingt stellen, um ihnen das hier zu erzählen, Burton. Verflucht noch mal, haben Sie schon mal etwas von Telefon gehört? Wahrscheinlich ruft er gerade die Washington Post an. VERDAMMT! Und danach die Boulevardpresse, und Ende der Woche können wir ihn vermutlich bei Talkshows erleben, die ihn mit verdecktem Gesicht von irgendeiner kleinen Insel einspielen, auf die er sich zurückgezogen hat. Dann kommt das Buch und dann der Film. SCHEISSE!«
Russell sah vor sich, wie ein gewisses Päckchen in Donald Grahams Büro bei der Post ankam oder beim FBI im J. Edgar Hoover Building oder im Büro der Bundesstaatsanwaltschaft oder im Büro des Minderheitssprechers des Senats. All das waren mögliche Adressen, die ein Maximum an politischem Schaden anrichten konnten, ganz zu schweigen vom rechtlichen Nachspiel.
Die beiliegende Nachricht würde dazu auffordern, die Fingerabdrücke und das Blut mit Gewebeproben des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu vergleichen. Wie ein Witz würde es sich anhören; trotzdem würden sie es tun. Selbstverständlich würden sie es tun. Richmonds Fingerabdrücke waren bereits archiviert. Die DNA würde übereinstimmen. Man würde die Leiche finden, das Blut überprüfen und sie mit Fragen überhäufen, auf die sie unmöglich Antworten finden konnten.
Sie waren erledigt; sie waren so gut wie tot. Und dieser Mistkerl hatte einfach hier gesessen und auf seine Chance gewartet. Dabei hatte er noch gar nicht gewusst, dass ihm diese Nacht den größten Erfolg seines Lebens bescheren sollte. Nicht bloß Dollars. Er konnte einen Präsidenten mit wehenden Fahnen in den Untergang schicken, ihn ohne Hoffnung auf Überleben zur Erde krachen lassen. Wie oft bot sich eine derartige Gelegenheit? Bernstein und Woodward waren zu Helden geworden, nachdem sie den Watergate-Skandal aufgedeckt hatten. Das hier war Watergate in vielfacher Potenz. Es war verdammt noch mal zu viel, um damit fertig zu werden.
Nur mit Mühe schaffte es Russell bis ins Badezimmer. Burton betrachtete die Leiche, dann sah er Collin an. Keiner sprach ein Wort. Ihre Herzen schlugen schneller, während sich die Erkenntnis über das Ausmaß der Situation wie eine bleierne Wolke auf sie senkte. Da ihnen nichts anderes einfiel, holten Burton und Collin pflichtbewusst die Desinfektionsausrüstung wieder hervor, während Russell sich übergab. Innerhalb einer Stunde hatten sie wieder alles verpackt und waren verschwunden.
Leise zog Luther die Tür hinter sich zu.
Vermutlich hatte er bestenfalls ein paar Tage, vielleicht auch weniger. Er ging das Risiko ein, Licht anzumachen. Rasch flogen seine Augen über die Einrichtung des Wohnzimmers.
Sein zuvor normales – oder annähernd normales – Leben hatte sich in einen Albtraum verwandelt.
Luther nahm den Rucksack ab, schaltete das Licht aus und schlich ans Fenster.
Nichts; alles war ruhig. Die Flucht aus dem Haus war die nervenaufreibendste Erfahrung seines Lebens gewesen, schlimmer noch als der Ansturm schreiender Nordkoreaner im Krieg. Immer noch zuckten seine Hände. Auf dem Rückweg schien jedes Auto die Scheinwerfer direkt in sein Gesicht zu bohren, um dort nach dem entsetzlichen Geheimnis zu fahnden. Zweimal war ein Streifenwagen an ihm vorbeigefahren; der Schweiß war ihm von der Stirn geströmt, und seine Kehle war wie zugeschnürt gewesen.
Er hatte den Wagen wieder zum Verwahrungsparkplatz für sichergestellte Fahrzeuge gebracht, von wo er ihn zuvor »geliehen« hatte. Das Kennzeichen würde sie nicht weiterbringen, aber vielleicht irgendetwas anderes.
Luther bezweifelte, dass sie ihn richtig gesehen hatten. Selbst wenn, wären ihnen nur seine Größe und Statur bekannt. Alter, Rasse und Gesichtszüge mussten ihnen verborgen geblieben sein, und ohne das hatten sie nichts in der Hand. Und nach der Geschwindigkeit, mit der er gerannt war, nahmen sie wahrscheinlich an, er wäre ein jüngerer Mann. Es gab nur ein Leck, und er hatte auf der Rückfahrt darüber nachgedacht, wie er es stopfen konnte. Für den Augenblick begnügte er sich damit, so viel aus den letzten dreißig Jahren
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