Der Prediger von Fjällbacka
neunzehn öffnete. Sie stutzten beide. Wäre nicht der dunkle Blick gewesen, dann hätten sie ihn nicht wiedererkannt.
»Hallo Kennedy.«
»Was wollt ihr?« Sein Ton klang feindlich.
Weder Patrik noch Martin konnten ihr Erstaunen verbergen. Verschwunden waren die langen Haare, die ihm ständig ins Gesicht gehangen hatten. Weg waren auch die schwarzen Sachen und die ungesunde Haut. Der Junge, der jetzt vor ihnen stand, war so sauber und gut frisiert, daß er förmlich glänzte. Aber der feindliche Blick war derselbe wie damals, als sie ihn wegen Autodiebstahl, Drogenbesitz und vielem anderen geschnappt hatten.
»Du siehst aus, als ginge es dir gut, Kennedy?« Patrik klang freundlich. Ihm hatte der Junge immer leid getan.
Kennedy würdigte ihn keiner Antwort. Er wiederholte statt dessen seine Frage: »Was wollt ihr?«
»Wir möchten mit Jacob reden. Ist er da?« Kennedy versperrte ihnen den Weg. »Was wollt ihr von ihm?«
Noch immer freundlich, erwiderte Patrik: »Das geht dich nichts an. Also frage ich noch einmal: Ist er da?«
»Hört, verdammt noch mal, auf, ihn zu schikanieren. Und auch seine Familie. Ich habe sehr wohl gehört, was ihr vorhabt, und ich will euch nur sagen, das ist totale Scheiße. Aber ihr bekommt eure Strafe. Gott sieht alles, und er schaut auch in euer Gehirn.«
Martin und Patrik wechselten einen Blick. »Ja, die Sache geht schon in Ordnung, Kennedy, aber jetzt ist es das beste, wenn du Platz machst.«
Patriks Ton klang jetzt drohend, und nach einem Moment des inneren Kampfes wich Kennedy zurück und ließ sie widerwillig passieren.
»Man dankt«, sagte Martin kurz und betrat nach Patrik den Flur. Es schien, als wüßte der Kollege, wohin er zu gehen hatte.
»Sein Büro liegt ganz hinten im Korridor, glaube ich mich zu erinnern.«
Kennedy folgte ein paar Schritte hinter ihnen wie ein schweigender Schatten. Martin schauderte in der Wärme.
Sie klopften an die Tür. Jacob saß hinter seinem Schreibtisch, als sie eintraten. Er wirkte nicht besonders verwundert.
»Sieh an. Der lange Arm des Gesetzes. Habt ihr keine richtigen Verbrecher zu jagen?«
Hinter ihnen stand Kennedy in der Türöffnung und ballte die Fäuste.
»Danke, Kennedy, du kannst hinter uns die Tür schließen.«
Schweigend befolgte er den Befehl, wenn auch äußerst widerwillig.
»Also, ich vermute, du weißt, warum wir hier sind.«
Jacob nahm die Computerbrille ab und beugte sich vor. Er sah mitgenommen aus.
»Ja, mein Vater hat mich vor etwa einer Stunde angerufen. Er erzählte so eine wahnsinnige Geschichte, daß mein lieber Cousin behauptet hätte, das ermordete Mädchen bei mir zu Hause gesehen zu haben.«
»Ist das eine wahnsinnige Geschichte?« Patrik beobachtete Jacob.
»Natürlich ist sie das.« Er tippte mit der Brille auf die Schreibtischplatte. »Was sollte das Mädchen auf Västergärden gewollt haben? Soviel ich weiß, war sie Touristin, und der Hof liegt kaum an der Touristenmeile. Und was Johans sogenannte Zeugenaussage angeht, also … Ja, ihr wißt ja zu diesem Zeitpunkt, wie die Situation in unserer Familie ist, und leider nutzen Solveig und ihre Söhne jede Chance, um unseren Teil der Familie schlechtzumachen. Traurig, aber manche Leute haben eben nicht Gott im Herzen, sondern einen ganz anderen .«
»Schon möglich«, Patrik lächelte verbindlich, »aber jetzt ist es nun mal so, daß wir den Grund kennen, der sie nach Västergärden geführt hat.« War da ein unruhiges Blitzen in Jacobs Augen? Er fuhr fort: »Sie hat Fjällbacka nicht als Touristin besucht, sondern um ihren Wurzeln nachzuspüren. Und vielleicht mehr über das Verschwinden ihrer Mutter herauszufinden.«
»Ihrer Mutter?«, fragte Jacob verblüfft.
»Ja, sie war die Tochter von Siv Lantin.«
Die Brille klapperte. War die Verblüffung gespielt oder echt, fragte sich Martin, der es Patrik überließ, das Gespräch zu führen, um statt dessen Jacobs Reaktionen zu beobachten.
»Ja, also, ich muß schon sagen, das ist wirklich eine Neuigkeit. Aber ich verstehe immer noch nicht, welche Angelegenheit sie nach Västergärden hätte führen sollen?«
»Wie gesagt, schien sie die Absicht gehabt zu haben, mehr Information über das, was mit ihrer Mutter passiert ist, zu bekommen. Und da ja dein Onkel bei der Polizei als Hauptverdächtiger galt, so .« Er beendete den Satz nicht.
»Ich muß schon sagen, in meinen Ohren klingt das nach wilder Spekulation. Mein Onkel war unschuldig, aber trotzdem habt ihr ihn mit euren
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