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Der Preis der Ewigkeit

Der Preis der Ewigkeit

Titel: Der Preis der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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jemand und das Lächeln meiner Mutter verblasste. Walter trat auf uns zu, groß und alterslos wie immer, trotz seiner weißen Haare. Ach ja. Weil er glaubte, damit sähe er distinguiert aus.
    „Bruder“, begrüßte er Henry. „Willkommen zurück. Geht es dir gut?“
    In Henrys Augen flackerte etwas auf, als träfe er eine Entscheidung. Welche das war, musste ich nicht lange überlegen – als die beiden sich das letzte Mal gesehen hatten, hatten sie meinetwegen gestritten. Doch jetzt war ich in Sicherheit, und es gab wichtigere Dinge, über die sie sich Gedanken machen mussten. Wie zum Beispiel Milos Rettung.
    Nach dem Krieg kannst du sauer auf ihn sein, so viel du willst, schoss es mir durch den Kopf und ich ließ Henry an meinen Gedanken teilhaben. Der Rat ist so schon uneins genug.
    Henry hob eine Augenbraue, und auch wenn er nicht zu mir sah, entspannten sich seine Schultern. Schließlich wandte er sich an seinen Bruder. „Das wird es jedenfalls bald. Wie lief die Schlacht? Es war bestimmt nicht einfach.“
    „Es war, wie es war“, antwortete Walter und stieß den Atem aus. Selbst er konnte nicht verbergen, wie erleichtert er über Henrys scheinbare Vergebung war. „Morgen werden wir wieder angreifen, und das werden wir so lange tun, bis wir weit genug fortgeschritten sind, dass wir eine Siegstrategie ansetzen können. James hat uns auch von eurer Entdeckung im Parthenon erzählt. Vielleicht gibt uns das Hinweise auf Kronos’ Pläne.“
    „Vielleicht“, meinte Henry unverbindlich. Walter beäugte ihn, als versuchte er ihn einzuschätzen, und automatisch beugte ich mich vor, in dem Versuch, Henry vor diesem kalkulierenden Blick zu schützen.
    „Und du, Bruder?“, wollte Walter wissen. „Wirst du dich uns anschließen, sobald es dir wieder gut geht?“
    Ich runzelte die Stirn. Henry war beinahe gestorben, und Walter konnte an nichts anderes denken, als seinen Bruder in den Krieg hineinzuziehen?
    Henry räusperte sich und legte mir eine Hand an die Hüfte. „Da ich mich außerhalb meines Reichs befinde, kann ich mir nicht vorstellen, dass mein Beitrag wirklich etwas ausmacht. Aber ja“, erklärte er leise. „Ich werde mich euch anschließen.“
    „Ich auch“, warf ich ein, und bevor jemand widersprechen konnte, schob ich hinterher: „Ich habe ein Recht darauf, für meine Familie zu kämpfen. Solange Henry sich noch erholt, kann er mich trainieren.“
    „Nein.“ Henrys Stimme war nicht mehr als ein Flüstern an meinem Ohr. „Ich werde nicht zulassen, dass du in diesem Krieg kämpfst.“
    Und wieder einmal waren wir an diesem Punkt. Dieser Punkt, an dem Henry stur behauptete, ich könnte nicht selbst auf mich aufpassen. An dem der gesamte Rat sich weigerte, zu akzeptieren, dass ich möglicherweise helfen könnte, wenn auch nur ein bisschen. Dieses bisschen würde vielleicht das Blatt wenden und trotzdem wollten sie es nicht einmal in Erwägung ziehen. Hatte ich nicht gerade bewiesen, dass ich nicht vollkommen unfähig war? Ich war es, die überhaupt erst vorgeschlagen hatte, zum Parthenon zu gehen. Ich war es, die die Reliefs entdeckt hatte. Zwar wusste ich noch nicht zu kämpfen wie die anderen, aber ich konnte es lernen. Und in der Zwischenzeit konnte ich verdammt noch mal mehr tun, als bloß herumzusitzen und Däumchen zu drehen.
    Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, doch meine Mutter war schneller. „Kate kann kämpfen, wenn sie will“, sagte sie und hielt meinen Blick fest. „Wenn Henry es ihr nicht beibringen will, mache ich es.“
    Finster sah Henry auf sie hinunter, doch Walter war der Erste, der sich dazu äußerte. „Also gut. Wenn Kate es so will, dann soll es so sein.“ Kurz berührte er meine Mutter an der Schulter und wandte sich dann ab, um zu den anderen auf der gegenüberliegenden Seite des Kreises zu gehen.
    Sprachlos sah ich ihm nach. Das war alles? Nach allem, was passiert war, sollte das alles sein, was er mir zugestand? Kein Angebot von ihm, mich selbst zu trainieren – nicht, dass ich eins erwartet hatte, außerdem hätte ich es sowieso abgelehnt, aber trotzdem. Kein Versuch, darauf zu bestehen, dass ich mich sicher im Hintergrund hielt. Bloß die Erlaubnis, da rauszugehen und zu sterben, wenn es das war, was ich wollte.
    Vielleicht hätte es mich nicht ganz so tief getroffen, wäre ich nicht sowieso schon so aufgewühlt gewesen. Meine Mutter wusste, dass ich so oder so gegangen wäre. Sie kannte mich und wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit mir zu

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