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Der Preis der Freiheit: Geschichte Europas in unserer Zeit

Der Preis der Freiheit: Geschichte Europas in unserer Zeit

Titel: Der Preis der Freiheit: Geschichte Europas in unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wirsching
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Dies war der Fall in Spanien, wo nach Francos Tod an ältere Traditionen wieder angeknüpft wurde. Das bürgerlich-liberale Parteienbündnis Kataloniens, Convergència i Unió (CiU), die katalanischen Sozialisten der Esquerra Republicana de Catalunya (ERC)und die baskische nationalistische Partei Eusko Alderdi Jetzalea-Partido Nacionalista Vasco (EAJ/PNV) waren alle im spanischen Nationalparlament vertreten. 2004 vereinigten sie zusammen über sieben Prozent der Wählerstimmen auf sich und erreichten 25 Parlamentssitze. 2008 waren die Ergebnisse leicht rückläufig, ohne daß die Parteien in ihren Heimatregionen an Bedeutung verloren hätten.
    In Großbritannien setzte die SNP schon seit den 1970er Jahren zu einem Höhenflug an. Bei den Unterhauswahlen der 1990er und 2000er Jahre erhielt sie immer rund zwanzig Prozent der schottischen Stimmen. Wenngleich sie aufgrund des Mehrheitswahlrechts in Westminster nur wenige Abgeordnetensitze gewann, feierte die Partei doch mit der schottischen Devolution und der Einrichtung eines eigenen schottischen Parlaments im Jahre 1999 einen überwältigenden Erfolg.
    Während sich die spanischen und britischen Regionalparteien in das vorherrschende nationale Parteiensystem integrierten, gingen von den regionalistischen Parteien in Belgien und in Italien deutlich systemsprengende Wirkungen aus. Im Vorgriff und dann parallel zu der dynamischen Föderalisierung des belgischen Staates kam es schon seit den 1960er Jahren zu einer De-facto-Regionalisierung des Parteiensystems.[ 205 ] Zuerst etablierten sich ethno-regionalistische Parteien wie die Volksunie in Flandern und der Rassemblement Wallon im französischsprachigen Teil des Landes. Unter dem Eindruck dieser Entwicklung spalteten sich auch die großen traditionellen Parteien – Christdemokraten und Sozialisten – in flämische und wallonische Unterorganisationen auf. Die Gründung des rechtsextremen, separatistischen Vlaams Blok im Jahre 1979 (seit 2004 Vlaams Belang) verstärkte die zentrifugalen Kräfte des belgischen Parteiensystems noch. Und es wurde bereits darauf verwiesen, daß die Frage der föderalen Autonomie bei den belgischen Parlamentswahlen im Jahre 2010 durch den sensationellen Wahlerfolg der Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA) neue Brisanz erhielt.
    In Norditalien verspürten regional-autonomistische Gruppierungen ebenfalls bereits in den 1980er Jahren deutlichen Aufwind. Und die 1991 als Vereinigung mehrerer norditalienischer Vorläuferorganisationen gegründete Lega Nord trug zum Untergang des traditionellen italienischen Wahlsystems nicht wenig bei. Unter der Führung des charismatischen Umberto Bossi erzielte die neue Partei bereits 1992 ihren nationalen Durchbruch. Angetrieben von starken Zuläufen aus den sozialistischen wie den christdemokratischen Milieus, vereinigte sie 17 Prozent der Wählerstimmen nördlich des Po auf sich. Das entsprach einem Anteil von 8,6 Prozent am landesweiten Wahlresultat und katapultierte die Regionalpartei in dasZentrum der Koalitionspolitik in Rom.[ 206 ] 1996, nun schon auf den Ruinen des traditionellen Parteiensystems, erzielte die Lega Nord mit landesweit über zehn Prozent der Stimmen das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte. In der Folgezeit distanzierten sich Bossi und seine Partei von Berlusconis Forza Italia und verschärften ihre sezessionistische Rhetorik. Der Preis hierfür bestand in sinkenden Wahlergebnissen und einer Phase politischer Isolation. Erst 2008 konnte die Lega Nord mit 8,3 Prozent an frühere Erfolge anknüpfen. Sie beteiligte sich nach 1994 und 2001[ 207 ] an der dritten Regierung Berlusconi und erreichte bei den Europawahlen von 2009 erneut mehr als zehn Prozent der italienischen Stimmen. Knapp zwei Jahrzehnte nach ihrer Gründung stellte die Lega Nord damit unter Beweis, daß sie als regionalistische Partei gleichwohl zu einem dauerhaften Mitspieler um die politisch-parlamentarische Macht in Italien geworden war.
    Es dürfte kein Zufall sein, daß regionalistische und andere rechtspopulistische Parteien vor allem dort bedeutsam waren, wo die grünen Parteien nur geringe Erfolge verbuchen konnten. Im Grunde nämlich erfüllten Grüne und regionalistische Parteien ähnliche Funktionen, indem sie den Bedarf nach neuen politisch-kulturellen Identitäten jenseits von Nationalstaat und traditionellem Parteiensystem bedienten. Auch spielten bei den Grünen Heimatbewußtsein und ein gemäßigter Regionalismus eine durchaus nicht unerhebliche Rolle. Die Antworten

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