Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
gesamten südlichen Stadt auf sich, und zu seiner Überraschung war man diesem Vorschlag gefolgt.
Er entzündete eine Kerze, setzte sich an den Küchentisch, stocherte im Ofen und wartete darauf, dass es endlich warm werden würde.
Der Feuersturm hatte vieles verändert. Er würde es nicht zugeben, aber das laute, stinkende, ordinäre Katzenviertel fehlte ihm. Er starrte in die Glut. Das Feuer war an mehreren Stellen zugleich ausgebrochen. So etwas konnte schon einmal passieren, wenn eine entfesselte Soldateska die eigene Stadt plünderte, aber dennoch, er fragte sich, ob da jemand die Gelegenheit genutzt hatte, Unheil zu stiften.
Die Gespenster hatten die Vorgänge dieses Tages untersucht, und zwar gründlich, das musste er ihnen lassen. Sie hatten aus hunderten von Aussagen und Beobachtungen, die sie zusammengetragen hatten, einen umfangreichen Bericht erstellt, der aber dann unter Verschluss gehalten wurde.
Als Hauptmann der Gespenster hatte Lizet ihn lesen dürfen und so einige interessante Details erfahren. So kam der Bericht zu dem Schluss, dass der schlimmste Brandherd in der Scherengasse am östlichen Rand des Viertels gelegen hatte. Das war bemerkenswert, weil dort kaum Soldaten gewesen waren. Noch interessanter fand Lizet allerdings, dass sich das Feuer dort offenbar gegen den Nordwind ausgebreitet hatte. Zeugen hatten wenigstens zwei Gesegnete dort gesehen, aber seltsamerweise scheute der Bericht davor zurück, sie zu Sündenböcken zu machen. War das nur die abergläubische Furcht vor diesen Menschen? Natürlich konnten diese beiden Gesegneten nicht alle Feuer gelegt haben, aber er beschloss trotzdem, diese Information im Hinterkopf zu behalten. Er fühlte, dass sie wichtig war.
Und die anderen Brandherde? Lizet fand bemerkenswert, wie viel Mühe die Verfasser des Berichts darauf verwendet hatten, die Scholaren und ihre Feuerbomben nicht zu erwähnen. Waren diese gelehrten Männer und Frauen einfach unvorsichtig gewesen? An gleich mehreren Stellen der Stadt? Nein, es war entweder eine Verkettung sehr unglücklicher Umstände – oder es steckte eine sehr finstere Absicht dahinter. Doch warum sollten die Scholaren daran interessiert sein, das Katzenviertel niederzubrennen?
Und dann war da die Sache mit dem Schatten. Er war tot. Aber sein mutmaßlicher Begleiter, der Mörder von Richter Titior, war in dem Chaos entwischt, und es war unklar, was die beiden Männer miteinander zu tun hatten.
Die Gespenster hatten auch dazu Aussagen zusammengetragen, aber das Einzige, was sie alle gemein hatten, war, dass sie einander widersprachen. Einige Leute wollten zwei Schatten gesehen haben, einer schwor, der Schatten sei über die Dächer davongeflogen, ein anderer, dass der Schatten die Gestalt eines jungen, gut gekleideten Mannes angenommen habe, der sich dann aber in Luft auflöste.
Lizet starrte in die Ofenglut. Er versuchte, sich all die Seiten, die er gelesen hatte, wieder in Erinnerung zu rufen: die Scherengasse, er war da über etwas gestolpert. Ein Gesegneter, der einen Laden bewachte. Und der Laden gehörte einem gewissen – Lizet versuchte, sich an den Namen zu erinnern – Aris.
Der Besitzer war spurlos verschwunden, möglicherweise in den Flammen umgekommen, wie hundert andere auch. Und dann dachte Lizet plötzlich an einen anderen Brand, an die Schmiede, wo schon einmal jemand verbrannt war, der sich so ähnlich nannte: Aretus. Und wie war der Vorname dieses Aris gewesen?
Er konzentrierte sich. Ein V. Mehr hatte da nicht gestanden. V. Aris. Unfassbar! Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen: Viltor Aretus Merson. Schon wieder! Verbrannt? Wohl kaum. Dieser Mensch hatte mehr Leben als eine Katze! Und er war ein Merson – was lag näher, als anzunehmen, dass er seinem Onkel, dem Schatten, helfen würde?
Und auch Rat Gremm hatte dem Schatten geholfen, das musste einfach so sein, auch wenn das niemanden zu kümmern schien. Hatte er auch seinem Neffen geholfen, den Richter zu ermorden? Dann würde er vermutlich auch wissen, wo Viltor Merson sich versteckte.
Der Befehl lautete, dass der Hohe Rat Gremm » vorerst « in Ruhe zu lassen sei, aber wenn er seinen Obersten beweisen konnte, dass Gremm und sein Neffe mit dem Schatten gemeinsame Sache gemacht hatten, dann würde man die Sache doch wohl endlich anders sehen. Dann würde er Galenes’ Mörder endlich der gerechten Bestrafung zuführen können.
Im großen Saal des Bamaal rollten die Würfel. Vil saß einen halben Stock höher und sah durch ein
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