Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
Köpfe tauchten auf, die misstrauisch die Mauer herabspähten, sich leise austauschten und dann wieder verschwanden. Sahif konnte nicht länger warten. Er kletterte lautlos am Seil hinauf und verharrte an den Zinnen. Es war nur noch eine Wache dort. Das war schlecht. Vermutlich meldete die andere gerade, was sie gehört hatten. Sahif glitt auf den Wehrgang. Es schien ihm zu riskant, sich an dem Posten vorbeizuschleichen, denn die Pforte zum kleinen Turm war geschlossen, und er würde sie nicht unbemerkt öffnen können. Er zog das Seil rasch herauf und nahm den gleichen Weg, den er schon einmal genommen hatte, hinauf aufs Dach. Er blieb stehen. Hier setzte seine Erinnerung aus. Er war auf das Dach geklettert, daran erinnerte er sich wieder, aber nicht, was danach geschehen war. Das Nächste, woran er sich erinnerte, war, dass er in einer Köhlerhütte aufwachte und beinahe Ela Grams umgebracht hätte.
Es standen Bergkrieger auf dem alten Bergfried, der die verwinkelte Dachlandschaft kaum überragte, aber die schienen mehr den Berg im Osten im Auge zu behalten. Sahif tastete sich vorsichtig hinüber in ihren Rücken. Er schickte einen Blick zum Himmel. Die Wolken zogen schnell, aber sie zogen nicht vor die Sonne. Er huschte weiter. An den Ecken des Bergfrieds standen drei große Töpfe. Einer fehlte, und es lagen Tonscherben auf dem Dach. Irgendetwas in seinen verschütteten Erinnerungen warnte Sahif vor diesen Gefäßen. Er schlich voran und sah endlich den Draht, der sich um den Turm herumzog. Eine Stolperfalle, sehr primitiv, aber nachts kaum zu sehen. War sie ihm zum Verhängnis geworden, damals?
Die beiden Damater wandten ihm immer noch den Rücken zu.
Er stieg vorsichtig über den Draht, kletterte über die Mauer und hielt inne. Einer der Männer reckte sich, kratzte sich am Nacken und gähnte. Dann murmelte er eine belanglose Bemerkung zu seinem Kameraden. Der antwortete mit einem scheelen Seitenblick, sagte aber nichts.
Sahif schlich lautlos hinüber zur Treppe und verschwand endlich im Inneren der Burg. Er huschte die Stufen hinab. Es war ziemlich still, was nicht erstaunlich war, hatte seine Schwester doch alle Bediensteten und die Atgather Wachen fortgeschickt. Ihm konnte das nur recht sein. Doch wo würde Shahila sein? Und was würde er tun, wenn er sie fand? Brachte er es über sich, sie zu töten? Konnte er das überhaupt? Was, wenn sie das Amulett des Herzogs trug, das sie vor allen Waffen, Giften und anderen Mordwerkzeugen schützte?
Er lief durch den langen Gang hinüber zu Hados Gemächern. Eigentlich nahm er an, dass Shahila sie in Besitz genommen hätte, aber das hatte sie nicht. Die Kammer sah immer noch so aus wie damals, als der sterbende Herzog ihm hier das Wort ins Ohr geflüstert hatte. Auch die magischen Säulen der Mahre standen noch an ihrem Ort. Angeblich hatten sie früher im Thronsaal gestanden, aber auf Befehl Hados, der sich kaum aus seiner Kammer getraut hatte, waren sie hier oben aufgestellt worden. Sahif legte vorsichtig eine Hand auf eine der Säulen. Innerhalb des Rechtecks, das sie bildeten, war keine Gewalttat möglich. Er erinnerte sich daran, wie seine Schwester sich dort hineingeflüchtet hatte und er, als er sich endlich durchgerungen hatte, sie doch zu töten, ihr nichts hatte zuleide tun können. Er trat an die Fenster, die bei der Explosion von Quents Turm zersprungen waren. Sie waren nicht alle ersetzt worden, und so war es erbärmlich kalt in diesem Gemach. Er ging hinüber zu dem Kamin, der den Raum beheizen sollte. Er war offensichtlich sehr lange nicht benutzt worden.
Sahif strich durch den Raum. Die geheime Kammer befand sich irgendwo hier. Er brauchte nicht allzu lange, den Zugang zu finden, und blieb dann staunend stehen. In der niedrigen Kammer befand sich ein gemauerter Quader, der in einem schwarzen Teich zu schwimmen schien. Er trat näher heran. Wasser war das nicht, was dort um diesen Quader herumschwappte. Er umrundete den kleinen Teich, konnte aber keine Spur eines Eingangs in den steinernen Würfel finden. Und vor allem konnte er seine Schwester nicht finden. Wo mochte sie sein? Er rannte über den Gang zurück zur großen Treppe, hinab in den Thronsaal, der leer stand. Auch hier war es kalt. Eines der hohen Fenster hatte einige Scheiben verloren, vielleicht während der Belagerung. Glasscherben bedeckten den Boden unter dem Fenster, aber auch darum schien sich niemand gekümmert zu haben.
Ela hatte ihm von Bahut Hamoch und den Katakomben
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