Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
erzählt. War seine Schwester dort? Hamoch war ein Nekromant, ein Totenbeschwörer. Sahif kamen die endlosen Stunden unter der Folter des Marghul in den Sinn. Die Erinnerung an seinen quälenden Todeskampf war so stark, dass er ächzte. Er biss die Zähne zusammen. Hamoch war nicht der Marghul. Mit ihm würde er fertigwerden, wenn es denn sein musste. Er fand eine Treppe, die hinabführte, und folgte ihr. Er hatte für Totenbeschwörer noch nie viel übrig gehabt, und vielleicht konnte er Ela Grams einen Gefallen tun und ihren Peiniger aus der Welt befördern.
***
Bahut Hamoch beobachtete die Flamme, die die magische Flüssigkeit erwärmte. Es bildete sich schmutzig gelber Schaum auf der Oberfläche, aber noch nicht genug, um ihn abzuschöpfen.
»E sara, achte darauf, dass nicht zu viel Öl in den Sammelbehälter läuft!«
»M eister, Ihr dürft das nicht tun!«, mahnte Esara eindringlich.
Hamoch drehte sich nicht um. »I ch darf es nicht nur, Esara, ich muss es tun. Es ist die einzige Möglichkeit, uns den Feind lang genug vom Leib zu halten, um zu fliehen, wenn er in die Stadt eindringt.«
»A ber, Meister, Ihr habt diese herrlichen Geschöpfe erschaffen. Ihr könnt sie doch nicht umbringen!«
Bahut Hamoch konnte sich nur wundern. Noch nie hatte die sonst so harte Esara ihn derart flehentlich um etwas gebeten. Er schaute in ihr verhärmtes Gesicht. Hatte sie etwa Tränen in den Augen? Nun, das mochte an der schlechten Luft liegen. »U nd was schlägst du vor? Soll ich sie vielleicht mitnehmen?« Er wies auf die Homunkuli, die sich bereits in einer Reihe aufgestellt hatten. Sie blickten scheinbar unbeteiligt ins Nichts mit ihren zu großen Augen, den ausdruckslos glatten Gesichtern. Dreiundzwanzig waren es, kindsgroß, erst wenige Tage alt. Wenn sie ihre Umhänge überwarfen, die Esara für sie gefertigt hatte, bevor er ihr verraten hatte, was er plante, würden sie leicht mit Kindern zu verwechseln sein. Und genau darauf baute er.
Er seufzte. »W enn es eine andere Möglichkeit gäbe, Esara, ich würde sie nutzen. Aber schau, wie lange werden sie noch leben? Eine Woche, vielleicht zwei? Was macht es da für einen Unterschied? Haben wir nicht schon viele verloren?«
»A ber, Meister, die haben nicht wir getötet, sondern andere, die nicht verstehen, was Ihr hier Wunderbares geschaffen habt. Und nun wollt Ihr dieses Wunder zerstören?«
Hamoch nickte düster, er hatte kaum zugehört, denn nun schöpfte er mit der Kelle vorsichtig den fahlgelben Schaum ab und füllte ihn in einen kleinen Kessel. Er warf wieder einen Blick ins Schwarze Buch. Er hatte sich weit von der ursprünglichen Rezeptur entfernt, sehr weit, aber es funktionierte, er hatte es bewiesen. Bald würde die Stadt in Flammen stehen, und er konnte sich in dem Chaos davonschleichen und an einem anderen, hoffentlich besseren Ort seine Studien fortsetzen. Verstand Esara nicht, dass das wichtiger war als diese recht nützlichen, aber leider so verräterischen Homunkuli?
»D as Öl, Esara«, mahnte er, aber sie reagierte nicht.
»E sara?«
»N ein, Meister, ich kann Euch dabei nicht helfen.«
»D ann geh zur Seite, Weib, ich mache es selbst. Und warum ist die Tür nicht zu? Gerade jetzt kann ich keinen Besuch gebrauchen.«
»A ber ich habe die Tür verschlossen, Herr.«
»S o?« Hamoch blinzelte. Es sah Esara in der Tat nicht ähnlich, die Pforte nicht abzuschließen.
»V ielleicht«, flüsterte Esara, »i st es der Schatten, Herr.«
Hamoch schnaubte unwillig, aber er sah ein, dass sie Recht haben könnte. »M eister Almisan, seid Ihr das?«, fragte er auf Verdacht, bekam aber keine Antwort. Er schüttelte verärgert den Kopf.
»N un geh und schließe ab, Esara, und dieses Mal sorgfältiger. Und schiebe deine Unfähigkeit nicht wieder auf andere!«
Dünnes Lachen drang aus der Kammer, in der er Kisbara eingesperrt hatte. Sie hatte sich als nützlich erwiesen, was die Rezeptur dieses Elixiers betraf, auch wenn er das niemals zugeben würde. Er würde später nach ihr sehen, wenn die Arbeit getan war, und noch einmal überlegen, ob er sie töten oder als Sündenbock zurücklassen sollte. Entscheidungen, schwere Entscheidungen waren das, die er treffen musste, er, ganz allein. Esara war ihm da keine Hilfe. Sollte er sie trotzdem mitnehmen? Sie diente ihm seit Jahren treu und hatte seine Entscheidungen zuvor nie in Frage gestellt. Sie mochte auch weiterhin nützlich sein. Oder sollte er sie, die seine schwachen Augenblicke erlebt hatte und
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