Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
verwundert anstarrten. Es war ihm alles gleich. Hadogan! Er würde bei Hasfal sein, denn er bewunderte den General, und das hieß, er war bei einem Mann, der des Lebens offensichtlich überdrüssig war.
Gajan rannte durch die Gassen und über den Markt. Schon von weitem konnte er die klare, durchdringende Stimme Tarim ob Hasfals hören, der vermutlich seinen Kriegern gerade eine flammende Rede hielt. Er lief schneller, denn sein Instinkt sagte ihm, dass Gefahr in der Luft lag. Er bog in eine schmale Straße am Gericht ein und prallte entsetzt zurück. Da stand ein Mann in der Straße, im Schatten, dunkelhäutig, hatte sich an den Pranger gelehnt, das Gesicht abgewandt, aber Gajan erkannte die klaffende Wunde, die er ihm selbst beigebracht hatte. Er wich entsetzt zurück, stolperte über den Markt und nahm die nächste Straße zur Mauer.
Er versuchte, das Grauen abzuschütteln, aber es gelang ihm nicht. Er blieb stehen, ein Ächzen entrang sich seiner Brust, denn diese Begegnung konnte nur Unheil bedeuten. Er barg das Gesicht in den Händen, holte tief Luft und sagte sich, dass er sich diese Gestalt wieder nur eingebildet hatte. Es war heller Tag, nicht die Stunde der Geister, nein, es konnte nicht Kumar gewesen sein.
Hadogan! Was trödelte er hier herum, ließ sich von falschen Gespenstern erschrecken? Er biss die Zähne zusammen, lief weiter und erreichte endlich die Gasse unterhalb der Mauer.
Tarim ob Hasfal hatte es sich nicht nehmen lassen, ein Pferd zu besteigen, das nervös auf und ab tänzelte. Er hatte offenbar seine Rede beendet, denn die Soldaten rückten ab in die beiden Türme, die links und rechts des Mauerabschnitts emporragten. Gajan rannte auf den nächsten Turm zu. »H adogan– ist mein Sohn hier?«, fragte er die Soldaten, aber die sahen ihn nur mit einer seltsam abwesenden Miene an. Schließlich meinte ein alter Kämpe: »E r ist im anderen Turm. Trägt die Fahne. Ein tapferer Bursche.«
»A h, Prinz Gajan! Bereit zum Kampf, mein Freund?«, rief Hasfal, als Gajan weiter rannte.
»M ein Sohn, Hasfal! Wie kommt Ihr dazu, meinen Sohn in die Schlacht zu schicken?«
Der General lachte, und sein tänzelndes Pferd versperrte Gajan den Weg. »K eine Sorge, Prinz. Er wird die Fahne oben auf der Mauer aufpflanzen, aber sobald es ernst wird, werde ich ihn zu Euch schicken.«
»W ie ernst soll es denn noch werden?«, zischte Gajan ungehalten. Er griff dem Rappen in die Zügel, aber das Pferd riss sich los. Es schnaubte unruhig, und Hasfal hatte es kaum im Griff.
Hasfal sprang mit eleganter Leichtigkeit aus dem Sattel und ließ den Rappen laufen. Wiehernd suchte er das Weite.
Gajan wollte weg– im nächsten Turm also sollte sein Sohn stecken. Doch Hasfal packte ihn am Arm. »D er Feind sammelt sich am Fuß des Hügels, aber das Wasser, das die Mahre aus den Tunneln abgelassen haben, hat einige von ihnen mit sich gerissen. Sie werden sicher noch eine ganze Weile brauchen, bis sie zum Angriff bereit sind.«
Gajan machte sich los: »I hr solltet die Gefahr nicht unterschätzen, General, selbst ein verirrter Pfeil aus der Ferne kann einen guten Mann dort oben töten.« Er wies hinauf zum Wehrgang, aber jetzt erkannte er verblüfft, dass beinahe niemand dort oben war. Nur eine Handvoll Soldaten kauerte sich hinter die Mauer. Sie hatten ihre Helme auf die Hellebarden gesteckt und hielten sie über die Zinnen, ein Täuschungsmanöver, das Gajan irgendwie kindisch erschien. Wieder lachte Hasfal, aber in seinen Augen lag eine tiefe Traurigkeit. »S ollen sie nur schießen, die Helmonter. Sie sollen glauben, die Mauern seien nur schwach besetzt. Wir warten, bis sie herangekommen sind. Erst dann werden unsere Leute aus den Türmen kommen und sie zurückwerfen.«
»A ber…« Gajan brach den Satz ab. Er hörte etwas, das er sich nicht erklären konnte. Ein lautes, trockenes Knacken, gefolgt von einem tiefen Seufzen, das aus der Erde aufzusteigen schien. »H ört Ihr das?«, fragte er tonlos.
Der General legte seine Hand auf den Schwertgriff und starrte auf das Pflaster. Da! Ein Riss ging plötzlich durch die Straße, mitten durch die Gasse, und er schien das Mauerwerk emporzuklettern.
»B ei allen Himmeln, was ist das?«, flüsterte Gajan.
Der General antwortete nicht, aber dafür ertönte erneut ein lautes Seufzen, und der Boden unter Gajan gab plötzlich nach. Er stürzte, kam wieder hoch, sah neue Risse im Pflaster und in der Mauer. Sie zogen sich zur Seite hin, zu dem Turm, in dem sein Sohn sein
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