Der Prinz mit den sanften Haenden
einen Arm um sie und führte sie zu der Bank am Ufer. „Setz dich", befahl er ihr sanft, und als sie gehorchte, lächelte er.
„Jetzt weiß ich, dass du noch nicht wieder du selbst bist. Du hast nicht mal protestiert."
Sie lächelte schief. „Ich kann nichts dafür", entschuldigte sie ihre Schwäche.
Jalal setzte sich neben sie und nahm sie erneut in die Arme. Tränen brannten ihr in den Augen, doch sie versuchte nicht, sie zurückzuhalten. Es überraschte sie nicht, dass sie in Jalals Ge genwart weinen konnte. Noch vor einer Stunde hätte sie gesagt, er wäre der letzte Mann auf der Welt, vor dem sie eine Schwäche zeigen würde.
Er hielt sie in den Armen, während sie sich ausweinte. Es war ihre Reaktion auf die Furcht und das Entsetzen, vielleicht auch noch auf etwas anderes, das sie sich nicht eingestehen wollte.
„Danke", flüsterte sie zwischen dem Aufschluchzen. „Es tut mir Leid, dass mir das passiert, aber ich kann nicht aufhören."
Er drückte sie nur noch fester an sich.
Mit einem schwachen Lächeln fragte sie schließlich: „Hast du zufällig ein Taschentuch?"
Jalal suchte in seiner Hosentasche, fand ein paar saubere, etwas zerdrückte Taschentücher und reichte sie ihr. „Geht es jetzt wieder besser?"
„Viel besser! Danke", sagte sie noch einmal und wischte sich die Augen. „Du hättest umgebracht werden können."
Er. lächelte grimmig. „Nicht von so einem wie ihm."
„Ja, war er nicht entsetzlich?"
Jalals Gesicht verspannte sich, aber er sagte nichts.
„Ich denke, wir sollten besser die Polizei verständigen", mein te sie. „Ihnen Bescheid geben, dass sie nach ihnen Ausschau halten sollen."
„Ja." Er nickte. „Benachrichtige die Polizei, während ich mich etwas umsehe. Bitte bleib im Boot, bis ich dir Bescheid gebe, dass ', die Luft rein ist."
Jalal stand auf und lief zu dem Ferienhaus hinüber.
Clio stieg ins Boot, nahm Funkverbindung mit der Polizei auf und berichtete von den zwei Männern.
Dann funkte sie nach Hause. Das Funkgerät dort war nicht ständig eingeschaltet, aber da die Kinder auf Nachricht warteten, würde es jetzt an sein. Als Ben sich meldete, erzählte sie ihm, was passiert war, und hielt ihn so lange fest, bis Jalal wieder auftauchte und ihr das Zeichen gab, dass alles in Ordnung sei.
„Gut, Ben, ich melde mich, wenn wir zurückkommen", sagte sie und stellte das Funkgerät auf Empfang ein.
„Wie schlimm sieht es aus?" fragte sie und ging Jalal entgegen.
„Nicht besonders schlimm", erwiderte er. „Sie haben im Haus nichts zerstört."
Sie begannen aufzuräumen, brachten das Diebesgut in das Ferienhaus zurück und schlössen die Geräte wieder an. Hätte ein Außenstehender sie dabei beobachtet, wäre ihm aufgefallen, wie gut sie sich verstanden und sich gegenseitig halfen. Als Jalal die Scherben des zerbrochenen Spiegels im Schlafzimmer aufhob, war es für Clio selbstverständlich, ihm den Mülleimer zu bringen, damit er sie gleich hineinwerfen konnte. Und als er damit fertig
war und sie die Splitter zusammenfegen wollte, reichte er ihr hilf reich die Kehrschaufel.
Später beim Abendessen mussten sie ihr Abenteuer natürlich einer faszinierten Hörerschaft erzählen.
Brandon aß schnell und fuhr dann mit Jonah noch einmal zu Solitaire, um das Haus wenigstens einigermaßen zuzumachen. Morgen würde eine neue Haustür eingesetzt werden, und der Spiegel würde bis zum Wochenende erneuert sein.
Die Polizei kam, untersuchte die Fingerabdrücke und nahm auch das blutverschmierte Messer mit.
Für die Kinder war es eine aufregende Geschichte, und natür lich hatten sie viele Fragen an Jalal.
„Hast du dich mit Selbstverteidigung beschäftigt?" wollte Ben wissen.
Er war nicht weit davon entfernt, Jalal als Helden zu feiern, das merkte Clio ihm an. Sie war davon zwar nicht begeistert, aber was hätte sie dazu sagen sollen? Sie war ohnehin vollkommen durcheinander und kämpfte mit widerstreitenden Gefühlen. Einerseits hatte Jalal Zara entführt und gefangen gehalten, andererseits hatte er sie heute vor einer schrecklichen Gefahr bewahrt. Diese beiden so grundverschiedenen Verhaltensweisen bei Jalal konnte sie einfach nicht zusammenbringen.
Entsprechend zerrissen fühlte sie sich.
Als sie sich wieder der Unterhaltung zuwandte, ließ Jalal sich gerade von Ben überreden, ihm die Grundkenntnisse der Selbstverteidigung beizubringen. Natürlich wollten alle anderen nun auch mitlernen.
„Ich kann es allen beibringen", meinte Jalal beschwichtigend.
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