Der Prinz mit den sanften Haenden
dass Ihnen etwas angetan wurde?" fragte er und bewies damit, dass er sogar sehr viel von Psychologie verstand.
Sie schnappte erschrocken nach Luft und ballte die Hände zu Fäusten. Nie zuvor war sie so kurz davor gewesen, jemandem eine Ohrfeige zu geben. Aber sie brauchte ihm nur in die Augen zu sehen, um die Warnung zu erkennen. So sanft er mit den Kindern umging, so wenig behutsam würde er auf sie reagieren, sollte sie es wagen, ihn tätlich anzugreifen.
„Mir ist nie etwas angetan worden!" stieß sie wütend hervor. „Damit eines klar ist, Jalal, was immer sich in Ihrem Lager abgespielt hat oder nicht, wir sind Feinde, und das nur, weil Sie etwas getan haben."
Er schüttelte den Kopf. „Wir sind keine Feinde. Das ist es nicht, was zwischen uns steht", bemerkte er leise.
Clio brachte keinen Laut über die Lippen, während ein heißer Schauer ihr über den Rücken rann.
„Deine Schwester ist für dich eine willkommene Ausrede, um das nicht zu tun, was dir Angst macht.
Das ist die Wahrheit, nicht wahr?"
Jalal trat näher, und sie wich sofort gegen die Anrichte zurück.
„Ich habe keine Angst!" protestierte sie hitzig.
„Gut", flüsterte er, und als sie abwehrend eine Hand hob, umfasste er ihr Handgelenk.
Sie erzitterte bei der Berührung. Und wie aus dem Nichts flammte Zorn in ihr auf. Langsam beugte er sich über sie. Er würde sie küssen. Das konnte sie nicht zulassen. Sie wollte ihn anschreien, doch etwas schnürte ihr die Kehle zu. In ihrer Wut und Verzweiflung wollte sie ihn abschütteln. Aber sie konnte sich nicht bewegen.
„Machen Sie immer, was Sie wollen, ohne Rücksicht auf den anderen?" Ihre Stimme war rau.
„Ich will dich küssen", flüsterte er. Seine Lippen waren nur wenige Zentimeter von ihrem Mund entfernt. „Fragen Männer in diesem Land um Erlaubnis, wenn sie das möchten?"
Clio versuchte zu schlucken. „Ja", entgegnete sie abweisend. Ihr Hals war trocken, als wäre sie durch die Wüste gelaufen, aus der er kam. Die Regeln zwischen Männern und Frauen waren dort so anders als hier. Erneut wollte sie ihn von sich stoßen, um mehr Luft zu bekommen. Aber eine eigenartige Mattigkeit schien sie befallen zu haben.
„Dann verstehen sie nichts davon." Er zog sie an sich.
Sie spürte die Hitze seines Arms im Rücken und den Druck seiner Hand an ihrer Taille. Sein Atem streifte ihre Wange, während er ihr auffordernd in die Augen schaute. Sein Blick weckte etwas in ihrem tiefsten Innern.
Er streichelte sie genau dort, wo ihre Haut unbedeckt war, nämlich zwischen ihrem knappen Top und der auf den Hüften sitzenden Shorts. Sie erschauerte bis in die Fußspitzen, und ihre Brüste spannten sich unter dem dünnen Top vor Erregung an.
Plötzlich war sie wütend auf sich selber. Das hier war der Mann, den sie noch vor ein paar Tagen für immer zu ihrem Feind erklärt hatte.
„Was machen die Männer in der Wüste denn?" wollte sie scharf wissen. „Packen sie sich die Frau, die gerade greifbar ist? Offenbar ja! Du hast es gerade bewiesen."
„In der Wüste sorgen wir dafür, dass eine Frau sich nach dem Kuss sehnt, und dann küssen wir sie, ohne zu fragen."
Bei der männlichen Selbstsicherheit dieser Behauptung richtete ihr Zorn sich wieder auf ihn. Sie biss die Zähne aufeinander, weil sie sich kaum noch zurückhalten konnte, ihn anzuschreie n, dass er ein arroganter Barbar sei. Aber er hatte sie gewarnt...
Er ließ seine Hand über ihren Rücken gleiten. Mit der anderen Hand berührte er ihren Nacken und strich dann mit dem Daumen ihren Kiefer entlang.
Ihre Lippen prickelten. Aber sie wollte keinen Kuss von ihm! Und wenn er sie noch so sehr zu hypnotisieren versuchte. Davon verstand er etwas. Mutig schaute sie direkt in seine Augen.
Das blanke Verlangen, das sie darin sah, erschütterte sie. Sie hatte angenommen, er fühlte sich zu ihr hingezogen. Wie konnte sie ahnen, dass es sich um so eine starke Anziehungskraft handelte? Er blickte sie an wie ein ausgehungerter Mann. Ihr Herz machte einen Satz. Gefühle, die sie nicht kannte, durchströmten sie. Die Hitze, die von ihm ausging, war zu stark. Ihr war, als würde sie verbrennen.
„Dann wirst du mich nie küssen", erklärte sie, als sie endlich wieder sprechen konnte.
, „Forderst du mich heraus, Clio? Wenn eine Frau einen Mann herausfordert, muss sie sich in Acht nehmen. Es könnte passie ren, dass er die Herausforderung annimmt."
Sie verstand nicht, wieso seine Worte sie schmerzten, und sie wusste auch nicht, welcher
Weitere Kostenlose Bücher