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Der Prinz und der Soeldner

Der Prinz und der Soeldner

Titel: Der Prinz und der Soeldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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überlebender Zeuge war er gewesen? Vielleicht ein schuldiger?
    »T-t-tut mir leid, Sir, aber ich sehe mindestens zehn Zeugen, hinter diesen Nervendisruptoren.« Silberne Parabolmündungen – sie wirkten aus diesem neuen Blickwinkel riesig, wie Servierteller. Der Wechsel des Gesichtspunktes sorgte auf erstaunliche Weise für Klarheit. Jetzt gab es keine Unklarheiten mehr.
    Miles fuhr fort: »Oder haben Sie vor, Ihr Exekutionskommando zu exekutieren und dann sich selber zu erschießen? Der Kaiserliche Sicherheitsdienst wird jeden in Sichtweite unter Schnell-Penta verhören. Sie können mich nicht zum Schweigen bringen. Ob lebendig oder tot, ob durch meinen Mund oder Ihren – oder den der Rekruten dort –, ich werde Zeuge sein.«
    Zittern überfiel Miles Körper. Erstaunlich, die Wirkung von so einem bisschen Ostwind bei dieser Temperatur. Er bemühte sich, das Zittern aus seiner Stimme herauszuhalten, damit Kälte nicht als Furcht missverstanden werden konnte.
    »Geringer Trost, wenn Sie … hm … sich selbst erlauben zu erfrieren, würde ich sagen, Fähnrich.« Metzovs beißender Sarkasmus zerrte an Miles’ Nerven. Der Mann dachte immer noch, er würde gewinnen. Irrsinnig.
    Miles’ nackte Füße fühlten sich jetzt seltsam warm an. An seinen Augenwimpern hing Eis. Er holte die andern schnell ein beim Erfrieren, ohne Zweifel aufgrund seiner geringeren Körpermasse. Auf seinem Körper zeigten sich purpurrote und blaue Flecken. Die schneebedeckte Basis war so still. Er konnte fast hören, wie die einzelnen Schneekristalle über die Eisfläche glitten. Er konnte hören, wie die Knochen jedes einzelnen Mannes um ihn herum vibrierten, konnte das dumpfe, furchtsame Atmen der Rekruten heraushören. Die Zeit dehnte sich endlos.
    Er konnte Metzov drohen, seine Selbstgefälligkeit mit dunklen Hinweisen auf Komarr zerbrechen, die Wahrheit wird herauskommen … Er konnte an den Rang und die Position seines Vaters appellieren. Er konnte … verdammt, Metzov musste erkennen, dass er das Spiel zu weit getrieben hatte, egal wie verrückt er war.
    Sein Bluff mit dem Strafappell hatte nicht funktioniert, und jetzt hing er damit fest, verteidigte steinern seine Autorität bis zum Tod. Er kann auf eine komische Art gefährlich sein, wenn Sie ihn wirklich bedrohen … Es war schwer, durch den Sadismus hindurch die zugrundeliegende Angst zu sehen. Aber sie musste da sein, unten drunter … Schieben funktionierte nicht. Metzov war praktisch versteinert vor Widerstand. Wenn man versuchte zu ziehen …?
    »Aber überlegen Sie, Sir«, Miles’ hervorgestammelte Worte sollten überzeugend klingen, »welche Vorteile Sie selber haben, wenn Sie jetzt aufhören. Sie haben jetzt den klaren Beweis für eine meuterische … äh … Verschwörung. Sie können uns alle festnehmen lassen, uns ins Militärgefängnis werfen. Das ist eine bessere Rache, weil Sie alles bekommen und nichts verlieren. Ich verliere meine Karriere, werde unehrenhaft entlassen oder komme vielleicht ins Gefängnis – glauben Sie nicht, ich würde nicht lieber sterben? Die Sicherheitsabteilung der Streitkräfte bestraft den Rest von uns für Sie. Sie bekommen alles.«
    Miles’ Worte machten Wirkung auf Metzov, er hatte angebissen, Miles konnte es daran sehen, wie das rote Glühen in den zusammengekniffenen Augen nachließ, wie sich dieser so überaus starre Nacken leicht beugte. Miles musste nur noch mehr Angelschnur geben, durfte nur nicht daran rucken und damit Metzovs Kampfeswut wieder wecken, warten …
    Metzov trat näher, eine dunkle Gestalt in dem Halblicht, von seinem Atemdampf wie von einem Heiligenschein umgeben. Er sprach leiser, nur für Miles’ Ohren hörbar: »Eine schlappe Antwort, typisch Vorkosigan. Ihr Vater war schlapp mit dem Abschaum von Komarr. Das kostete uns Tote. Der kleine Sohn des Admirals vor dem Kriegsgericht – das könnte diesen scheinheiligen Scheißkerl fertigmachen, was?«
    Miles schluckte eisige Spucke. Die ihre Geschichte nicht kennen, purzelten seine Gedanken, sind dazu verurteilt, sie fortzusetzen. Leider waren dazu auch die verurteilt, die sie kannten, so schien es.
    »Verbrennen Sie das verdammte Fetain«, flüsterte er heiser, »und gehen Sie dann.«
    »Ihr steht alle unter Arrest«, brüllte Metzov plötzlich und zog seine Schultern zusammen, »zieht euch an!«
    Die anderen blickten ganz überwältigt vor Erleichterung drein. Nach einem letzten unsicheren Blick auf die Nervendisruptoren stürzten sie sich auf ihre Kleider und

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