Der Prinz und der Soeldner
schüttelte den Kopf, dann stieg er über ihn hinweg und kam auf Miles zu. Der verwirrte Schläger zog seinen Stock, versetzte dem niedergeschlagenen Mann einen Schock am Kopf und folgte dann seinem Kollegen, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen. Niemand wollte anscheinend Overholt kaufen.
»Das gibt einen zehnprozentigen Aufschlag für Widerstand gegen die Verhaftung«, bemerkte der Sprecher des Trios kühl zu Miles. Miles schielte an den glänzenden Säulen der Stiefel des Mannes empor. Der Schockstab sauste herunter wie eine Keule.
Beim dritten brennenden Schlag begann er zu schreien. Beim siebten wurde er ohnmächtig.
Miles kam viel zu früh wieder zu sich, während er noch zwischen den beiden uniformierten Männern dahingeschleift wurde. Er zitterte unkontrollierbar. Sein Atem war irgendwie durcheinander, ein unregelmäßiges, flaches Keuchen, das ihm nicht genug Luft verschaffte. Wellen von Kribbeln pulsten durch sein Nervensystem. Er bekam kaleidoskopisch verzerrte Eindrücke von Liftrohren und Korridoren und weiteren kahlen, rein funktionalen Korridoren. Endlich blieben sie mit einem Ruck stehen. Als die Schläger seine Arme losließen, fiel er zuerst auf Hände und Knie, dann sank er auf den kalten Boden.
Ein anderer ziviler Sicherheitsbeamter guckte über ein Komkonsolenpult hinweg auf ihn. Eine Hand packte Miles’ Kopf an den Haaren und riss ihn zurück, das rote Flackern eines Retinascanners blendete ihn für einen Moment. Seine Augen schienen außerordentlich empfindlich gegen Licht zu sein. Seine zitternden Hände wurden hart gegen eine Art Identifizierungsfläche gedrückt. Als sie ihn losließen, sackte er wieder zusammen. Seine Taschen wurden nach außen gekehrt, Betäuber, Ausweise, Flugtickets, Geld – alles wurde durcheinander in einen Plastikbeutel geworfen. Miles stieß ein gedämpftes Quieksen der Verzweiflung aus, als man seine weiße Jacke mit all ihren nützlichen Geheimnissen auch in den Beutel stopfte.
Zuletzt quetschte man seinen Daumen auf das Schloss, der Abdruck wurde zum Verschlusscode.
Der Haftbeamte reckte seinen Hals. »Wünscht er zu überbieten?«
»Ung …«, konnte Miles gerade noch antworten, als sein Kopf wieder zurückgerissen wurde.
»Er sagte ja«, sagte der verhaftende Schläger hilfsbereit.
Der Haftbeamte schüttelte den Kopf. »Wir müssen warten, bis der Schock nachlässt. Ihr Jungs habt übertrieben, glaube ich. Der ist doch nur ein Zwerg.«
»Ja, schon, aber hatte einen großen Kerl bei sich, der uns Schwierigkeiten machte. Der kleine Mutant schien der Verantwortliche zu sein, also zahlten wir es ihm für beide heim.«
»Das ist fair«, gestand der Haftbeamte zu. »Nun gut, das wird eine Weile dauern. Werft ihn in den Kühler, bis er aufhört zu zittern, damit man mit ihm reden kann.«
»Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist? So komisch der Kerl auch aussieht, vielleicht möchte er seinen Gegner austricksen. Vielleicht kauft er sich noch frei.«
»Mm.« Der Haftoffizier schaute Miles bedächtig von oben bis unten an. »Dann werft ihn in den Warteraum mit den Technikern von Marda. Das sind ruhige Kerle, die werden ihn nicht belästigen. Und sie sind ja bald weg.«
Miles wurde wieder geschleift – seine Beine gehorchten seinem Willen überhaupt nicht, zuckten nur krampfhaft. Die Beinschienen hatten anscheinend einen verstärkenden Effekt auf die Schocks gehabt, die ihm da zugefügt worden waren, oder vielleicht war es die Kombination mit dem Wirrnetzfeld. Ein langer Raum wie in einer Kaserne, mit einer Reihe von Feldbetten entlang jeder Wand, verschwamm vor seinen Augen. Die Bullen hievten ihn nicht unfreundlich auf ein leeres Bett im weniger belegten Teil des Raums. Der ranghöhere versuchte andeutungsweise, ihn irgendwie gerade zu strecken, warf eine leichte Decke über seine noch unkontrollierbar zuckenden Glieder, und dann ließen sie ihn allein.
Es verging eine kleine Weile, ohne dass ihn etwas vom vollen Genuss und von der Würdigung seiner neuen physischen Erfahrungen ablenkte.
Er dachte, er hätte schon von jeder Art von Qual, die es gab, gekostet, aber die Schockstäbe der Bullen hatten in ihm Nerven, Synapsen und Ganglienknoten herausgefunden, von denen er bisher nicht einmal gewusst hatte. Nichts hilft einem so sehr wie Schmerz, um die Aufmerksamkeit auf sich selber zu konzentrieren. Ein praktisch solipsistischer Zustand. Aber es schien nachzulassen – wenn doch nur sein Körper mit diesen epilepsieähnlichen Anfällen
Weitere Kostenlose Bücher