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Der Profi

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Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
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Zentimeter über dem Auslöseknopf.
    » Bum … !«, fauchte ich in Rafis Richtung. » Okay?«
    Der Herz-Bube sah mich entsetzt an.
    » Okay ? Du verstehst, was ich meine, oder?«, beharrte ich. Der Iraker machte eine kaum wahrnehmbare Kopfbewegung.
    Ich wies meine Kollegen an, ihn aus der Badewanne zu holen und anzukleiden. Die beiden Osseten behandelten mich jetzt voller Respekt und hievten die Geisel in Rekordtempo aus der Wanne. Rafi leistete nicht den geringsten Widerstand.
    Wir zogen ihm etwas über, und ich hielt ihm erneut den Zünder unter die Nase. Dann entfernte ich Knebel und Handschellen. Ich strich ihm das Haar glatt, rückte seinen Hemdkragen zurecht und glättete sein Sakko, da mit er ein etwas weniger armseliges Bild abgab. Gegen den Bluterguss auf seiner Stirn konnte ich kaum etwas unternehmen. Also drückte ich im Geiste die Daumen und hoffte, dass es, wie schon so oft in meinem Leben, auch diesmal gut gehen würde. »Stalin« nahm sich Rafis Koffer an, dann liefen wir im Gefolge Richtung Hotellift. Die Habseligkeiten der Nordosseten ließen wir, zum Vergnügen der lokalen Spurensicherung, wild verstreut in der Suite zurück. Ohne Zweifel: Die türkische Polizei wäre für die nächsten paar Stunden damit beschäftigt.
    Wir nahmen den Lift und fuhren ins Parterre hinunter. Dort konnten wir gerade noch rechtzeitig zurückweichen: Zwei Männer, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, verhörten den Angestellten der Rezeption und zeigten ihm ein Foto. Ich packte Rafi an der Gurgel und wies unserer Gruppe den Weg über einen Gang, bis wir auf einen Kellner aus dem Hotelrestaurant stießen. Ich erkundigte mich bei ihm nach den Küchenräumen.
    Der junge Mann musterte mich misstrauisch, sein Blick wanderte zwischen mir, den beiden ossetischen Riesen und unserem irakischen Freund hin und her. Ich erkundigte mich nochmals mit Nachdruck, wo es zur Küche ging, und fixierte den Kellner gleichzeitig mit einem Furcht einflößenden Blick. Endlich rang er sich zu der weisen Entscheidung durch, mir zu antworten, und gab den Weg frei. In gefährlichen Situationen riskiert niemand seine Haut, am allerwenigsten ein kleiner türkischer Ho telangestellter.
    Wir folgten seiner Wegbeschreibung bis zu einer Tür, die ausschließlich für das Personal bestimmt war. Dann ging es eine Treppe hinunter. Uns blieb nur wenig Zeit. Die Agenten der CIA würden demnächst herausgefunden haben, dass wir nicht mehr im Zimmer 415 waren, und der junge Kellner hätte Zeit genug gehabt, uns bei seinem Chef zu verpfeifen. Also beschleunigte ich meine Schritte. Noch zwei Stockwerke, eine andere Tür, ein anderer Korridor. An dessen Ende schließlich der würzige, aromatische Geruch der hiesigen Gerichte. Unter neugierigen Blicken durchquerten wir die Küche, niemand hielt uns auf. Über die Warenrampe gelangten wir nach draußen. Ich musste die Nordosseten antreiben, damit sie sich in den schmalen Seitengassen noch etwas mehr beeilten, bis ich mir sicher sein konnte, dass unser Abstand zu den CIA -Leuten groß genug war, um ein Taxi heranzuwinken. Ich nahm auf dem Vordersitz Platz, die anderen drei quetschten sich, so gut es ging, nebeneinander auf die Rückbank. Rafi hockte eingepfercht zwischen Juri und »Stalin«.
    Nach einer Stunde Fahrt näherten wir uns endlich unserem Ziel, dem Bezirk Bey o ˘ glu am nördlichen Ufer des Goldenen Horns. Wir überquerten die Galatabrücke und gelangten, getarnt im dichten Auto- und Busverkehr, zu dem Hügel, auf dem sich der erwähnte Stadtteil befindet. Ich prüfte nochmals die Adresse, dann bezahlte ich den Taxifahrer. Wir befanden uns auf der von Menschen überfluteten Einkaufsstraße Ístiklâl Caddesi . Die alte Straßenbahn, die Taksim- und Tünelplatz miteinander verbindet, ratterte an uns vorbei.
    Dann betraten wir ein heruntergekommenes Gebäude und stiegen in den dritten Stock hinauf. Auf einem verblichenen Schild stand der Kontaktname, den ich von Boris Iwanowitsch genannt bekommen hatte. Nach mehrmaligem Klopfen öffnete sich die Tür, und ich bugsierte unsere Geisel geradewegs in die Wohnung hinein. In diesem Moment fing eine Dame mit Kopftuch an, mich lautstark auf Türkisch zu beschimpfen. Ich war mir völlig sicher, dass die Adresse stimmte. Doch diese kleinwüchsige und schreiende Frau konnte unmöglich meine Kontaktperson sein.
    »Bekir Tipiler?«, erkundigte ich mich.
    Auch jetzt unterbrach die Frau ihr Gezeter nicht, im Gegenteil, ihre Stimme wurde immer lauter, sodass ich

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