Der Prometheus-Verrat
das meine ich riechen zu können.«
»Es wäre demnach das Beste, wenn ich mich in Zukunft ausschließlich und direkt mit Ihnen austauschen würde. Keine Mittelsmänner und keine E-Mails oder Faxe mehr, die abgefangen werden könnten. Ich möchte Sie bitten, eine sterile Leitung nach Langley freizuschalten, eigens abgesichert und abgeschottet.«
Der CIA-Mann nickte zustimmend.
»Außerdem sollten wir eine Codewortfolge vereinbaren, die mir garantiert, dass Sie nicht unter Druck stehen oder dass nicht andere Ihre Stimme imitieren. Ich muss sicher wissen, dass Sie es sind und aus freien Stücken reden. Noch einmal: Wenn wir Kontakt aufnehmen, ist niemand Drittes dazwischengeschaltet, nicht einmal ihre Sekretärin.«
Dunne zuckte mit den Schultern. »Verstanden. Allerdings übertreiben Sie jetzt ein bisschen. Für Marjorie lege ich die Hand ins Feuer.«
»Tut mir Leid. Keine Ausnahmen. Meine Frau Elena hat mir beigebracht, was als Metcalf-Regel bezeichnet wird. Danach nimmt die Porosität eines Netzwerks mit der Anzahl der Knotenpunkte exponentiell zu. Die Knoten sind in unserem Fall alle, die über unsere Operation Bescheid wissen.«
»Elena«, feixte der CIA-Mann. »Ich wette, sie versteht sich sehr gut auf Täuschungsmanöver. Was meinen Sie, Bryson?«
Der Stich saß – trotz allem, was passiert war, trotz aller Bitterkeit über ihr unbegründetes Verschwinden. »Stimmt«, erwiderte Bryson. »Deshalb sollten Sie mir zu allererst dabei helfen, sie zu finden …«
»Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, ich wäre hierher gekommen, um Ihre Ehe zu kitten«, fiel ihm Dunne ins Wort. »Ich will eine Riesenkatastrophe verhindern.«
»Aber vielleicht kann sie dazu beitragen. Sie weiß etwas, vielleicht sogar eine ganze Menge.«
»Ja, und was, wenn sie involviert wäre?«
»In dem Fall wäre sie an zentraler Stelle involviert. Und wenn man sie belogen und betrogen hat wie mich …«
»Machen Sie sich nichts vor, Bryson. Ich habe Sie gewarnt …«
»Wenn man sie wie mich belogen hat«, fuhr Bryson fort, »könnte ihr Wissen trotzdem sehr aufschlussreich für uns sein.«
»Und damit würde sie natürlich prompt rausrücken, und sei es aus sentimentalen Gründen. Der Erinnerung an glückliche Zeiten wegen.«
»Wenn ich an sie herankäme«, rief Bryson, besann sich dann aber und fügte leise hinzu: »Wenn ich sie doch bloß sprechen könnte. Verdammt, ich kenne sie, ich weiß, ob sie lügt, ob sie mit der Wahrheit hinter dem Berg hält oder ob sie Ausflüchte macht.«
»Sie träumen«, sagte Dunne und hustete erneut rasselnd und pfeifend. »Sie glauben sie zu kennen, mehr noch, Sie sind überzeugt davon, nicht wahr? Allerdings waren Sie auch überzeugt davon, Ted Waller alias Gennadi Rosowski zu kennen. Oder Piotr Aksionow alias ›Onkel‹ Peter Munroe. Hat Ihre Stippvisite im Seniorenheim die gewünschte Aufklärung gebracht?«
Bryson drohte die Beherrschung zu verlieren. »Zur Hölle mit Ihnen! «, platzte es aus ihm heraus.
»Wachen Sie auf, Bryson. Er dürfte doch wohl selbstverständlich sein, dass ich, seit ich vom Direktorat weiß, ihre Tante observieren lasse. Die Gute ist so verwirrt, dass unsere Leute nichts aus ihr herausbekommen haben, und darum rätseln wir immer noch, ob sie etwas wusste und, wenn ja, wie viel. Und es besteht immerhin die Möglichkeit, dass jemand aus dem Umfeld ihres verblichenen Gatten Kontakt mit ihr aufzunehmen versucht.«
»Unsinn!«, konterte Bryson. »Sie haben doch gar nicht die personellen Mittel, um eine alte Frau rund um die Uhr, tagaus, tagein observieren zu lassen, und das bis zu ihrem Tod.«
»Herrje«, winkte Dunne ab, »natürlich nicht; aber da ist jemand, der einen hübschen Nebenverdienst einstreicht, Monat für Monat überwiesen von Felicias ›treuem altem Vetter Harry‹, der sich große Sorgen um seine Kusine macht. Sobald sich irgendjemand bei Felicia meldet, telefonisch oder persönlich, gibt mir eine gewisse Shirley umgehend Bescheid. Sie geht davon aus, dass ich meine senile Felicia vor Erbschleichern und sonstigen üblen Gestalten zu beschützen versuche. Ich kümmere mich um meine Kusine, wo ich nur kann. Ich weiß also, wer wann mit Felicia in Verbindung tritt. Tja, man tut, was man kann. Ich habe nur diesen einen Anhaltspunkt. Sonst gibt es niemanden mehr. Aber mal was
ganz anderes: Wollen wir etwa den ganzen Tag in diesem Stinkloch verbringen?«
»Mir gefällt’s hier auch nicht, aber immerhin können wir uns halbwegs sicher
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