Der Prometheus-Verrat
Schoß gelegt hätte.«
Dreizehntes Kapitel
D er an der Rue de la Corraterie mitten im Geschäfts- und Bankenviertel von Genf hoch aufragende gläserne Büroturm leuchtete blau wie das Meer und reflektierte glitzernd die Strahlen der Nachmittagssonne. Im 27. Stock befanden sich die Büros der Banque Genève Privée, die mit ihren Holzvertäfelungen an den Wänden, orientalischen Teppichen und erlesenen Antiquitäten eine konservative Eleganz verströmte, die umso wirkungsvoller zur Geltung kam, als der sie behausende Wolkenkratzer von ausgesprochen futuristischem Design war. Hier schien – so die suggestive Botschaft – gutbürgerliche Tradition im Einklang mit Fortschritt und Hightech zu stehen.
Bryson und Layla saßen in einem kleinen, aber komfortabel eingerichteten Wartezimmer. Bryson war am Vormittag auf dem Flughafen Geneva-Cointrin gelandet, hatte im Le Richemond ein Zimmer bezogen und dann Layla, die wenige Stunden zuvor am Pariser Gare Cornavin in den Paris-Ventimiglia-Express gestiegen war, vom Bahnhof abgeholt. Sie hatten sich wie zwei gute Freunde begrüßt, vertraut und gerade so, als wären sie nur für kurze Zeit getrennt gewesen. Layla brannte darauf, ihm von ihren Recherchen zu berichten; sie hatte, wie sie andeutete, ein paar Goldnuggets an Informationen geschürft. Aber noch war keine Zeit für ein ausführliches Gespräch gewesen. Er hatte sie ins Hotel gebracht, wo sie ein eigenes Zimmer genommen hatte. Gleich nachdem sie sich umgezogen und frisiert hatte, waren die beiden in die Rue de la Corraterie weitergefahren, um dort mit dem Banker zusammenzutreffen, mit dem sich Bryson zu einem Gespräch verabredet hatte.
Lange brauchten sie nicht zu warten. Hier herrschten schweizerische Verhältnisse, und Pünktlichkeit war oberstes Gebot. Eine matronenhafte Frau mittleren Alters mit Knoten
im grauen Haar erschien exakt zum abgemachten Zeitpunkt.
Sie begrüßte ihn mit seinem ihm von der CIA verliehenen Decknamen. »Sie müssen Mr. Mason sein«, sagte sie und trug die Nase dabei sehr hoch. Gute Kundschaft wurde von ihr ganz anders in Empfang genommen. Aber für einen Vertreter der US-Administration, als der er ihr angekündigt war, hatte sie an Freundlichkeit nicht viel übrig. Und an Layla gewandt: »Sie sind demnach …!«
»Anat Chafetz«, half Bryson aus. »Vom Mossad.«
»Erwartet Monsieur Bécot Sie beide? Nach meinen Informationen war ein Gespräch allein mit Mr. Mason vorgesehen. « Die Sekretärin schien verwirrt zu sein.
Bryson imitierte ihren schnippischen Tonfall. »Ich versichere Ihnen, Mr. Bécot will uns beide sehen.«
Sie deutete ein Kopfnicken an. »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
Nach etwa einer Minute war sie wieder da. »Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
Jean-Luc Bécot war ein gedrungener Mann mit zackigen Bewegungen, die deutlich machten, dass es ihm sehr auf Präzision ankam. Er hatte kurz geschnittenes graues Haar, trug eine Brille mit Goldrand und einen maßgeschneiderten grauen Anzug. Er gab seinem Besuch höflich die Hand, was ihm aber offenbar lästig war, und fragte, ob jemand Kaffee zu trinken wünsche.
Wenig später kam ein junger Mann mit einem silbernen Tablett herein und servierte drei winzige Tassen Espresso. Die für Layla und Bryson stellte er auf den kleinen, um Armeslänge entfernten Beistelltisch, die dritte auf die Platte des gläsernen Schreibtisches, hinter dem Jean-Luc Bécot saß.
Bécots Büro war ähnlich opulent mit antikem Mobiliar und Perserteppichen eingerichtet wie die übrigen Räumlichkeiten. Eine Wand bestand ausschließlich aus Glas und bot einen prächtigen Ausblick auf Genf.
»Nun denn«, sagte Bécot, »Sie werden Verständnis dafür haben, dass meine Zeit knapp bemessen ist. Verzeihen Sie, wenn ich Sie bitte, sofort zur Sache zu kommen. Sie deuteten
an, dass bei der Führung eines unserer Konten Unregelmäßigkeiten aufgefallen seien – was ich mir aber ganz und gar nicht vorstellen kann. Unsere Bank würde so etwas nie dulden. Ich fürchte also, dass Sie sich vergeblich hierher bemüht haben.«
Zu den eröffnenden Bemerkungen des Bankers lächelte Bryson duldsam, während er seine Fingerspitzen betrachtete. Als Bécot ihm endlich die Gelegenheit gab, sagte Bryson: »Monsieur Bécot, ich säße jetzt nicht hier vor Ihnen, hätten nicht Sie oder einer Ihrer Mitarbeiter vorher bei der CIA in Langley angerufen, um sich über mich zu erkundigen.« Er pausierte kurz und notierte die unausgesprochene Bestätigung in
Weitere Kostenlose Bücher