Der Prometheus-Verrat
der Miene seines Gegenübers. Bryson zweifelte keinen Augenblick daran, dass sein Anruf vor wenigen Stunden in diesem Haus für einige Aufregung gesorgt hatte. Die CIA hatte einen Agenten nach Genf geschickt, um in Sachen eines fraglichen Kontos zu ermitteln. Bestimmt stand die ganze Banque Genève Privée bereits Kopf; es hatte mit Sicherheit jede Menge hektischer Anrufe und wahrscheinlich auch schon eine Art Krisensitzung gegeben. Es gab Zeiten, da hätte sich jeder renommierte Schweizer Banker schlichtweg geweigert, Agenten eines Geheimdienstes zu empfangen: Gegen das Bankgeheimnis zu verstoßen wäre undenkbar gewesen. Doch die Zeiten hatten sich geändert, und obwohl in der Schweiz immer noch in großem Umfang Geld gewaschen wurde, hatten sich die Eidgenossen dem internationalen Druck beugen müssen. Sie waren neuerdings sehr viel kooperativer oder gaben es zumindest vor.
Bryson fuhr fort: »Ihnen dürfte klar sein, dass ich nicht hier wäre, wenn es sich nicht um eine durchaus ernste Angelegenheit handeln würde, in die Ihre Bank verwickelt ist. Es wird in dieser Sache zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen, und die werden Sie Ihrer Bank doch sicher ersparen wollen.«
Bécot zeigte ein hässliches kleines Grinsen. »Ihre Drohungen kommen bei uns nicht an, Mr. … Mr. Mason. Und wenn Sie glauben, uns damit einschüchtern zu können, dass Sie sich von einer Mossad-Agentin begleiten lassen …«
»Monsieur Bécot«, unterbrach Bryson im Tonfall eines Strafverfolgers, der alle Trümpfe in der Hand hält. »Seit im Jahr 1982 die Convention de Diligence unterzeichnet wurde, kann weder Ihre noch irgendeine andere Bank großzügig über Konten hinwegsehen, auf denen Geld aus kriminellen Geschäften gewaschen wird. Wer das trotzdem tut, hat, wie Sie wissen, strafrechtlich empfindliche Konsequenzen zu erwarten. Sie sehen nun in Mademoiselle Chafetz und mir geheimdienstlich tätige Vertreter zweier Weltmächte vor sich, die um Ihre Mithilfe bei der Aufklärung von Geldwäsche großen Stils werben. Entweder Sie helfen uns, wie es das Gesetz von Ihnen verlangt, oder Sie weisen uns die Tür und zwingen uns, Sie in Lausanne anzuzeigen.«
Der Banker starrte Bryson einen Moment lang an und vergaß darüber seinen Kaffee. »In welcher Sache ermitteln Sie, Mr. Mason?«
Bryson spürte eine Verunsicherung auf Seiten des Bankers und beschloss, dass es an der Zeit war zuzustoßen. »Wir interessieren uns für das von der Banque Genève Privée unter der Nummer 246322 geführte Konto eines gewissen Jan Vansina.«
Bécot zögerte einen Moment. Wenn nicht die Nummer, so schien ihm doch zumindest der Name etwas zu sagen. »Unsere Kunden bleiben für uns anonym.«
Bryson warf einen Blick auf Layla und gab ihr damit das Zeichen für ihren Einsatz. »Wie Sie mit Sicherheit wissen, ist von einem fiktiven Absender in Liechtenstein eine beträchtliche Geldsumme auf dieses Konto transferiert und von hier aus auf diverse andere Konten verteilt worden: Konten von Scheinfirmen auf der Isle of Man und den Kanal-Inseln, den Cayman-Inseln, Aguilla sowie den niederländischen Antillen. Von dort gelangte das Geld in weiter aufgeteilten Portionen auf die Bahamas und nach San Marino …«
»Bargeldtransfers sind nicht ungesetzlich!«, protestierte Bécot.
»Solange es sich nicht um Geld aus kriminellen Geschäften handelt«, entgegnete Layla nicht minder heftig. Bryson hatte ihr mitgeteilt, was er durch Harry Dunne über Vansinas
Konto wusste. Alles andere war improvisiert, und Bryson staunte nicht schlecht über das, was sie aus dem Stegreif vortrug. »Im vorliegenden Fall wird Geld gewaschen, um damit Waffen einzukaufen, die für Terroristen rund um die Welt bestimmt sind.«
»Das klingt ja so verdächtig wie ein Angelausflug«, bemerkte der Schweizer.
»Ein Angelausflug?«, entgegnete Layla. »Seien Sie versichert, dass Washington und Tel Aviv gemeinsam in dieser Sache ermitteln; mit anderen Worten, sie wird als äußerst dringlich erachtet. Aber ich sehe, wir verschwenden hier nur unsere Zeit.« Sie stand auf, worauf sich auch Bryson sogleich von seinem Stuhl erhob. An ihn gerichtet, sagte sie: »Anscheinend befinden wir uns hier eine Etage zu tief. Monsieur Bécot hat entweder nicht die nötige Entscheidungsbefugnis, oder er ist Komplize und versucht in Deckung zu gehen. Ich bin sicher, der Eigentümer der Bank, Monsieur Etienne Brousard, wird uns gegenüber sehr viel aufgeschlossener sein …«
»Was wollen Sie eigentlich?«,
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