Der Prometheus-Verrat
sprachlos.
»Sie wird gleich hier sein, ist wahrscheinlich schon im Haus, Sie verdammtes Arschloch! « Mit diesen Worten sprang Dawson auf Elena zu, packte sie beim Hals und drückte beide Daumen auf ihren Kehlkopf. All das ging so schnell, dass Elenas Schrei im Hals erstickte.
Laut krachend löste sich ein Schuss aus der ungedämpften Browning, und dicht unter dem Haaransatz klaffte plötzlich ein kleines ovales Loch in Dawsons Stirn. Mit eigentümlich maskenhaftem Gesichtsausdruck kippte er vornüber zu Boden.
»Schnell!«, sagte Bryson. »Schnapp dir seinen Taschencomputer, seine Brieftasche, alles, was er bei sich hat.«
Elena verzog angewidert das Gesicht, als sie die Taschen des Toten durchsuchte und Schlüssel, Brieftasche, Palm-Pilot und diverse Zettel daraus hervorkramte. Dann folgte sie Bryson durch die offene Wandschranktür und sah, dass er die Rückwand entfernt hatte.
Diskretion war für Belinda Headlam als Angestellte von Außenminister Rupert Vere eine Selbstverständlichkeit. Sie wusste, dass ihr Chef politische Gespräche der heikleren Art in seinen Räumen unterm Dach des Palastes von Westminster zu führen pflegte, und sie hatte den Verdacht, dass es dort auch gelegentlich zu amourösen Treffen kam. Im vergangenen
Jahr hatte die junge Frau aus dem Landwirtschaftsministerium immer einen leicht aufgelösten Eindruck gemacht, sooft sie, wegen einer dringenden Sache vom Premier gerufen, Veres Büro in aller Eile verlassen musste. In jüngster Zeit hatte sie sich allerdings nur noch selten blicken lassen; vielleicht war Vere es leid, dass sie so häufig vorzeitig weggerufen wurde. Wie auch immer, Belinda Headlam hatte die Episode fast schon wieder vergessen, zumal sie über die Schwächen der Männer ohnehin nur mit den Schultern zucken konnte.
Der Außenminister war jedenfalls ein bedeutender Mann, einer der fähigsten in der Regierung, wie es die Express immer wieder feststellte, und sie fühlte sich geehrt, von ihm persönlich als seine Sekretärin ausgewählt worden zu sein. Jetzt machte sie sich allerdings große Sorgen. Sie rang die Hände und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte, meinte aber schließlich, nicht länger zögern zu dürfen. Das Büro des Außenministers war schallisoliert – darauf hatte er Wert gelegt –, aber dieses Geräusch, so sehr es auch gedämpft worden war, hatte sich doch verdächtig nach einem Schuss angehört. War das denn überhaupt möglich? Wenn es aber tatsächlich ein Schuss gewesen war und sie hatte nicht reagiert – tja, was dann? Was, wenn der Außenminister verwundet am Boden läge und in Lebensgefahr schwebte? Ungewöhnlich auch, dass sich Simon Dawson so lange im Büro aufhielt. Und ganz und gar sonderbar war nicht zuletzt auch diese aufgedonnerte Frau, die dem Minister eine Nachricht hatte zukommen lassen. Dass der Außenminister bei ihrem Anblick große Augen machen würde, war anzunehmen, aber gewerblich schien die fremde Frau nicht unterwegs zu sein.
Irgendetwas war hier faul.
Belinda Headlam stand auf und klopfte an die Tür. Sie wartete fünf Sekunden, klopfte noch einmal und stieß dann mit den Worten »Es tut mir Leid« die Tür auf. Dann konnte sie nur noch schreien.
Der Anblick war so entsetzlich, dass es fast eine halbe Minute dauerte, bis sie den nahe liegenden Gedanken fassen konnte, Alarm zu schlagen.
Sergeant Robby Sullivan vom Palastrevier der Metropolitan Police machte, um schlank und fit zu bleiben, jeden Morgen einen Dauerlauf. Er hatte kein Verständnis für nachlässigere Kollegen, die es zuließen, dass sie mit den Jahren immer fülliger wurden. Robby war seit sieben Jahren auf seinem Posten und hatte die Aufgabe, in den Houses of Parliament für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Ein ruhiger Job, doch weil nach wie vor mit Bombendrohungen seitens der IRA zu rechnen war, wusste er sehr wohl schnell zu reagieren, wenn Alarm ausgelöst wurde.
Auf das, was ihn im Büro des Außenministers erwartete, war er jedoch ganz und gar nicht vorbereitet. Er und Constable Eric Belson, sein junger rothaariger Assistent, setzten sich sofort mit Scotland Yard in Verbindung und forderten Hilfe an. Dann versiegelten sie das Büro und postierten einen Wachposten vor jedem der Ausgänge. Laut Mrs. Headlam lief ein weiblicher Killer durchs Haus. Rätselhaft blieb, wie sie unbemerkt an Mrs. Headlam hatte vorbeikommen können. Wie dem auch sei, Robby war entschlossen, sie nicht entwischen zu lassen. Worauf seine Leute in zahllosen
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