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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Ohne den Jungagenten aus dem Schusswinkel zu entlassen, warf Bryson die Fahrertür auf und schlüpfte hinters Lenkrad. Auf den ersten Blick stellte er fest, dass die Fenstergläser ringsum kugelsicher waren. Er brauchte nur den Schalthebel aus der Park-Stellung zu ziehen, und schon rollte der Wagen an. Gleich darauf hörte er eine Kugel ins Heck einschlagen, dem Scheppern nach zu urteilen genau ins Nummernschild. Ein zweites Geschoss traf auf die Heckscheibe und spritzte davon ab, ohne Schaden anzurichten. Mit weiteren Schüssen auf die Reifen versuchte der Rotschopf, den Wagen aufzuhalten.

    Doch schon wenige Sekunden später raste Bryson durch das geöffnete schmiedeeiserne Tor zum Campus hinaus auf die von Bäumen gesäumte Zufahrt. Einer seiner Verfolger lag am Boden, der andere ballerte wild und vergeblich hinter ihm her. Bryson schwirrte der Kopf. Das war’s , dachte er. Und: Was nun?
     
    Wenn man mich wirklich hätte umbringen wollen, wäre ich jetzt tot .
    Auf die Interstate abgebogen, trat Bryson aufs Gaspedal, gefasst darauf, dass sich ihm ein oder mehrere Verfolger anschließen würden. Sie haben mich absichtlich, arglos und unbewaffnet wie ich war, zu überrumpeln versucht . Man hatte also etwas anderes mit ihm im Sinn gehabt. Aber was? Wie war es überhaupt möglich, dass sie ihn gefunden hatten? Wer hatte da Zugriff auf eine strengstens abgesicherte Datenbank des Direktorats? Es gab zu viele Variablen, zu viele Unbekannte. Von Angst aber war Bryson weit entfernt; er empfand nur diese eisige Ruhe des gedrillten Agenten, der er einst gewesen war. Einen Flughafen würde er jetzt natürlich nicht ansteuern, denn da erwartete man ihn als Erstes. Stattdessen beschloss er, dahin zu fahren, wo man ihn am wenigsten erwartete: in sein Haus auf dem Campus. Falls es dort zu weiteren Konfrontationen käme, musste er sich ihnen eben stellen. Konfrontation war ein Risiko von begrenzter Dauer, eine Flucht dagegen konnte endlos sein. Für so etwas fehlte Bryson mittlerweile die Geduld. Zumindest in der Hinsicht hatte Waller durchaus Recht.
    Als er in den Campusweg einbog, der zu seiner Wohnung an der Villier Lane führte, hörte er – und sah dann auch – einen Hubschrauber durch die Luft schwirren und auf den kleinen Landeplatz auf dem Gebäude zufliegen, das von einem Software-Milliardär gestiftet worden war und die naturwissenschaftliche Fakultät beherbergte. Es war mit Abstand das höchste Bauwerk der College-Anlage. Normalerweise landeten dort nur bedeutende Sponsoren; diese Maschine aber trug die Kennung der Bundespolizei. Offenbar war sie gerufen worden. Bryson hielt vor seinem Haus
an, einem leicht verwitterten Ziegelbau im Queen-Anne-Stil mit Walmdach und stuckverzierter Fassade. Das Haus war leer, und an der Alarmanlage, die er selbst installiert hatte, konnte er ablesen, dass niemand das Haus in seiner Abwesenheit betreten hatte.
    Er vergewisserte sich, dass an der Anlage nicht herumgefummelt worden war. Helles Sonnenlicht flutete durch ein Wohnzimmerfenster auf die Bodendielen aus Kiefernholz, das durch die Wärme einen angenehm harzigen Duft verbreitete. Genau darum hatte er sich für den Kauf dieses Hauses entschieden: Dieser Duft erinnerte ihn an ein glückliches Jahr, das er in einem Holzhaus außerhalb von Wiesbaden verbracht hatte. Er war damals sieben Jahre alt gewesen, und sein Vater hatte auf dem nahe gelegenen Militärstützpunkt ein Jahr Dienst absolvieren müssen. Nicht, dass Nick ein typischer Soldatenspross gewesen wäre. Sein Vater hatte immerhin im Rang eines Generals gestanden und seiner Familie stets eine komfortable Unterkunft mit Personal bieten können. Trotzdem, während seiner Kindheit lernte Nick vor allem eines: Pflöcke aus dem Boden zu ziehen und in irgendeinem anderen Winkel der Welt wieder einzuschlagen. Seine natürliche Sprachbegabung, über die andere nur staunen konnten, kam ihm bei den vielen Umzügen sehr zugute. Neue Freundschaften zu schließen fiel ihm allerdings weniger leicht, doch auch darin entwickelte er mit der Zeit mehr und mehr Geschick, zumal er sich nicht als Außenseiter stilisieren wollte, wie so viele andere Kinder von Armeeangehörigen.
    Er war jetzt zu Hause. Er würde abwarten. Das nächste Treffen würde auf seinem Territorium stattfinden, zu seinen Bedingungen.
    Es dauerte nicht lange.
    Nur wenigen Minuten waren vergangen, als ein schwarzer Cadillac, durch einen US-Wimpel an der Antenne als Limousine der Regierung kenntlich gemacht, in seine

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