Der Prometheus-Verrat
nichts mitbekam.
»Wie wär’s mit einer kleinen Führung?«, fügte sie hinzu und zog die Augenbraue hoch. »Es braucht ja nicht lange zu dauern, hm?«
Befangen und mit rotem Gesicht erhob sich der junge Mann von seinem Stuhl. »Na schön, Mademoiselle«, sagte er.
Es gab nun, wie sich Layla ausrechnete, mehrere Möglichkeiten. Falls er sie zufällig in den Raum führte, in dem sich Bryson versteckt hielt, würde er von ihm überrascht und überwältigt werden.
Stattdessen aber führte er sie in den anderen Raum, das wohnlich eingerichtete chambre de fumeur . Er war merklich
erregt und zog mit einem wölfischen Grinsen die Tür hinter sich zu.
Für Layla war es an der Zeit, Plan B in die Tat umzusetzen. Sie wandte sich ihm mit lüsterner Miene zu.
Lautlos eilte Bryson durch den Flur, bog um die Ecke und schlenderte auf den Posten zu, der nunmehr allein Wache vor jener wuchtigen Tür zu Arnauds – vermutlich leerem – Privatbüro schob.
Nun war es an Bryson, Trunkenheit zu markieren. Er näherte sich auf wackligen Beinen und machte den Wachposten auf sich aufmerksam.
»Monsieur«, sagte der junge Mann, halb grüßend, halb warnend.
Wankend kam Bryson näher und fuchtelte dabei mit seinem goldenen Zippo-Feuerzeug in der Luft herum. »Verdammter Mist! Stellen Sie sich vor, an mein Feuerzeug hab ich gedacht, aber meine Zigaretten vergessen«, lallte er auf Englisch.
»Sir?«
Er schaltete auf Französisch. » Vous n’ auriez pas une cigarette? « Immer noch winkte er mit dem Feuerzeug. »Als Franzose müssten Sie doch welche haben.«
Als der Wachposten nach der Zigarettenpackung griff, die in seiner Jackentasche steckte, betätigte Bryson das Feuerzeug, das allerdings statt einer Flamme eine chemische Keule produzierte, die den Mann in Sekundenschnelle außer Gefecht setzte.
Schnell ließ Bryson den bewusstlosen Wachmann auf den Stuhl zurücksinken und legte ihm die gefalteten Hände in den Schoß. Aus Erfahrung wusste Bryson, dass er die Augen des Ohnmächtigen nicht öffnen konnte, also ließ er es dabei bewenden. Von weitem betrachtet, sah es so aus, als schöbe der Posten nach wie vor Wache. Wer in seine Nähe kam, hätte vermutet, dass er schlafe.
Das Betäubungsmittel versprühende Feuerzeug war eines von mehreren kleinen Hilfsmitteln, mit denen sich Bryson in Paris eingedeckt hatte. Dazu zählten außerdem ein Scanner beziehungsweise Grabber für Sicherheitsschlösser und
Infrarot- und Radiowellencodes. Zweifelsohne hatte Arnaud sein Haus, sooft er es für längere Zeit verließ, mit diversen Bewegungsmeldern und Alarmanlagen abgesichert. An diesem Abend – und nachdem er soeben noch in seinem Büro gewesen war –, würde er allerdings wohl keine dieser Anlagen aktiviert haben. Die Bürotür fiel automatisch ins Schloss, das allerdings ein ganz gewöhnliches Zylinderschloss und entsprechend leicht zu knacken war. Bryson zog ein kleines schwarzes Werkzeug aus der Tasche, einen pistolenförmigen Nachschlüssel, mit dem er besser umgehen konnte als mit herkömmlichem Besteck. Er steckte ihn ins Schloss und schob den Kolben so lange hin und her, bis der Zylinder frei drehte und die Tür aufging.
Das Licht seiner kleinen Taschenlampe fiel in einen überraschend karg eingerichteten Raum, der eher in eine Kaserne gepasst hätte als in ein Château. Da war eine kleine Sitzecke, bestehend aus einem Sofa, zwei Sesseln und einem Beistelltischchen, sowie ein großer leerer Mahagonitisch, der offenbar als Schreibtisch diente. Darauf standen eine Tensor-Lampe und zwei Telefonapparate …
Das Telefon .
Das, wonach Bryson suchte, war ein flaches, dunkelgraues Gerät, so groß wie eine Pralinenschachtel und mit einem Deckel ausgestattet. Mit dem Hörer an der Seite und dem Tastenblock wirkte es wie ein gewöhnlicher Telefonapparat, doch Bryson wusste, um was es sich in Wirklichkeit handelte. Er hatte schon mehrere Modelle dieser Art gesehen, wenn auch keines, das so klein und kompakt war: die jüngste Generation eines Satellitentelefons. Im Deckel befanden sich Antenne und Funkeinheit. Darin eingebaut war ein Chip, programmiert mit einem Encryption-Algorithmus für unbegrenzte 128-Bit-Verschlüsselungen. Das Gerät ermöglichte absolut abhörsichere Funkverbindungen, da die Codes niemals mitgesendet wurden. Ein abgefangenes Gespräch würde nur aus sinnlosen Lautfolgen verzerrter Stimmen bestehen. Weil es sich auf Satelliten aufschalten ließ, konnte man auf diesem Gerät von den entlegensten Winkeln der
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