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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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sind?“
    Seine heiße Liebe zu den Chefredakteuren kenne ich schon seit gestern Nacht. Wie auch seine Vorliebe für rhetorische Fragen.
    „Was ist denn wieder?“, erkundige ich mich.
    „Ein fantastisches Material!“ Er gibt den vor ihm liegenden Fahnen einen Stoß. „Morgen wäre sein Schmierblatt in ein paar Minuten vergriffen gewesen. Und er hat es zurückgezogen, nachdem er es bereits angenommen hatte.“
    Ich werde zum Mitbetroffenen, wie das Modewort jetzt bei Journalisten heißt, und erkundige mich anteilnehmend: „Schade, worum geht es denn?“
    „Eine kleine Drogenaffäre. Nichts Weltbewegendes, nur dass ein paar Söhnchen aus der Hautevolee drinhängen. Mit Jachten, Sie verstehen. Ich bin da auf etwas gestoßen“ – er grinst, und seine Lupen funkeln -, „na ja, unsereiner kennt auch diesen und jenen. Und dieser Spinner hat es herausgenommen.“
    „Also ist er nicht schizophren“, erkläre ich überzeugt. „Wollen wir ein paar belegte Sandwiches und von Ihrer Cola bestellen? Ich möchte gern mit Ihnen reden, aber das macht sich nicht gut mit leerem Magen.“
    „Das nenne ich einen vernünftigen Vorschlag!“, verkündet Lundgren und hebt zwei Finger über die Nische, offensichtlich ein Verständigungssignal.
    Die Gläser kommen augenblicklich zusammen mit dem Barmann. Er knallt sie auf den Tisch und verschwindet.
    „Reden wir also!“, willigt Lundgren ein. „Sicherlich über… Ihre Geschichte. Wie weit ist sie gediehen?“
    „Nun ja… es geht aufs Ende zu“, erkläre ich vorsichtig. (Es ist wahr, es geht voran, aber welchem Ende zu?)
    Dann nippe ich an der widerlich schmeckenden Cola und füge hinzu: „Ein Infarkt. Doktor Bresson ist an einem Infarkt gestorben, das ist bewiesen. Der Unfall ist nur eine Folge, und die Verletzung, die er dabei erlitten hat, ist nicht schwerwiegend.“
    Lundgreen rückt das Brillengestell zurecht und mustert mich aufmerksam.
    „Dann ist ja alles okay. Was noch?“
    „Es ist nicht okay“, sage ich. „Die Todesursache ist klar, aber da sind zwei, drei Minuten, die mir bei dem Unfall fehlen. Das sind die Minuten bis zu Ihrem Eintreffen am Unfallort. Sie haben es mir gestern erzählt, aber können wir nicht eine Zeichnung machen, damit es klarer wird?“
    „Bitte, wenn Sie wert darauflegen!“ Lundgreen willigt ein. Ich nehme das Blatt aus der Tasche, auf das ich die Skizze von der Ortsbesichtigung übertragen habe, und lege es vor ihm hin. Die Kurve ist gut zu sehen, mit kleinen Rechtecken ist die Stellung des Lastwagens und die von Yanis Bressons Auto eingetragen, Lundgreen beugt seine Lupen über die Skizze.
    „So haben sie gestanden, nicht wahr?“
    „Ja“, bestätigt Lundgren.
    „Sie kommen von hier.“ Ich fahre mit dem Fingernagel über die Straße. „Von Garvaregarden. Auf einmal sehen Sie in der Kurve einen haltenden Lastwagen --- dass es einen Unfall gegeben hat, wissen Sie noch nicht…“
    „Ich hätte mir fast das Genick gebrochen“, erklärt der Journalist. „Ich kam einen Meter davor zum Stehen.“
    „Gut. Sie halten einen Meter dahinter, fluchen gehörig auf diese Idioten, dann biegen Sie ab, um vorbeizufahren, und sehen, was geschehen ist. War es so?“
    „Nein, ich habe sofort erkannt, dass etwas war. Ich sah, dass sie zusammengestoßen waren.“
    „Und wo stand das dritte Auto, das vor Ihnen da war?“
    „Hier.“
    Ich gebe ihm den Stift, und er zeichnet ein kleines Quadrat neben Bressons Auto auf der linken Fahrbahnseite.
    „Auf den Fotos steht es aber rechts“, wende ich ein.
    „Ja, als wir sahen, dass es ernst ist, fuhren sie sofort zur Seite, um den Notarztwagen und die Polizei nicht zu behindern.“
    Ich kaue das Sandwich, aber die Bissen wollen nicht rutschen. Niemand hält so an. Die Abfolge der Reaktionen ist anders. Wenn ich nachts auf einer dunklen Straße unterwegs bin und plötzlich bemerke, dass es in der Kurve einen Unfall gegeben hat, fahre ich nicht links hinüber, sondern trete auf die Bremse und halte nach zwanzig, dreißig Metern, aber rechts. Das hat Lundgren übersehen.
    Lundgren überlegt ein Weilchen.
    „Irgendwo hier jedenfalls… Ist das denn so wichtig?“
    „Es könnte sich als wichtig erweisen… Wer hat die Polizei gerufen?“
    Wahrscheinlich hat in meinen Worten etwas mitgeschwungen, denn Lundgren sieht mich argwöhnisch an.
    „Ist das ein Verhör, Herr Kommissar?“
    „Wieso soll es ein Verhör sein?“ Ich hebe die Schultern. „Ihre Ausführungen – hundert Zeilen, nicht war? – hat

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