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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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nicht anträfe. Ich habe da einen Fall, der…“
    Der Mann wird ein bisschen gesprächiger, stellt sich aber taktvoll so hin, dass ich nicht ins Haus hinein kann. Er habe Doktor Ivarsson tatsächlich nicht gesehen. Auch die Gattin hat ihn längere Zeit nicht gesehen. Aber das wolle nichts heißen, sie sähen ihn überhaupt selten.
    Die beiden grüßen höflich, gehen hinein und machen die Tür vor meiner Nase zu. Ich koche innerlich wegen dieses Misstrauens, das hier schon zur Manie geworden ist.
    Inzwischen ist es neun durch, der kleine Platz verödet vollends. Meine südlichen Vorstellungen von einer Hafenstadt abends um neun befinden sich in vollem Widerspruch zur Wirklichkeit. Die abgestellten Autos stehen verlassen da, in den Fenstern flimmern die Fernsehbildschirme, aus der Grünanlage steigt der herbe Geruch von feuchtem Gras.
    Ich habe hier nichts weiter zu tun, es wird Zeit, nach Hause zu gehen. Um so mehr, als ich ein paar Faxe erwarte, die sicherlich schon an der Rezeption liegen.
    Ich gehe an der niedrigen Einfassung des Parks entlang und werfe einen Abschiedsblick auf die stummen Fenster in der dritten Etage. Was wäre, wenn dort ein Lichtschein aufblitzte?
    Und da höre ich einen leisen, erstickten Schrei: „…Help!“
    Er kommt irgendwo vom Park her, es ist schwer zu bestimmen, von wo. Ich bleibe stehen und drehe mich um, ganz Ohr. Ja, abermals: „Help!… Help!“
    Es bleibt für nichts Zeit. Ich springe über die Einfassung, renne durch die nassen, herabfallenden Blätter. Meine Schuhe werden schwer, während ich um die Bäume mit ihren tief hängenden Ästen laufe.
    Ich komme auf einer der öden Alleen heraus und sehe, wie zehn Meter vor mir Männer ein Mädchen fortschleifen, das sich verzweifelt wehrt. Der eine hält ihr den Mund zu, während der andere ihr die Arme auf den Rücken dreht. Allem Anschein nach sind sie in solcher Art Tätigkeit erfahren, denn ihre Griffe sitzen wie bei Profis.
    Aber das ist ein Verdacht, der nur für einen Augenblick in meinem Kopf aufblitzt und wieder verschwindet, während ich durch die Allee renne.
    Die beiden hören meine Schritte und drehen sich um. Sie lassen das Mädchen nicht los, laufen nicht weg! Ich suche mir den Größeren aus und nehme Anlauf. Im geisterhaften Licht der Straßenlampe sehe ich einen vorspringenden, quadratischen Unterkiefer und kleine, dreiste Augen unter einem nach Boxerart geschnittenen Pony. Ein Provinzsupermann. Der ist der Stärkere. Der andere hat das Mädchen wie einen Schild vor sich gedreht.
    Eine Täuschung nach rechts, und der mit den Stirnfransen bekommt seins. Aber ich habe nicht genau getroffen, weil er bloß schwankt und auf die Knie fällt, ohne zusammenzubrechen. Das genügt auch, denn jetzt…
    Mir bleibt die Luft weg. Ein wahnsinniger Schmerz im Unterleib.
    Jemand holt erneut aus.
    Das Mädchen hat zugeschlagen! Der zweite kommt von hinten.
    Das ist eine Falle!
    Links steht eine Bank, die muss ich erreichen, muss ich… Ein Satz, und wieder bleibt mir die Luft weg… Ich bin hinter der Bank, habe eine Sekunde Aufschub. Die Straßenlaterne tanzt vor meinen Augen. Nur nicht hinfallen, nur nicht…
    Jetzt umringen mich alle drei. Der mit dem Pony hat sich erholt und schleppt sich an der Bank entlang. Sein Arm ist ausgestreckt, er hält ein Messer in der Hand.
    Wilde, unbezähmbare Wut packt mich. Ich denke nichts, ducke mich und versetze der Lehne einen verzweifelten Fußtritt. Die Bank überschlägt sich, der mit dem Pony brüllt auf und fällt zur Seite.
    Ich bin über ihm, kann mich aber nicht hinunterbeugen, weil das Mädchen und der andere über mich herfallen und sich an mich hängen. Sie dreschen drauf los, versuchen mich niederzureißen, mein Ellenbogen versinkt in jemandes Magen.
    Wenn ich hinfalle, bin ich erledigt…
    Da ertönt ein Schrei!
    Die beiden lassen mich los und laufen weg. Der mit dem Pony verschwindet humpelnd im Gebüsch. Und ich stehe da, kann sie nicht verfolgen, weil meine Knie nachgeben.
    Auf die Allee stürzt ein großer, kräftiger Mann, der an mir vorbeistürmt. Er erreicht die Bäume, sieht sich um und kommt rasch zurück. Jetzt sehe ich, dass er in der rechten Hand ein schweres Stück Rohr hält.
    Bin gerettet! Genauer: Gerettet worden! Großer Gott! Ich setze mich auf die Kante der umgestürzten Bank und versuche, zu mir zu kommen. Mit der Hand fahre ich mir übers Gesicht, und die Finger werden klebrig. Im bläulichen Licht der Lampen sieht das Blut braun aus. Ich weiß nicht, wessen

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